Erderwärmung: Das Klima ist noch zu retten
Bliebe der CO2-Ausstoß auf heutigem Niveau, wäre das Budget in 25 Jahren erschöpft. Führende Klimaforscher fordern deshalb mehr Engagement von der Politik.
BERLIN taz | Das Klima ist zu retten, die im Dezember angesetzte Weltklimakonferenz in Kopenhagen auch. Das meinte am Freitag Hans-Joachim Schellnhuber, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung - überraschend. Schellnhuber, der auch klimapolitischer Berater von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ist, hatte zuvor immer erklärt, es sei besser, den Gipfel in Kopenhagen zu vertagen, als ein schlechtes Ergebnis haben. Nun sieht er Anzeichen, dass es doch noch einen Durchbruch gibt, im "kleinen Kreis, im Hinterzimmer, mit oder ohne Alkoholeinfluss".
Dort allerdings, "und auch nur dort", ließen sich Fortschritte erzielen, so Schellnhuber: Etwa Merkel, Russlands Regierungschef Wladimir Putin, US-Präsident Barack Obama und Chinas Staats- und Parteichef Hu Jintao hätten eine "verdammte Verantwortung". Kanzlerin Merkel hatte bereits angekündigt, zum Gipfel zu fliegen, auf dem gut 190 Staaten über neue Regeln verhandeln, um die Erderwärmung zu begrenzen. Die Staaten tun sich bisher aber schwer damit, festzuschreiben, wer wie zur Treibhausgasminderung beitragen muss.
In den letzten Tagen gab es dann aber doch einige Versprechen, die Schellnhuber und andere hoffen lässt. Martin Kaiser von Greenpeace zählt auf: Frankreich und Brasilien bekannten sich zu Klimazielen, Russland, Indonesien, Südkorea steckten sich höhere Ziele, und auch China kündigte vor Längerem an, "signifikant" zu mindern. Kaiser: "Die Staaten scheinen sich für Kopenhagen vorzubereiten." Sie versuchten so, den Druck auf die USA zu erhöhen, "sodass Obama zu Hause Klimazusagen rechtfertigen kann". US-Präsident Obama hat noch keine Zugeständnisse gemacht, der Widerstand in der Regierung ist zu groß. Das Klimaproblem dürfe aber nicht vertagt werden, "es gibt keine Spielräume mehr", sagt Jochen Flasbarth, der Chef des Umweltbundesamtes.
Der Planet hat sich seit 1900 bereits um 0,8 Grad Celsius aufgeheizt. Das liegt am exzessiven Verbrauch von Kohle, Öl und Gas, deren Verbrennung das Klima aufheizt. Wald wird vernichtet, der Kohlendioixd speichert. Rinderfarmer beackern ihre Felder auf klimaschädliche Weise. Erst am Freitag meldeten englische Forscher, dass in der Nordsee Quallen und Kurzschwanzkrebse, eigentlich Arten aus dem Süden, den Dorsch und Plattfisch ersetzen.
Plus zwei Grad gegenüber der vorindustriellen Mitteltemperatur gilt als gerade noch erträglich. Dirk Messner vom Beirat für globale Umweltveränderungen sagt: "Das heißt: 750 Milliarden Tonnen Kohelndioxid dürfen nur noch in die Atmosphäre geblasen werden." Bliebe der Ausstoß auf heutigem Niveau, wäre das Budget in 25 Jahren erschöpft. Dabei sei es technisch kein Problem, den Klimawandel zu stoppen, erklärt Manfred Fischedick vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie - "mit Ökoenergien und Energieeffizienz". Staaten, die entsprechende Industrien förderten, könnten gar profitieren und mit Klimaschutz Geschäfte machen.
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