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Ein Vater über sein Kind mit DownsyndromIhr Kinderlein, kommet. Alle.

Als Nikita da ist, wird schnell klar: Unser Kind hat das Downsyndrom. Eine Wahrheit, die schwer zu ertragen ist. Aber es gibt kein Zurück. Gut so. Eine sonntaz-Weihnachtsgeschichte.

Beim Lachen hat Nikita ein typisches Downgesicht und ein lustiges dazu. Bild: nailiaschwarz/photocase

Um halb sechs am Morgen wird unser zweiter Sohn geboren. Blau angelaufen ist er, so blau, dass ich Angst bekomme. Dass Neugeborene blau sein können, habe ich gehört, aber so blau? Ich blicke zur Hebamme. Routiniert klemmt sie die Nabelschnur ab und reicht mir die Schere. Es ist offenbar alles in Ordnung. Ich schneide die Schnur durch.

Ein Wurm, dünne Schreie, zerfurchtes Gesicht. Er liegt auf dem Bauch der Mutter, mir kommen die Tränen. Nikita soll er heißen. Dascha, meine Frau, erinnert mich, eine SMS an die Oma im fernen Ural zu schicken. Vor anderthalb Jahren, beim ersten Kind, hatten wir das vergessen. Die Oma bangte. Heute soll sie die Erste sein. "Nikita geboren, Mutter und Kind wohlauf!", tippe ich.

Eine Stunde später hören wir, dass er Trisomie 21 hat. Es ist Sonnabend, der 13. Juni 2009.

taz

Diese Geschichte erschien in der Weihnachtsausgabe der vom 24. Dezember .

Keine Krankheit, nur anders

Die Besonderheit: Menschen mit Trisomie 21 (Downsyndrom, nach dem Arzt John Langdon-Down) haben ein Chromosom mehr, denn das 21. ist nicht wie gewöhnlich doppelt vorhanden, sondern dreifach. Die Ursache dafür ist ungeklärt. Mit zunehmendem Alter der Mutter steigt die Wahrscheinlichkeit. Downsyndrom ist keine Krankheit, sondern eine unveränderbare Besonderheit.

Das Leben: Neben körperlichen Merkmalen (geschwungene Augen, Vierfingerfurche an den Händen, Sandalenlücke an den Füßen) sind meist kognitive Fähigkeiten beeinträchtigt. Betroffene haben in Europa eine Lebenserwartung von über 60 Jahren.

Zum Lesen: "Außergewöhnlich. Kinder mit Down-Syndrom und ihre Mütter". Paranus Verlag.

www.down-syndrom.org

Nein, wir wissen es noch nicht mit letzter Klarheit, die liefert nur ein Gentest, aber der junge Arzt lässt wenig Platz für Hoffnung. Eigentlich lässt er keinen. Die Hebamme hatte behauptet, der Stationsarzt würde nur kommen, um sich Nikitas Blutzucker anzuschauen, die Werte seien etwas niedrig. "Wir sind hier schließlich ein Krankenhaus." Der Arzt hat Nikita wie eine Puppe auf einen Schrank gelegt, er hat ihn aus seinem Leibchen gepackt und schüttelt ihn wieder und wieder, wie man einen Bewusstlosen sachte schüttelt. Er schaut ihm ins Gesicht, streicht über Händchen und Beinchen, gerade so, als suche er etwas.

"Was macht er?" Dascha ist misstrauisch geworden. "Mit dem Blutzucker ist eigentlich alles in Ordnung", murmelt der Arzt, er ist an Daschas Bett gekommen. Doch es gebe andere Auffälligkeiten. Auffälligkeiten? "Hat Ihr Junge denn Ähnlichkeiten mit Ihrem ersten Sohn?" Was ist das für eine Frage? "Vom Gewicht her sind die beiden doch identisch!", entgegnet Dascha. - "Und sonst?" - "Sie meinen die Augen?"- "Ja. Die sind sehr auffällig bei einem Gendefekt, Trisomie 21." - "Das ist nicht Ihr Ernst!", entfährt es Dascha. Mir werden die Knie weich.

Sicher, uns waren Nikitas Augen aufgefallen, geradezu asiatisch geschwungen. Besorgt waren wir nicht. Sind Neugeborene nicht wie winzige Greise? Mit hutzeligen Körpern? Die Stirn, die Augen - das wird sich alles entfalten. Oder etwa nicht? Seit Minuten versuche ich, das schrumplige Kind, das der Arzt liegen gelassen hat, wieder anzuziehen. Je länger der Mann hinter mir redet, desto weniger gelingt mir das. Leibchen, Hemdchen und Schnürchen und mittendrin dieser zerbrechliche Leib - es ist wie ein Knäuel, und meine Finger wollen mir nicht mehr gehorchen. Ich kann es nicht fassen: Das Häuflein, das da vor mir liegt, hat das Downsyndrom.

Er könne uns leider wenig Hoffnung machen, redet der Arzt in unser Schweigen hinein. Alles spreche für Trisomie: die abgespreizten großen Zehen an den Füßen, die durchgehende Falte in beiden Handtellern, die heraushängende Zunge und die Mandelaugen. Natürlich sei das keine Diagnose, räumt er ein, "aber machen Sie sich mal damit vertraut". Schon ist er weg.

Haben wir nicht gerade diese Nacht durchwacht? Hat Dascha nicht eben ein Kind geboren? Haben wir nicht Nikita seit neun Monaten bei uns? Zuerst als dunklen Punkt auf dem Ultraschallbild, dann mit Händen und Füßen? Haben wir uns nicht gefreut, als die Wehen einsetzten? Ist das nicht ein unglaublicher Moment, wenn ein Kind auf die Welt kommt? Heulen nicht alle Eltern, vor Schmerz, vor Glück und vor Dankbarkeit? Und jetzt schleicht sich ein Arzt wie ein Dämon herein und verkündet: Sie haben einen behinderten Sohn.

Weg von hier. Weit weg. Ich würde am liebsten alles stehen und liegen lassen. Lässt sich dieser Film noch einmal zurückdrehen? Lässt sich diese Nacht ungeschehen machen? Nein, lässt sich nicht. Ich bleibe. Wir bleiben. Ich habe den Kleinen immer noch nicht angezogen. Irgendwann steckt er in den viel zu großen Klamotten. Das Köpfchen wackelt, er schweigt. Ich lege ihn in dieser Plexiglasschale ab, packe ihn da hinein wie ein Bündel, das zu schwer für mich ist. Habe ich ihn vorwurfsvoll angeschaut? Er zittert.

Wer ist schuld? Niemand, sagen die Ärzte, das passiere, spontan, einmal bei etwa tausend Geburten. Warum? Keine Antwort. Warum wir? Keine Antwort. Sicher, ich hatte an Downsyndrom gedacht, wie wohl alle werdenden Eltern. Trisomie 21 ist die häufigste Genmutation. Doch das betrifft uns nicht, glaubte ich. Dascha ist 31 Jahre alt, das Risiko steigt erst mit 35 Jahren an. Warum sich Gedanken machen?

Die Ultraschalluntersuchungen bei Daschas Gynäkologen waren unauffällig. Der große Check beim Feindiagnostiker war es auch. Da zappelte dieses Wesen auf dem Bildschirm, mal als bloßer Schatten, mal sehr real mit Köpfchen, Wirbelsäule und Fingern. Und seine Händchen, die ruderten: Wartet nur! Und sein Herzchen hüpfte, und uns hüpfte es auch. Vorfreude.

Wir wollten Nikita. Unser erster Sohn Ilja sollte bald einen Gefährten bekommen. Wo Platz für ein Kind ist, reicht er doch auch für zwei. Die Großmütter waren nicht begeistert, als sie davon hörten. Sie dachten nur an die Mühe. Wir dachten an das Glück.

Zum Krankenhaus geht es durch einen Park. Ich schleppe mich über die Wege, schiebe den Wagen mit Ilja. Wer mich sieht, denkt wohl an einen Todesfall, nicht an eine Geburt. Die ersten beiden Tage liegen Dascha und der Kleine auf der Wochenstation. Ringsum müde, doch glückliche Mütter, gesunde Kinder, stolze Väter, weinende Tanten - und wir, wie Fremde auf einem Fest.

Das erhebende Gefühl, zum ersten Mal Eltern zu werden, kannten wir von Ilja. Als diesmal die Wehen stärker wurden und wir wieder hierherkamen, fühlten wir uns schon wie Stammkunden. Die zweite Geburt gehe schneller, sagten erfahrene Mütter. Also zügig das Kind geboren, zwei Tage auf der Station, und ab nach Hause - so war unser Plan.

Stattdessen gibt es in einer Ecke nun das erste längere Gespräch mit einer Ärztin. Der neue Kurs: Dascha und Nikita werden auf die Intensivstation verlegt, man will den Kleinen untersuchen, ob es organische Defekte gibt. Kinder mit Downsyndrom haben oft Fehlbildungen, hören wir. Es wird Zeit, meine Eltern auf dem Dorf anzurufen. "Ihr seid wieder Großeltern geworden", sage ich. "Alles in Ordnung?" Ich sage: "Ja."

Auf der Intensivstation bekommen Nikita und Dascha ein Zimmer für sich und bald einen Bildband hingelegt, über Kinder mit Downsyndrom und ihre Mütter. Keine plumper Wink mit dem Zaunpfahl der Oberschwester, eher eine Hilfe, es sind liebevolle, innige Fotos. Die Ärzte und Schwestern sind rücksichtsvoll. Nur um den einen Arzt machen wir einen Bogen.

Nikita hängt an Kabeln. In seiner Nase steckt ein Schlauch, durch den wird Muttermilch in seinen Magen gepumpt. Er kann wie viele Trisomie-Kinder schlecht saugen. Dascha übt mit ihm, so oft es geht, das Stillen. Zwei Schwestern vom Kinderpflegedienst stellen sich vor, sie werden zu Hause regelmäßig die Sonde wechseln. Wie lange? Sie zucken die Schultern, manchmal dauere es aber über ein Jahr. Der Genschnelltest bestätigt den Verdacht: Trisomie 21. Es gibt keine Hintertür mehr.

Nikita hat "deutlich klinische Stigmata für ein Downsyndrom". An solche Sätze werden wir uns gewöhnen müssen. Der Entlassungsbrief des Krankenhauses windet in medizinischer Nüchternheit Fachwörter zu Girlanden. Wenigstens ist organisch alles in Ordnung. Jedenfalls fast: Zwei Löcher werden in der Herzscheidewand entdeckt. Doch Grund zur Sorge bestehe nicht, versichert man uns, mit großer Wahrscheinlichkeit wüchsen die bald zu. Wir wollen es gern glauben und machen uns auf den Weg. Es gibt auch so genug Fragen. Mit einem Wunschkind im Bauch sind wir ins Krankenhaus gefahren, mit einem Bündel an Problemen kehren wir heim.

Wenigstens sind wir vier nun zusammen. Der Alltag mit Nikita besteht aus zwei Dingen: Der Junge muss besser trinken, außerdem klappern wir Ärzte ab. Der Verwandtschaft wird reiner Wein eingeschenkt. Meiner 81-jährigen Mutter sage ich es langsam ins Telefon: "Downsyndrom." Das erweist sich als unnötig, sie weiß, was das ist. Auch die russische Großmutter wird informiert. Was haben sie für Bilder im Kopf?

In Russland werden Behinderte meist weggeschlossen, aus Scham. Und bei uns? In dem 300-Seelen-Dorf, aus dem ich komme, lebte ein geistig behinderter Mann. Hänschen war unser Dorftrottel. Täglich streifte er über die Feldmark und führte Selbstgespräche. Im Dorf zurück, versteckte er sich gern in der Bushaltestelle und onanierte - zur Belustigung der Traktoristen und zum Entsetzen der Mädchen. Förderung bestand bei Hänschen vor allem darin, dass er die vollen Körbe aus dem elterlichen Garten schleppte. Hänschen ist tot. Der nächste Behinderte, der nun dort auftaucht, ist Nikita.

Nach einem Monat hat Nikita sein Greisengesicht abgelegt, er trinkt aus der Brust, als ginge es um sein Leben, der Pflegedienst kann die Sonden bald einpacken. Wir stellen Nikita dem Kardiologen vor, dann dem Endokrinologen, der Logopädin, der allgemeinen Kinderärztin, der Ärztin im Sozialpädiatrischen Zentrum, der Augenärztin, der Physiotherapeutin und der Sozialberatung. Wir haben bei den Besuchen bald eine gewisse Routine. Während Dascha mit Nikita beim Arzt sitzt, gehe ich mit Ilja vor der Praxis spazieren.

Große Hände, kleines Herz

Der große Bruder hat den kleinen schnell akzeptiert. Wir kramen Fotos von Ilja hervor. Gibt es Unterschiede? Im Gegenteil, die beiden sehen sich immer ähnlicher. Und sie sehen uns ähnlich - mit oder ohne "Stigmata".

Eines Tages fällt mir auf, dass Nikita wirklich mächtige Hände hat. Ich freue mich und führe das auf die vielen Maurer und Heizer bei den deutschen Vorfahren zurück. Und ich selbst habe fünf Jahre als Traktorist in der LPG gearbeitet. "Das ist auch so ein typisches Zeichen für Trisomie", stoppt Dascha meine Fantasie.

Eigentlich ist es schon egal. Die Trisomie beschäftigt uns nicht mehr jeden Tag. Dazu gibt es bei zwei Kindern zu viel zu tun. Das ist ein Vorteil. Wichtiger ist, dass Nikita, viel früher als Ilja damals, erst zu lächeln, dann zu lachen beginnt. Beim Lachen hat er ein typisches Downgesicht und ein lustiges dazu. Wir fahren zum ersten Mal zu meinen Eltern aufs Dorf. Es gibt wieder Normalität.

Doch nicht lange. Im August macht der Kardiologe uns klar, dass sich die Spalten im Herzen nicht schließen werden. Eine Operation sei notwendig, ein großer Eingriff, und zwar bald. Ende September wird Nikita im Deutschen Herzzentrum in Berlin aufgenommen. Das Zentrum ist eine Welt für sich. Eltern aus halb Europa kommen hier zusammen mit ihren großen, kleinen und ganz kleinen Kindern. Arabische Patriarchen, türkische Mütter, Russen aus Sibirien, Ukrainer, bosnische Familien, kroatische Ehepaare und natürlich Deutsche - die Sorge um den Nachwuchs eint sie alle.

Mütter und Väter sitzen schweigend auf dem Flur oder abseits in der "Eltern-Oase", manche kneten unentwegt die Hände, andere telefonieren, wieder andere führen ihren geschwächten Sprössling spazieren, einen großen Tropf neben sich.

Ein junger Vater aus Brandenburg seufzt mir zu: "Ist schon schlimm!" Ich nicke. Er ist mit seiner ganzen, vielköpfigen Familie gekommen, weil der Jüngste, selbst kaum älter als Nikita, an einer Herzklappe operiert wird. Mit zwei Autos sind sie angereist, sie werden so lange bleiben, bis die Schwestern ihr Brüderchen wie einen ganz kleinen Lord nach Hause geleiten.

Wir merken schnell, dass Nikitas Operation hier eher zu den leichten Fällen zählt. Als er in den Operationssaal gefahren wird, lacht er. Danach kommen für uns die furchtbarsten Stunden seit der Geburt. Was ist, wenn Nikita etwas zustößt? Ist sein Herz nicht so klein wie eine Walnuss? Was ist, wenn der Chirurg vor lauter Routine unachtsam wird? Haben wir nicht Papiere unterschrieben, die uns über alle Eventualitäten aufklärten, auch über Herzstillstand und Tod? Die Operation dauert sechs Stunden. Es gebe keine akute Lebensgefahr, sagt die Ärztin, als wir am Abend in der Intensivstation anrufen. Es habe etwas gebraucht, bis das Herz wieder zu schlagen anfing. Man müsse jetzt abwarten, "ruhen Sie sich aus". Aber wie soll das gehen?

Die Nacht wird zur Tortur. Nikita ist jetzt seit dreieinhalb Monaten bei uns. Gab es nicht vorwurfsvolle Blicke? Trübsinnige Gedanken? Den Wunsch, die Zeit zurückzudrehen? Jetzt wollen wir die Stunden peitschen, dass sie wie im Fluge vergehen. Nach zwei Tagen wacht er auf, nach drei Tagen hängt er an der Brust. Als ich Dascha über die Schulter schaue, blickt er mich zum ersten Mal, müde noch, an. Seine Augen sagen: Na, hast wohl Angst gehabt? - Und wie! Er ist unser Held. Wir lieben ihn, wie man ein Menschenkind nur lieben kann.

Nicht gestellte Fragen

Ich lerne seinen Chirurgen kennen, einen älteren Herrn mit freundlichen Augen. Er heißt Vladimir Alexi-Meskishvili, kam vor zwanzig Jahren aus der Sowjetunion nach Berlin und ist als Chirurg eine Kapazität. Dascha sagt er beiläufig, dass er noch ein drittes Loch verschlossen habe. Nach der Operation hat er Nikita täglich besucht. Am liebsten würde ich Alexi-Meskishvili um den Hals fallen. Er hat das walnusskleine Herz geflickt. Ich sage: "Vielen Dank!"

Irgendwann hört Daschas Gynäkologe von der Trisomie und meldet sich. Er habe sich gleich mit dem Feindiagnostiker in Verbindung gesetzt, sagt er. Zusammen haben sie noch mal sämtliche Ultraschallaufnahmen überprüft, ob sich nicht doch Hinweise hätten finden lassen. Ohne Resultat. Er bedaure die Situation und wünsche uns Kraft.

Was wäre gewesen, wenn sie uns bei der Feindiagnostik eröffnet hätten, es gebe da einen Verdacht? Die zweite Hälfte der Schwangerschaft wäre zur Hölle geworden. Hätte es sie überhaupt noch gegeben? Trisomie ist ein Grund für Spätabtreibungen. Vermutlich hätten uns die Ärzte dazu geraten. Schätzungsweise neun von zehn Feten, bei denen Trisomie diagnostiziert wird, werden abgetrieben.

Abtreibung kam für uns nicht infrage, das war unsere Überzeugung - schon vor dem ersten Kind. Hätten wir uns dennoch überreden lassen? Weil es auf Unverständnis gestoßen wäre, wenn wir diese Möglichkeit nicht wahrgenommen hätten? Weil wir die Belastung gefürchtet hätten? Die Blicke? Weil es das Beste gewesen wäre? Auch für das Kind? Diese Fragen sind uns erspart geblieben. Pränataldiagnostik hat ihre Grenzen. Gibt es ein Anrecht auf ein "normales" Kind? Gibt es nicht. Es gibt auch kein Anrecht auf ein 80 Jahre währendes Leben, nicht einmal auf Sonnenschein im Urlaub.

Dass Nikita mit besonderem Erbgut ausgestattet ist, führen wir auf seine Vorfahren zurück. Während sein deutscher Großvater im Sommer 1941 als junger Bursche in Weißrussland sowjetische Kriegsgefangene bewachte, wurde Nikitas russischer Opa als Kleinkind von Leningrad an den Ural gebracht. Bei der Blockade durch die Deutschen wäre er sonst verhungert. Und während der Vater seiner russischen Großmutter in Astrachan im Wolgadelta Rekruten ausbildete, damit sie gegen die Deutschen kämpfen, versteckte sich zu Kriegsende im damaligen Ostbrandenburg seine deutsche Großmutter als Siebzehnjährige tagelang vor der Roten Armee. Wenig später verlor sie ihre Heimat und ist nie dorthin zurückgekehrt. Wer dieses Erbe mitbekommt, braucht wohl ein Chromosom mehr. Eigentlich ist nicht Nikita die Ausnahme, sondern sein Bruder Ilja. Natürlich verfängt diese Begründung nicht bei Genetikern und Gynäkologen. Uns genügt sie.

Es gibt was geschenkt

Am dritten Advent feiern wir Nikitas ersten "halben" Geburtstag. Wie war das, als er geboren wurde? Ungefähr so, als hätten wir einen Urlaub in Venedig gebucht, hätten uns Monate darauf gefreut, hätten Reiseführer gekauft. Dann stiegen wir ins Flugzeug - und landeten in Rotterdam. Man braucht Zeit, sich an Rotterdam zu gewöhnen.

Nikita schielt ein bisschen, hat in manchem eine lange Leitung und eine Narbe auf der Brust. Er hat länger in Krankenhäusern gelegen als ich und auch schon mehr Ärzte gesehen. Er hat wenig zu tun mit den properen Babys, die von den Titelblättern Dutzender Elternzeitschriften lachen, als könnte man solche Nachkommenschaft irgendwo bestellen. Doch es gibt nichts zu bestellen, nicht die Haarfarbe und nicht die Chromosomenzahl. Es gibt was geschenkt.

Am Morgen des dritten Advents liegt Nikita zwischen uns im Bett. Seine Maurerhändchen wandern über mein Gesicht. Er lacht. Warum? Weil er seit einem halben Jahr bei uns ist. Nicht er ist unser Wunschkind - wir sind seine Wunscheltern. Klugheit ist keine Frage der Lebensjahre. Verkehrte, schöne Welt.

"Was du den Weisen und Klugen verborgen hast, den Unverständigen hast du es offenbart." Dieser Satz aus dem Matthäus-Evangelium soll sein Taufspruch werden.

Auch die Großmütter haben dazugelernt. Die beiden Frauen, die sich untereinander kaum verständlich machen können, sind zum "Geburtstag" nach Berlin gekommen. Sie blicken zu Nikita in den Stubenwagen, ihre Augen strahlen. Und plötzlich sehen die beiden nur noch das Glück - und wir auch ein bisschen die Mühe.

***

Thomas Gerlach, 45, ist taz-Schwerpunktredakteur. Lange hat er mit seiner Frau Dascha überlegt, ob er diese persönliche Weihnachtsgeschichte erzählen soll

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26 Kommentare

 / 
  • C
    Conny

    Hallo bin heute zufällig auf Eurer Lebensgeschichte gestoßen :) mich hat das auch alles sehr berührt. Ich bin Mutter von 7 Kindern und meine Jüngste wurde auch mit DS gebohren. Habe es aber auch schon vorher gewusst mich aber für das Leben entschieden obwohl mein Mann es für unzumutbar hielt und wollte das ich abtreibe. Meine Kleine hatte 3 OP 2x an einem Darmverschluß und auch am Herzen.

    Sie hat alles gut überstanden.

    Bis jetzt kann ich keine Defizite zu den anderen Kindern sehen :) für mich ist sie wie die anderen Kinder auch einfach mein Kind und ich werde für sie ganau wie für die anderen alle Kämpfen .

    Egal wie einfach oder schwer es wird.

    Ich denke auch das es schlimmeres gibt als DS aber wann bei mir eine Abtreibung infrage kommen würde ... keine Ahnung verstehe aber auch Mütter die lieber nur ein Normales Kind haben wollen. Aber eigentlich ist kein Lebewesen Normal was ist Normal ... ? Jeder hat seine Macken .... könnte noch so viele Gedanken aufschreiben aber dann wäre die Seite voll ;)

    Wünsche Euch aber allen noch alles gute auf den weiteren Lebensweg

    LG

  • A
    Annem

    Ihren Kommentar hier eingeben

    Herzlichen Glückwunsch, jetzt schon nicht nur zur Geburt von Nikita, sondern schon zum 2.Geburtstag, nachträglich! Meine Tochter ist gerade 22 Jahre alt geworden, als ich sie bekam war ich selbst 22 Jahre alt. So freut sie sich heute "Ich bin jetzt die Hälfte von Mama", und wirklich ist sie meine bessere Hälfte. Bei uns gibt es ein Sprichwort, das übersetzt heisst "Gott möge uns das Kind geben, was für uns und das Kind das Beste, das Passende, oder oder....heisst! Auf jeden Fall hat mein Mann dieses Sprichwort häufig erwähnt während meiner Schwangerschaft damals. Nicht sofort, aber kurz nach dem Diagnose-Schock Down-Syndrom bei unserer Tochter fiel ihm ein "Ja,das ist das Wunschkind wonach ich Gott gebeten habe", und das gilt auch 22 Jahre danach. So wünsche ich auch der Familie Gerlach unendlich viel Freude mit Nikita und aus langjähriger Erfahrung weiss ich das es geht.

  • V
    Vater

    Ich habe auch ein Kind mit Downsyndrom. Ich bin tief berührt, wie gut Sie die Gefühle, die einen während der ersten Zeit bewegen, in Worte fassen können.

  • N
    Nickname

    Meine Tochter ist 6 Monate alt, hat DS und ist ansonsten gesund.

    Ich lerne sie zu lieben, sie ist sehr süß.

    Ich mache alles Mögliche, unser Leben so normal wie möglich zu gestalten.

    Aber die Angst vor der Zukunft ist sehr groß. Deswegen finde ich die totale Ablehnung der Pränataldiagnostik, auch in Bezug auf das Downsyndrom, unverständlich. Ich weiß nicht, ob ich abgetrieben hätte, aber ich kann jede verstehen, die es tut.

    Es ist psychisch sehr schwer auszuhalten, ein Kind geboren zu haben, das immer auf die Hilfe anderer angewiesen sein wird und womöglich gemieden wird. Ob ich mich daran gewöhne, weiß ich nicht.

  • C
    Claudius

    Unser Sohn wird im März vier. Auch er hat das Down-Syndrom, seine Zwillingsschwester nicht. Es ist immer wieder toll, zu beobachten, wie gut die beiden einander tun. Andererseits ist es schmerzlich, zu beobachten, wie die Entwicklungs-Schere zwischen beiden immer weiter auseinander geht.

     

    Wir haben vor der Geburt von der Behinderung unseres Sohnes erfahren, eine Abtreibung kam für uns nicht infrage. Ich denke, das muss jedes Paar für sich selbst entscheiden, allerdings reagiere ich extrem empfindlich auf werdende Mütter mit "Pränatal-Protzereien". Ich denke, es steht uns zu, hiervon verschont zu bleiben. Ansonsten frage ich auch schon mal, wie denn die Reaktion auf eine DS-Diagnose gewesen wäre. Zumeist wurden sich hier überhaupt keine Gedanken gemacht.

     

    Ich bin kein wahnsinnig gläubiger Mensch, aber unser Sohn hat mich Demut gelehrt. Wenn ich sehe und höre, dass es im Bekannten- und Verwandtenkreis ab der Grundschule quasi nur noch darum geht, auf welches Gymnasium das Kind später gehen soll...

    Da denke ich mir doch: Um WESSEN Zukunft geht es bei der Pränataldiagnostik - die des Kindes oder die der Eltern?

     

    Ein frohes neues Jahr

     

    Claudius

  • C
    Carola

    Mein Bruder Cornelius

    Mund, Auge, Ohren - so wurde mein Bruder geboren.

    Kopf, Arme, Beine - er tröstet mich, wenn ich weine.

    Er ist lieb, manchmal auch frech. Mit dem Bein hat er viel Pech.

    Er kann nicht lesen, aber schreiben - ich hoffe, das wird nicht so bleiben.

    Er hilft den Papa beim Kochen! Die Katze kommt gern zu ihm gekrochen!

    Cornelius hat ein Gen mehr!

    Dies stört mich nicht mehr!

     

    Maria-Christin 10 Jahre

     

    Meine Tochter hat dieses Gedicht dieses Jahr zum Schulwettbewerb geschrieben!

     

    Cornelius hat eine seltene Form vom Down-Syndrom, dazu eine Hirnschädigung durch einen Sauerstoffmangel!

     

    Er wäre also auch ohne DS ein "Besonderer Mensch" geworden, nur dies zu den Menschen mit den "Besonderen Einstellungen"!

     

    Ich wünsche allen Eltern Kraft, nötige Ausdauer und die Gelassenheit fürs Leben im neuen Jahr!

    Carola

  • EM
    Eine Mutter

    Liebe Familie Gerlach,

    vielen Dank für diesen wunderbaren, sehr persönlichen Einblick in Ihr Privates, dieses Zeugnis von großem Respekt und einem Herzen, das der Walnussgröße entwachsen ist.

    Alles Gute wünsche ich Ihnen!

  • M
    Marion

    Hallo,

     

    unsere XXL-Ausstattung ist in diesem Monat 20 Jahre alt geworden. Ich weiß immer noch, mit welch schlimmen Gedanken wir aus dem Krankenhaus gekommen sind. Wir dachten, unser Leben sei nun vorbei.

     

    Irgendwann haben wir begonnen, auch für dieses Kind (unser 3. Kind) zu kämpfen, Normalität einzufordern. Es war schon genug an gesundheitlichen Problemen aufzufangen, wenigstens das Umfeld sollte nicht "besonders" sein.

     

    Sie war das erste Kind in unserem örtlichen Kindergarten, das erste Kind in der örtlichen Grundschule und auch die erste Schülerin der Hauptschule im Nachbarort, immer beschult nach ihren eigenen Fähigkeiten im Sinne einer ganzheitlichen Förderung. Nun beginnt sie mit einer Qualifizierungsmaßnahme auf dem ersten Arbeitsmarkt, mal sehen, was noch so kommt.

     

    Wir haben da mehr Glück wie "der Bruder". Unsere Tochter ist selbständig, fährt alleine mit dem Bus zur Arbeit, wenn man 3 - 4 Tage mit ihr übt, ist mit dem Fahrrad hier im Ort mobil und so ganz nebenbei bekannter wie ein bunter Hund. Sie liebt es, ein Instrument zu lernen und betreibt gern Sport, ist so gern mit anderen jungen Menschen im Jugendzentrum zusammen. All das kann sie allein in unserem kleinen Ort erledigen, weitere Wege werden mit dem Bus geübt und auch das klappt nach einiger Zeit. Je mehr wir ihr zutrauen, um so weniger bockt sie herum und läuft auch nicht mehr weg.

     

    Durch sie haben wir viele neue Menschen kennen gelernt, unseren Horizont sehr erweitert. Um auch mal eine Auszeit zu nehmen, haben wir den Familien-Unterstützenden-Dienst im Rücken, auch die Geschwister sind immer für sie da, wenn es eben einzurichten ist.

     

    Ja, das Leben mit ihr ist sehr anstrengend, viele gesundheitliche Probleme müssen im Focus bleiben, der Dickkopf ist schon enorm. Aber dennoch ist unser Leben schön, genau so wie mit den anderen 3 Geschwistern auch, mal mehr oder minder nett. Wir sind hier sehr froh, keine Wahl gehabt zu haben. Eine Abtreibung ist keine Schönheits-OP. Viele Frauen leiden ihr Leben lang psychisch darunter. Auch das sollte nicht verschwiegen werden, egal ob Ponyhof oder nicht.

     

    Für uns ist die Welt so wie sie ist akzeptabel und an den nicht hinnehmbaren Teilen arbeiten wir.

    Wenn die Berufsausbildung erledigt ist, dann werden wir an einer offenen Wohnung arbeiten, sie soll nicht ewig unser Kind bleiben, das tut keinem Kind gut, auch wenn ein solcher Abschied sicherlich nicht leicht sein wird.

     

    Arbeitet rechtzeitig an einem inclusiven Leben und seid froh, in dieser Gegend zu leben und Euer Kind hier geboren zu haben und nicht in Russland. Die Überlebenschancen sind hier einfach besser.

     

    Ein gutes Jahr 2010 wünscht Euch allen

     

    Marion

  • K
    katinka

    Meine Tochter mit Trisomie 21 ist ein Mensch, ein Mensch, ein Mensch. Ganz normal, heiß geliebt, liebenswert!

    Ja, sie wird immer Unterstützung benötigen. Nein, wir Eltern müssen das nicht Jahrzehnte alleine leisten.Ja, sie ist mit das Stärkste und Beste, was einem Menschen begegnen kann.

     

    Ich wußte es in der Schwangerschaft. Ich bereue nichts.

  • K
    ka.i.

    Was tun all diejenigen, die hier von Abtreibung schreiben, wenn sie trotz aller Untersuchungen ein Kind mit Down-Syndrom bekommen?? Genauso ist es der Familie ergangen und nach der Geburt lässt sich ein Kind ja wohl schwerlich abtreiben.

    Aber leider ist es wohl so, dass man in seiner Intoleranz oder besser Aroganz gefangen bleibt, wenn man es nicht mal ansatzweise wagt über den Tellerrand hinauszuschauen.

     

    Ich danke dem Autor für diesen Text. Er spricht uns als Eltern aus tiefstem Herzen. Nie hätte ich gedacht, ein Kind mit DS zu bekommen. Und doch bin ich jetzt glückliche Mutter eines glücklichen und GESUNDEN Sohnes mit DS (6 Monate alt). Auch wir wussten nichts. Wir haben die Diagnose erhalten als unser Sohn 10 Tage als war. Was soll man dann tun: aufhören sein Kind zu lieben?

     

    mfg, ka

  • EM
    eine mutter

    Lieber Herr Gerlach,

    vielen Dank für Ihren wunderbaren Artikel. Unser Sohn ist mittlerweile 23 und ein fröhlicher, selbstbewusster junger Mann. Ich bin unendlich dankbar, dass er bei uns ist. Sie werden ganz gewiss noch viel Freude mit ihrem Nikita haben, alles Gute für Sie und Ihre Familie!

  • K
    Katharina

    Finde mich in der Geschichte bis in viele Details wieder. Wir sind gluecklich unsere kleine Tochter mit Down Syndrom zu haben. Sie hat unser Leben unmessbar berreichert. Wir haetten keine Abtreibung in Erwaegung gezogen, auch wenn wir es im Voraus gewusst haetten. Das Leben ist schoen, anders aber schoen!

  • M
    marleen

    ich bin generell nicht gegen abtreibung zb bei einer vergewaltigung,aba ich finde es erschreckend wie behindertenfeindlich hier viele sind..."ich will ein gesundes kind" das leben ist wirklich kein bestellkatalog u es gibt ja nicht nur behinderung es gibt noch andere krankheite,körperliche,psychische u geistige,man kann auch ein gesundes kind bekommen u es wird dann noch krank!

  • R
    roger

    @Sabine

     

    Was bitte haben ohnehin jederzeit mögliche schwere Erkrankungen oder Unfälle mit dem Down-Syndrom zu tun?

     

    Abtreibung existiert nunmal als Instrument, uns von Gott so zur Verfügung gestellt. Warum verurteilst du Leute, die es nutzen?

  • I
    ich

    @Ein Mensch

     

    Sorry, ich bin halt ein ein zutiefst gottesehrfürchtiger Typ. Gott hat uns das Instrument der Abtreibung zur Verfügung gestellt -- wer bin ich, den göttlichen Plan in Frage zu stellen.

  • CU
    Claudia und Werner

    Wir haben jetzt lange überlegt, was wir schreiben sollen, denn schreiben und reagieren wollen wir: Wir sind froh und stolz, Eltern von drei `gesunden´ Kindern zu sein, die uns jeden Tag aufs neue Freude bringen und uns auf die Nerven fallen, alles ganz normal halt. Wir möchten Keines missen, egal wie und was es ist, und unser zweites Kind hat ein Chromosom mehr, und das ist gut so!

     

    Schöne Grüße an die Normopathen

     

    Wir wünschen Ihnen und ihrer Familie, Herr Gerlach, viel Freude mit ihren beiden Kindern und weiterhin alles Gute auf ihrem Weg

  • M
    Markus

    Diese Geschichte hat mich tief berührt! Unsere Tochter (7) wurde in der 26.SW mit 500g geboren. Kein DS, aber doch ein furchtbar schwerer Weg ins Leben! Es hat viele Operationen gegeben, Augen-, Kinder-, Spezialarzt-Besuche und vieles, vieles mehr. Jetzt geht sie in die Schule, und wenn sie fröhlich vor mir her hüpft und springt, Fahrrad fährt und schwimmen kann, dann bin ich ganz beglückt. Das Leben annehmen zu können, das nicht vollkommen ist, ist eine große Stärke. Und dass Thomas und Dascha das anscheinend gelungen ist, tut gut. Ich fühle mich ermutigt und möchte auch den beiden wünschen, weiterhin so mutig sich dem Leben zuzuwenden!

  • V
    Vater

    ich hatte eine tochter mit dem down-syndrom. sie ist als kleinkind gestorben, doch das ist eine andere geschichte. jenseits der romantisierung, der "heiligsprechung" des lebens gilt es eben doch auszuhalten, was uns "betroffenen" täglich widerfährt. sie war ein glück unter düsteren wolken - das eine brachte das andere mit sich. würde ich einem abort zustimmen, wenn ich denn sicher wüßte, das es ein downkind ist? ich weiß es nicht und ich bin froh nicht in dieser entscheidungsnot stecken zu müssen. ein ja käme einem posthumen mord an meiner tochter gleich. beide wege sind letztlich legitim, denn in jedem fall ist es eine egoistisch motivierte wahl - immer, wenn man kinder möchte oder eben auch nicht, unabhängig davon, ob es ein gesundes kind ist oder nicht.

  • S
    Sabine

    Unser Mädel mit DS ist auch grad 6 Monate alt.

    Das Leben ist nicht planbar und genauso wenig gibt es das Recht auf "gesunde" Kinder.

    Wobei unser Mädel ist gesund und wird von wirklich allen geliebt.

     

    Ich wünsche allen "Egoistischen" das sie nicht am eigenen Leib erfahren das dass Risiko ein Kind mit DS zu bekommen viel geringer ist, als das es bei der Geburt oder im späteren Leben zu Schaden kommt. Und dann.... weg damit, weil man ja ein gesundes Kind großziehen möchte ?

     

    Niemand weiß was das Leben für Überraschungen für einen bereit hält.

  • S
    Susanne

    Die Geschichte hat mich tief berührt. Ich habe ein gesundes Kind geboren, er ist jetzt 23 Jahre alt und hatte mit 5 Wochen eine Gehirnblutung. Er ist in vielen Dingen wie ein "Klein"-Kind. Er hat mir soviel Freude gemacht, mich aber auch an die Grenzen meiner Fähigkeiten gebracht. Ich habe einen zweiten Sohn, der lange mit sich gehadert hat, einen "behinderten" Bruder zu haben.

    Freud und Leid, Glück und Wut liegen direkt nebeneinander. Mein Mann hat sich letztes Jahr aus der Verantwortung verabschiedet, ich lebe jetzt allein. Ich weis immer noch nicht, ob ich lachen oder weinen soll.

    Es war ihm wohl alles zu viel.

    Deshalb wünsche ich euch, dass ihr viel Kraft habt, euch vertraut und Hilfe wann immer es geht von aussen holt.

    Ich bin gewachsen, Egoismus? Nein, ich habe kleine Nischen, in denen ich Zeit und Kraft finde.

    Frohe Weihnachten.

  • EV
    ein Vater

    Wer einmal eine Einrichtung der Lebenshilfe besucht hat, der wird feststellen, dass die Mehrzahl der dort lebenden/arbeitenden/lernenden Menschen keine genetische Abweichung hat, sondern "gesund" im gendiagnostischen Sinn sind.

     

    Wer also auf das Recht pocht, unbedingt ein "gesundes" Kind zu haben, sollte sich ein erwachsenes adpotieren, denn Schwangerschaft und Geburt sowie Kindheit sind extremt risikobehaftet. Und wenn's mal da ist und was passiert, ist das mit dem Zurückgeben auch nicht mehr so einfach. Dann nennt man die postnatale Spätabtreibung nämlich "Mord".

     

    Abgesehen davon bedeutet Trisomie nicht automatisch krank. Im Gegensatz zu vielen 46er-Kindern, die besonderen Förderbedarf haben, ist bei diesen Kindern nichts kaputt, sie sind nur mit etwas weniger "PS" ausgestattet.

  • EM
    Ein Mensch

    Gesunde Kinder? Wollen wir doch alle. Und ich hätte gerne dazu noch ein schlankes, gutaussehendes, sportliches und intelligentes Kind, das niemals Drogen nimmt, kriminell oder rechtsradikal wird. Wo kann ich das nochmal ankreuzen?

     

    Ponyhof? Streichelzoo? Meine Güte. Das Leben ist doch kein Bestellkatalog.

     

    Und alles, was nicht in unsere Vorstellungswelt passt, wird weggemacht. Viel Spass in der schönen neuen Welt.

  • S
    Sam

    Ich habe als Kinderbetreuer oft mit Kinder mit Down-Syndrom gearbeitet und habe gesehen, dass sie - obwohl sie manchmal doch eine starke Belastung für die Eltern sind - meist sehr fröhliche und lebensfrohe Menschen sind. Ich wünsche dem Autor ein frohes Weihnachtsfest mit der Familie und möchte mich hier nochmals für den Artikel bedanken, der mich doch stark zum Nachdenken angeregt hat.

  • EN
    ein Name

    Meine Lebensgefährtin und ich würden ganz sicher abtreiben lassen.

     

    Das Leben ist kein Ponyhof. Leben ist nicht "heilig" oder so. Wir wollen ein gesundes Kind.

  • U
    uile

    Ich würde definitiv abtreiben, aus rein egoistischen Gründen.

     

     

    Die Welt ist kein Streichelzoo und ich will gesunde Kinder.

  • EB
    Ein Bruder

    Die Geschichte hier beschreibt aber nur den Anfang, mein Bruder (28 Jahre) hat auch das Down-Syndrom. Für Eltern bedeutet dies ein Leben lang ein Kleinkind zu haben, zumindest was die geistigen Fähigkeiten betrifft. Mein Bruder ist leider ein intellektuell schwächerer Langdon-Down, er kann selbst heutzutage nicht allein gelassen werden. Für die Familie bedeutet dies immer ein Höchstmaß an Organisation, wenn mein Bruder mit Bus aus der Werkstatt kommt muss jemand da sein, jeden Tag. Spontanität, für andere normal,kennen meine Eltern seit Jahrzehnten nicht mehr, dafür aber Ausgrenzung und Ignoranz.

    Mittlerweile kommt hinzu, dass sie (kurz vor der Rente) körperlich an ihre Grenzen kommen, obwohl meist freundlich haben Menschen mit Down-Syndrom einen enormen Dickkopf und mein Bruder ist sehr stark und weiß es leider auch. Wie es in Zukunft mit meinen Bruder weitergehen soll, macht uns allen viel Kopfzerbrechen.

    Aber morgen ist erstmal Weihnachten, er ist schon sehr aufgeregt, hat ein Gedichtchen gelernt und freut sich wie jedes andere "Klein"-Kind auf den Weihnachtsmann.