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BERND PICKERT ÜBER DIE REDE DES US-PRÄSIDENTENAm Ende der Kompromisse

Barack Obama hat die jährliche Rede zur Lage der Nation genutzt. Er hat die Prioritäten seiner zweiten Amtszeit verdeutlicht, und er hat sie mit dem Prädikat „dringend“ versehen.

Dass Investitionen in Bildung und Infrastruktur nötig sind, hat er zwar schon vor zwei Jahren an gleicher Stelle ausgeführt – jetzt hat er einige Vorschläge nur ein wenig konkretisiert. Der Unterschied ist aber: Obama hat Aufwind, die Republikaner befinden sich im Abstieg. Was damals noch undenkbar war, könnte heute umgesetzt werden.

Wirklich überraschend ist die Entschiedenheit, mit der Obama die Prioritätensetzung der oppositionellen Republikaner auf Defizitreduzierung für unsinnig erklärt. „Defizitreduzierung allein ist kein Wirtschaftsplan“, sagte er, die USA könnten den „Weg zum Wohlstand nicht zusammensparen“. Diese Analyse paart Obama mit der Erzählung, der Weg zur Reduzierung des Defizits sei schon zur Hälfte zurückgelegt, im Übrigen müssten die Wohlhabenden noch ein bisschen mehr tun, Steuerschlupflöcher geschlossen werden. Das ist ein wohlformuliertes „Fuck you“ an die Adresse der Republikaner-Fraktion im Repräsentantenhaus und die Tea Party.

Vom kompromisssuchenden Obama, der versucht, sich an den republikanischen Diskurs anzupassen, ist nichts mehr übrig. Zum Glück.

Endlich führt Obama. Er will nicht Umfragen hinterherlaufen, sondern die Republikaner an den Rand drängen und ihnen die Möglichkeit nehmen, noch einmal eine Amtszeit lang seine Regierungsarbeit zu torpedieren. Obamas Vorhaben sind ambitioniert, und er hat dafür nicht allzu viel Zeit. Schafft er es aber, in diesem Tempo weiterzumarschieren, könnte er tatsächlich in den kommenden zwei Jahren mehr bewirken als in seiner gesamten ersten Amtszeit.

Ausland SEITE 10

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