Operation "Koukoulofori": Bundesanwältin ermittelt gegen Linke
Nach dem Anschlag auf eine Hamburger Polizeiwache wird umfangreich gegen die linke Szene ermittelt: Und zwar wegen "Mordversuch" und mit komplettem Anti-Terror-Werkzeug.
HAMBURG taz | Gegen die autonome Szene Hamburgs ist die Staatsschutz-Operation "Koukoulofori" wegen des Angriffs auf ein Polizeirevier im Hamburger Schanzenviertel angelaufen.
Bei der Attacke am 3. Dezember 2009 waren zwei Streifenwagen in Flammen aufgegangen. Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe (BAW) hat nun dem Staatsschutz des Hamburger Landeskriminalamts nach Ausweitung der Vorwürfe auf Mordversuch umfassende Ermittlungskompetenzen eingeräumt. Das erfuhr die taz aus Polizeikreisen.
"Den Ermittlern steht nahezu das gesamte Terrorismus-Fahndungsprogramm zur Verfügung", berichtet ein Polizei-Insider. BAW-Sprecher Frank Wallenta wollte das nicht kommentieren. "Davon weiß ich nichts, und wenn ich was wüsste, würde ich dazu nichts sagen."
Die Hamburger Staatsanwaltschaft hatte zunächst wegen versuchten Totschlags und schweren Landfriedensbruch ermittelt. Generalbundesanwältin Monika Harms zog Ende Dezember das Verfahren wegen der "besonderen Bedeutung des Falls" an sich und erweiterte die Anklage auf Mordversuch.
Aufgrund der Befugnisse können die Fahnder faktisch das Repertoire anwenden, das 2007 vor dem G-8-Gipfel in Heiligendamm zum Einsatz kam. Damals war nach Paragraf 129a Strafgesetzbuch gegen eine "terroristische Vereinigung" ermittelt worden, nachdem im Vorfeld des Gipfels eine Reihe von Brandanschlägen auf Pkws von Repräsentanten aus Politik und Wirtschaft verübt worden waren. Personen wurden observiert, Telefone überwacht, E-Mails kontrolliert, Handys abgehört, Verbindungsdaten gesichert und Wohnungen verwanzt.
Nach taz-Informationen konzentrieren sich die Ermittler jetzt in Hamburg darauf, durch Handy-Ortungen Aufenthaltsorte von Personen zu rekonstruieren und Verbindungsdaten sicherzustellen. Zudem finden neben der klassischen Telekommunikations-Überwachung von Protagonisten der linken Szene vor allem Handy-Ortungen per "stiller SMS" und Observationen statt.
In den Abendstunden des 3. Dezember hatte laut Polizei eine Gruppe von 10 bis 15 Vermummte die Polizeiwache angegriffen, mit einem Fahrradschloss deren Eingangstür versperrt und anschließend zwei Streifenwagen in Brand gesetzt. Die Angreifer blockierten mit einem brennenden Müllcontainer die Zufahrt zur Garage und warfen mit Steinen die Scheiben des Gebäudes ein. Verletzt wurde niemand.
Zum Angriff bekannte sich wenig später per Brief die Gruppe "Koukoulofori", was im Griechischen für "Vermummte" steht. Der Anschlag sollte an den Tod des Griechen Alexandros Grigoropoulos erinnern, der ein Jahr zuvor in Athen von der Polizei erschossen wurde.
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