die wahrheit: Neues aus Neuseeland
Bratwurst für den Prinzen.
Als er das erste Mal in diesem Lande einfiel, trug er einen apricotfarbenen Strampelanzug. Er spielte mit der Hummel "Buzzy Bee" - einer aus Holz gefertigten neuseeländischen Nationalikone -, während Mama Diana sich im spitzenkragenbesetzten Umstandskleid unter ihrer Föhnwelle versteckte. Papa Charles schaute indigniert bis amüsiert auf das Treiben seines neun Monate alten Sprösslings herab und nannte ihn erstmals vor Zeugen "Wills". Das war 1983, und ein Paparazzifoto des Thronfolgers brachte damals umgerechnet 10.000 Euro.
Ach, waren das Zeiten. Die Prinzessin des Engelandes gejagt von der Boulevardpresse, vergöttert vom Volk, verhungernd am Arm des untreuen Gatten. Großer Glamour, große Gefühle, große Frisuren - bring back the eighties! Und heute? Fotoagenturen haben Angst vor Prozessen, Zeitschriften nagen am Hungertuch, die Monarchie geht am Stock.
In diesen schweren Zeiten muss Dianas Ältester das Vakuum füllen, das die königliche Blondine seinerzeit in den Köpfen der Leserinnen von Frau im Koma auslöste. Keine leichte Aufgabe, in Zuge derer der Sohnemann die entlegensten Ecken des einstigen Empires besucht. Nebenbei grübelt er, wann er denn nun endlich heiraten soll.
So trug es sich zu, das Prinz William seinen sprühenden Charme und sein schütter werdendes Haar vergangene Woche nach "down under" brachte und drei Tage lang in Wellington die Prinzenrolle gab, bevor er weiter nach Sydney flog. Selbstverständlich war vom ersten Teil der Reise im Rest der Welt nicht viel zu erfahren, denn erst in Australien begann die royale PR-Maschine so richtig zu rollen. Sehr ungerecht und unausgewogen.
Denn auch bei den vergleichsweise stilleren Kiwis gab sich der königliche Spross ein Stelldichein erste Güte. Es kam sogar zu einer Panne, die an sicherheitstechnischer Brenzligkeit dem Weißen Haus alle Ehre gemacht hätte.
Der Prinz eröffnete den neuen Obersten Gerichtshof. Er ließ sich in einem Wildlife-Reservat einen Kiwi-Vogel in den Arm drücken. Er gab den jüngsten Untertanen manche Rätsel auf. "Trägt er einen Hut?", fragte angesichts des leichten Glatzenansatzes die vierjährige Ollie Taylor ihre Mama, mit der sie stundenlang am Straßenrand gewartet hatte. Zu guter Letzt war William zu einem Grillfest mit handverlesenen Gästen bei Premierminister John Key eingeladen. Und da passierte es.
Warwick Slow, 19-jähriger Mitarbeiter des Radiosenders X105, hatte sich über den Zaun geschwungen, sich unter die Gäste gemischt, sich die Musik der Band angehört - und die ganze Zeit live per Handy über seine Guerilla-Aktion in den Sender berichtet. Unterm Arm hatte Slow eine Packung Weißbrot und Käseknacker zum Grillen, schließlich wollte er nicht mit leeren Händen vor seiner Hoheit stehen. Doch zur Wurstübergabe kam es nicht mehr.
Slow wurde nach ein paar Minuten enttarnt, verhört und entsorgt. Der Prinz durfte sich unbehelligt die Grillschürze umbinden, als wäre nichts passiert. Ein Profi. Nicht mal der Ketchup spritzte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Grundsatzpapier des Finanzministers
Lindner setzt die Säge an die Ampel und an die Klimapolitik
Kritik an Antisemitismus-Resolution
So kann man Antisemitismus nicht bekämpfen
Bundestag reagiert spät auf Hamas-Terror
Durchbruch bei Verhandlungen zu Antisemitismusresolution
Kränkelnde Wirtschaft
Gegen die Stagnation gibt es schlechte und gute Therapien
VW in der Krise
Schlicht nicht wettbewerbsfähig
Mögliche Neuwahlen in Deutschland
Nur Trump kann noch helfen