Internet-Zensur: Geheimfilter im Land der Kiwis
Die neuseeländische Regierung hat trotz Protesten einen Netzfilter gegen "problematische Inhalte" installiert. Die Provider, die ihn nutzen, sagen das ihren Kunden nicht.
Auch in Neuseeland wird künftig das Netz gefiltert. Wie das zuständige Innenministerium des Inselstaats in dieser Woche bestätigte, seien "bekannte Websites mit Bildern von Kindesmissbrauch" ab sofort auf einer schwarzen Liste erfasst, die den Netzzugriff verhindere. Man habe in einer zweijährigen Testphase festgestellt, dass die Technik funktioniere.
Das neue System gilt als freiwillig - eine entsprechende gesetzliche Grundlage ist nicht geschaffen worden. Die Regierung hatte allerdings versucht, Provider mit den Vorteilen einer solchen Sperrinfrastruktur anzulocken: Sie helfe beim Kinderschutz. Ein Löschen entsprechender Seiten wurde dagegen kaum debattiert.
Netzaktivisten, die in Neuseeland ähnlich massiv protestiert hatten wie die Gegner der "Zensursula"-Netzsperren in Deutschland, zeigten sich enttäuscht. "Es ist ein trauriger Tag für das neuseeländische Internet", kommentierte Thomas Beagle, Sprecher der Organisation "Tech Liberty".
Noch vor einem Jahr hatte der Kommunikationsminister Steven Joyce es abgelehnt, Filter zu installieren - und das unter anderem damit begründet, dass sie das Netz ausbremsen und sowieso umgangen werden könnten. Er empfahl stattdessen, dass Eltern den Online-Zugang ihrer Kinder selbst kontrollieren und sich in Netzdingen fortbilden sollten.
Davon scheint nun keine Rede mehr, zumal der Nachbarstaat Australien unlängst mit noch deutlich umfangreicheren Filtermaßnahmen begonnen hatte, die unter anderem gesetzlich verbotenes Material wie Anleitungen zur Selbsttötung sperren, damit über klar problematische Inhalte wie Kinderpornografie hinausgehen.
Kritiker des neuseeländischen Filterprojekts zeigten sich insbesondere über die Art der Einführung verärgert. So sei die Technik bereits seit Februar aktiv, ohne dass die Regierung dies angekündigt habe. Zudem kann kein Nutzer wissen, ob sein Provider filtert oder nicht: Die Anbieter sind nicht dazu verpflichtet, entsprechende Informationen herauszugeben und tun dies auch nicht. Der Regierung zufolge habe sie das Recht, Geheimverhandlungen zu führen. Tech Liberty will nun eine Liste anlegen, auf der alle "Zensurprovider" stehen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!