ARD-"Tatort" in Finnland: Hackedicht im Tageslicht
Schlaflosigkeit und Psychopilze: In "Tango für Borowski“ darf sich Kommissar Axel Milberg auf Tätersuche die hellen Nächte in Finnland um die Ohren schlagen. (Ostersonntag 20:15)
Vor einiger Zeit prahlte „Tatort“-Kommissar Axel Milberg damit, dass seine Redaktion im Gespräch mit Henning Mankell sei. Der Schwede werde angeblich ein Drehbuch für eine Kieler Ausgabe des Krimis schreiben. Das hat bislang immer noch nicht geklappt, wahrscheinlich hat Mankell einfach zu viel anderen Kram um die Ohren. Die ARD startet dem Vielschreiber zu Ehren an diesem Osterwochenende ja ein richtig kleines Fernsehfilmfestival.
Geschadet hat die Abwesenheit des skandinavischen Tausendsassas dem „Tatort“ allerdings nicht. Als Drehbuchautor ist Mankell ja sowieso überschätzt, und statt die Krimihandlung ins schon reichlich vom deutschen Fernsehen abgefilmte Schweden zu strecken, reicht sie nun bei der aktuellen Episode aus Kiel gleich ins viel fernere und fremdere Finnland: Hier muss Kommissar Borowski einen jugendlichen deutschen Straftäter (gut wie immer: Florian Bartholomäi) in Empfang nehmen, der eine Einheimische vergewaltigt und ermordet haben soll.
Der Krimi-Plot, da dürfen wir ehrlich sein, erscheint jedoch nicht von großer Bedeutung. Vielmehr ist das Täterrätsel (Buch: Clemens Murath) Vorwand für eine ganz eigene Genre-Mixtur aus Roadmovie, Kulturfilm und psychedelischem Albtraum. Regie führte der gebürtige Finne Hannu Salonen, der schon einige sehr nette „Tatorte“ inszeniert hat. Trink- und Tanzgewohnheiten seiner Landsleute werden von ihm ebenso kenntnisreich in die Handlung integriert wie regionale Kleidungs- und Konversations-Codes.
Auf langen Fahrten durch die Waldstraßen Finnlands erläutert der einheimische Polizist Mikko Väisanen (Janne Hyytiäinen, Hauptdarsteller aus Aki Kaurismäkis „Lichter der Vorstadt“) seinem deutschen Kollegen die Sitten und Gebräuche des Landes. Beim freundlichen Duzen lässt man sich denn auch schon mal vom zu überführenden Jugendlichen linken – bald stehen die beiden Bullen ohne Waffe und Auto da. Langweilig wird es trotzdem nicht: Mitten im Wald hat man nämlich ein Büdchen hingebaut, wo Tango getanzt wird.
Ein bisschen Ablenkung ist schon okay, beim deutschen Kommissar leidet die kriminalistische Konzentration so oder so im mittsommernächtlichen Finnland: Bei tagheller Nacht geben die Vögel lauthals Konzerte, an Bettruhe ist nicht zu denken. So verliert Borowski in dieser finnisch-deutschen Variante des US-Schlafstörungsthriller „Insomnia“ nach und nach die Orientierung. Irgendwann taumelt er dann durch die Wälder, gequält von Hunger greift er schließlich gierig zu Pilzen, die dem in Drogendingen eher unerfahrenen Cop halluzinogene Grenzerfahrungen aufzwingen.
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