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Prozess wegen angeblichen SteimwurfDer lange Schatten des 1. Mai

Ein türkischer Berliner soll am 1. MAi 2009 einen Stein auf Neonazi geworfen haben und hat dafür ein Jahr Haft bekommen. Jetzt kämpft er im Berufungsprozess um seinen Freispruch.

So viel ist sicher: Dieser Mann war das Ziel der im Bild zu sehenden Wurfgeschosse am 1. Mai 2009 in Köpenick Bild: dpa

Safak B. ist 24 Jahre alt. Der türkische Berliner, der als Promoter arbeitet, beteiligt sich am vergangenen 1. Mai in Köpenick an einer Demonstration gegen eine Kundgebung der NPD. "Migranten sind auf Antirassismus-Demonstrationen zu selten zu sehen", begründet er sein Engagement. Das könnte ihm zum Verhängnis zu werden.

Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, einen Stein in Richtung eines rechtsextremen Bürgers geworfen zu haben. Safak B. bestreitet das. In erster Instanz wurde er bereits zu einem Jahr Haft ohne Bewährung verurteilt, weil er schon eine Vorstrafe hat. Vor dem Landgericht begann am Donnerstag die Berufungsverhandlung.

Rund 2.000 Menschen ziehen am 1. Mai 2009 vom S-Bahnhof Köpenick in Richtung NPD-Zentrale, um gegen die Rechtsextremen zu demonstrieren. Die Polizei hat den Versammlungsort der Neonazis weiträumig abgesperrt. Plötzlich kommt die Demonstration zum Stehen. In Windeseile spricht sich herum, dass in der Puchanstraße 24 ein Mann auf dem Balkon steht, den Arm zum Hitlergruß erhoben. 20 bis 30 Demonstranten rennen zum Haus und werfen Steine und Flaschen in Richtung des Mannes. Der provoziert weiter mit dem Nazi-Gruß und wirft die Gegenstände zurück.

Auch Safak B. ist zum Haus gerannt. Auf einem Videofilm der Polizei ist zu sehen, dass ein paar Leute neben ihm Steine schmeißen. Sakak B. dagegen läuft in Richtung des Hauses und verschwindet damit zwei Sekunden aus dem Bild. Dann taucht er wieder auf. Kurz darauf erfolgt seine Festnahme.

Kann sich ein Mensch in zwei Sekunden bücken, einen Stein aufheben und werfen? Der Staatsanwalt meint: ja. Der Vorsitzende Richter der 65. Strafkammer hat Zweifel. Auch der Polizist, der Safak B. seinerzeit festgenommen hat, hilft nicht weiter. "Nach meiner Wahrnehmung habe ich den Angeklagten werfen sehen", sagt er, schiebt aber nach: "Aufgrund der Einsatz- und Stresssituation kann man sich auch irren". Im Videofilm begeht Safak B. keine Tat. Die Filmsequenz habe ihn schon im ersten Prozess vor dem Amtsgericht verwirrt, sagt der Polizist.

Trotzdem wurde Safak B. im Sommer 2009 verurteilt. Es sei durchaus möglich, dass der Angeklagte in der kurzen Zeit, in der er nicht im Blickwinkel der Kamera zu sehen sei, den Wurf getätigt habe, befand das Amtsgericht. Zudem lasse die Tatsache, dass er mit einem Kapuzenshirt und einem schwarzen Halstuch bekleidet war, auf eine gewisse Gewaltbereitschaft schließen.

Auch der Staatsanwalt reitet auf der Bekleidung des Angeklagten herum. "Wie erklären Sie, dass Sie bei über 20 Grad einen Schal dabei hatten?", will er wissen. Dass es sich laut dem Angeklagten um ein modisches Accessoir handelt, befriedigt ihn nicht.

Der Prozess wird am 4. Mai fortgesetzt. Bis dahin will das Gericht von der Videosequenz Standbilder anfertigen lassen, um zu klären, ob Safak B. etwas in der Hand hielt, als er in Richtung Haus aus dem Bild lief. Ist das nicht der Fall, kommt nur ein Urteil in Betracht: Freispruch.

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8 Kommentare

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  • BM
    bitte mit Anstand

    "ich" du bist doch ein bisschen verkrampft, oder? Schlechter Tag heute? Kann doch garnicht sein, guck mal die Sonne scheint doch so schön. Locker dich mal, geh in den Park, kauf dir ein Bier, und während du so entspannt auf deiner Parkbank sitzt und die Vögel um dich herum nach diesem harten Winter wieder zwitschern, kannst du ja mal darüber nachdenken warum deine Aussage plump und nicht im mindesten von der Reflektiertheit zeugt, von der du denkst dass du sie hat.

  • M
    max

    ein gericht hat menschen verdammt noch mal nur wegen einer begangenen straftat zu verurteilen und nicht wegen deren kleidung, die nach meinung des richters eine affinität zu solchen straftaten indiziert, oder weil andere in der nähe straftaten begangen haben. das ist gesinnungsstrafrecht.

  • VV
    Volker Vonssen

    "20 bis 30 Demonstranten rennen zum Haus und werfen Steine und Flaschen in Richtung des Mannes" - Antifaschisten bei der Arbeit, sozusagen!

  • SR
    Schwarzer Riese

    "Es sei durchaus möglich, dass der Angeklagte in der kurzen Zeit, in der er nicht im Blickwinkel der Kamera zu sehen sei, den Wurf getätigt habe... Zudem lasse die Tatsache, dass er mit einem Kapuzenshirt und einem schwarzen Halstuch bekleidet war, auf eine gewisse Gewaltbereitschaft schließen."

     

    ...das ist aber eine sehr vage Begründung.

  • MN
    mein Name

    "Zudem lasse die Tatsache, dass er mit einem Kapuzenshirt und einem schwarzen Halstuch bekleidet war, auf eine gewisse Gewaltbereitschaft schließen."

     

     

    Wenn dieser Satz den Tatsachen entspricht stellt sich für mich die Frage warum der Sprechende noch nicht entlassen wurde. Offensichtlich verurteilt er einen Verdächtigne anhand seines aussehens und nicht anhand von Tatsachen.... das erinnert mich doch an was... ach ja genau 1933-45

  • I
    ich

    Wer Steine dieser Größe auf Menschen wirft, kann meinetwegen auch in den Knast.

     

    Jedoch würde mich interessieren, ob gegen den Typen auf dem Balkon ebenfalls ein Verfahren wegen des Hitler-Grußes eingeleitet worden ist...

  • C
    Camilo

    Oh man, zurückgrüßen käme in der BRD günstiger. Und die Faktenlage, auf der dieses Urteil beruht ist ja erbärmlich. Auch ich bin am besagten Tag da vorbeigelaufen, auch mit einem Schal. Beängstigend, dass die Teilnahme an einer Demo schon mit einem Jahr Haft bestraft werden kann...sowas nennt sich staatliche Repression.

  • E
    epicykel

    Was ist mit dem Nazi, der vom Balkon aus provoziert hat? Ist gegen den überhaupt ermittelt worden?