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Brasilianisches Atomkraftwerk Angra 3"Gefälligkeitsgutachten" fürs AKW

Umweltverbände fordern die Rücknahme der Kreditzusage Deutschlands für ein Atomkraftwerk in Brasilien. Denn das Gutachten, auf das sich die Bundesregierung stütze, sei oberflächlich und fehlerhaft.

Die bestehenden AKWs Angra 1 und Angra 2 sollen mit deutscher Hilfe einen neuen Nachbarn bekommen. Bild: DPA

Für das Bundeswirtschaftsministerium ist die Sache klar: Das in Brasilien geplante Atomkraftwerk Angra 3 wird sicher sein. Eine Prüfung durch das Deutsche Institut für Systemtechnologie (Istec) habe ergeben, "dass das Projekt deutsche und internationale Standards einhält", antwortete Staatssekretär Bernd Pfaffenbach im Januar auf eine schriftliche Frage der Grünen-Abgeordneten Ute Koczy. Einer Exportgarantie von über 2,5 Milliarden Euro, die Siemens und Areva beantragt haben, stehe nichts entgegen. Auch das Bundesfinanzministerium argumentierte in einer vertraulichen Vorlage für den Haushaltsausschuss des Bundestages, die der taz vorliegt, mit dem Istec-Gutachten und behauptete: "Die Prüfung erfolgte anhand der deutschen Genehmigungspraxis."

Einblick nehmen in das zitierte Gutachten durfte die Abgeordnete jedoch bisher nicht. Nun aber haben die Umweltorganisationen Urgewald und Greenpeace unter Berufung auf das Umweltinformationsgesetz die Herausgabe erzwungen - und sind entsetzt. Das Gutachten sei "bruckstückhaft" und "unsystematisch", sagte Heinz Smital von Greenpeace. "Dieses Gefälligkeitsgutachten ist in keiner Weise geeignet, darzulegen, dass auf dieser Grundlage eine Bürgschaft vergeben werden darf." So finde sich darin der Hinweis, dass das AKW nicht gegen Flugzeugabstürze gesichert ist.

Der unabhängige Atomexperte Helmut Hirsch, der das 62-seitige Gutachten im Auftrag von Greenpeace analysiert hat, ist zudem über die fehlende Systematik verwundert. "Es gibt keine systematische Darstellung, welche Regeln und Richtlinien im Einzelnen inwieweit herangezogen wurden", schreibt er. Durch diesen "gravierenden Mangel" sei es nicht möglich, "in belastbarer Form zu beurteilen, ob bzw. inwieweit Angra 3 den deutschen Sicherheitsstandards entspricht". Zudem seien viele Ausführungen im Gutachten "nicht zutreffend" oder "fachlich ungenau".

Vom Istec-Institut, einer Tochter der Deutschen Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS), war am Dienstag keine Stellungnahme zu den Vorwürfen zu erhalten; auch das Bundeswirtschaftsministerium äußerte sich auf Anfrage bis Redaktionsschluss nicht.

Barbara Happe, Sprecherin der Umwelt- und Menschenrechtsorganisation Urgewald, forderte als Konsequenz aus dem mangelhaften Gutachten, die Zusage für den Exportkredit zu widerrufen. Da bisher nur eine Grundsatzzusage, nicht jedoch die endgültige Zusage erteilt worden sei, könnte die Entscheidung aufgrund neuer Erkenntnisse mit zusätzlichen Auflagen versehen oder zurückgenommen werden.

Das brasilianische AKW Angra 3 wurde bereits in den 70er-Jahren geplant. Der 1984 begonnene Bau wurde kurz darauf gestoppt. 2007 kündigte Präsident Lula da Silva an, den Bau trotz veralteter Technik und dem Risiko von Schäden durch Erdbeben fortzusetzen.

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4 Kommentare

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  • TF
    Tomás Fernández

    Diese ganze Diskussionen über Brasiliens Kraftwerk Neubauten sind doch absolut widerspenstig.

    Der eine will dieses nicht, der andere jenes nicht. Da wird mit solch einem quatsch wie Flugzeug abstürzen in AKW's argumentiert. Brasilien hat einen riesigen Bedarf an Energie. Soll die Energie einfach so vom Himmel fallen und da sein? Ich empfehle den Gegnern ihre Sachen zu Packen, in den Urwald zu ziehen und sich da den Hintern am Feuer zu wärmen. Aber bitte, kein Tropenholz nehmen.

    Angra 3 ist nicht nur eines der technisch modernsten Kraftwerke, auch die Sicherheit liegt absolut im gehobenen Standard. Was die Gutachten betrifft, die sind nicht schlechter als die für die meisten anderen auch.

    Es ist halt furchtbar einfach gegen etwas zu sein, selber aber keine brauchbaren Alternativen zu kennen.

  • J
    JanG

    Bei solchen Studien und Gutachten muss ein Höchstmaß an Transparenz gewährleistet werden. Die Vergangenheit hat nämlich eindeutig gezeigt, dass, falls diese fehlt, Schindluder getrieben wird. Es ist schade, dass diese hier mal wieder arg vernachlässigt wurde. Kann gut sein, dass also Deutschland hier raus ist und dafür andere Geldgeber kommen wo Sicherheit nicht so groß geschrieben wird. Erst dann sollte man wirklich anfangen zu jammern.

     

    Zum Thema Flugzeugabsturz: es gibt keine Technologie die davor gefeit ist, einer Boing oder einem Jumbojet standzuhalten. Kommt man mit einer solchen Argumentation müsste man zum Beispiel auch von der Wasserkraft Abstand nehmen. Folgendes Szenario liesse sich konstruieren: eine Boing fliegt in eine der Staumauern oberhalb des Zillertals. Die Flutwelle die sich daraufhin durch dieses Tal wälzen würde, könnte in der Hochsaison mehrere tausend oder gar zehntausend Menschenleben kosten, der materielle Schaden ginge in die Milliarden.

  • S
    Sponti

    Die geforderten "deutschen" Sicherheitsvorschriften gibt es gar nicht. Selbst hier unterscheidet man zwischen bayerischen, baden-württembergischen, hessischen, niedersächsischen und schleswig-holsteinischen. Fordert Greenpeace jetzt von Brasilien die Übernahme "deutscher" Verordnungen? Das hat was vom ollen Willem: Am deutschen Wesen soll die Welt genesen.

     

    Was immer als "nicht gegen Flugzeugabstürze gesichert" hingestellt wird bedeutet lediglich, dass entweder keine Unfallsimulationen oder nur für bestimmte Flugzeugtypen gemacht wurden. Es heißt nicht, dass die Betonhülle in der Realität zu schwach wäre. Angra 3 ist die Weiterentwicklung von Biblis B, das schon einen 80 cm dicken Stahlbetonmattel hat.

     

    Ich mache mir weniger Sorgen um Angra 3 als um Mochovce in der Slowakei, wo derzeit 30 Jahre alte sowjetische Reaktortypen ohne Sicherheitsbehälter neu errichtet werden.

  • CS
    Claudio Struck

    Tatsächlich liegt Angra auf der hoch frequentierten Flugroute Rio-Sao Paulo, die im Minutentakt Pendler in beide Richtungen transportiert. Gruselig die Vorstellung, da kracht ein Flieger rein. Das schafft mal wieder Anschauungsunterricht, wie die Linke in Südamerika nachhaltige Entwicklung dekliniert.