piwik no script img

Polizeiruf 110 aus RostockEin Küsse halluzinierender Bulle

Ein ehemals trockener Alkoholiker ertrinkt, Paranoia wird zur Aggression, ein Schweinegriller und eine Bio-Tante fetzen sich. (Polizeiruf 110: "Aquarius", So, 20.15 Uhr, ARD)

Maik Lehmann (Christoph Gaugler) fliegt durch Sohles (Thomas Darchinger) Mine in die Luft. Bild: ndr/stefan erhard

Wer beim Grillfest leger eine Schussfeuerwaffe hinter den Hosenbund steckt, dem sollte man wohl lieber aus dem Weg gehen. Kommissar Bukow (Charly Hübner) lädt derart gut munitioniert alle Kollegen in den Garten seines neuen Eigenheims ein. Auf dem offenen Feuer brutzelt ein ganzes Schwein, nur die Getränke fehlen.

Bukow schickt Kumpel Rolf zum Bier holen, einen trockenen Alkoholiker. Bald danach treibt dessen Leiche in der Ostsee. Trocken ist was anderes – im Körper finden sich Rückstände einer Flasche Rum. Offensichtlich war Rolf in ein Verbrechen verwickelt. In dem, so mutmaßt Profilerin König (Anneke Kim Sarnau), wohl auch Bukow die Hände drin hat.

Die schleichende Paranoia, die sich jüngst beim neuen Rostocker Ermittlerteam bemerkbar machte, entlädt sich nun in echte Aggression. Plattenbaukind Bukow bringt in seiner frisch erworbenen Schrottimmobilie erstmal eine Alarmanlage an, die er leider nicht wirklich zu bedienen weiß und die deshalb ständig aufheult und die Nachbarschaft aus dem Schlaf reißt. Ein paar Schläge mit dem Hammer, dann schweigt die Anlage wieder.

Regisseur Edward Berger kennt sich ja aus mit korrupten Cops unter Strom: Zuvor hat er einige Folgen „KDD“ inszeniert, wo noch der sympathischste Beamte Dreck am Stecken hat, organisiertes Verbrechen und Mittelstandsträume liegen da nah beisammen. So wie jetzt in „Aquarius“, wo Berger die nervöse Stimmung mit einem Verbrechen aus den letzten Tagen der DDR verbindet.

Damals verschwanden aus Goldbarren aus dem Besitz von Schalk-Golodkowskis Koko, der umtriebigen Devisenbeschaffungsabteilung des realen Sozialismus‘; eine Truppe um Ex-Kampfschwimmer scheint etwas über den Verbleib des Edelmetalls zu wissen. Einer von den ehemaligen Elitekämpfern (Karl Kranzkowski) ist in der Zwischenzeit sogar reich geworden.

Die Mörder werden schließlich am Ende dieser Folge gefasst, ein beruhigendes Ende aber gibt es nicht. Was ist bloß mit diesem Bukow los? Zwischendurch halluziniert der Bulle sogar Küsse mit der Kollegin König herbei. Der Schweinegriller und die Bio-Tante, es liegt eine zärtliche Gereiztheit zwischen ihnen. Bleibt zu hoffen, dass dieses aus US-Krimis eingemeidete episodenübergreifende Erzählen auch hier funktioniert: Schließlich werden bis zum nächsten „Polizeiruf“ Monate vergehen.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

2 Kommentare

 / 
  • NW
    Neubert, Willi

    Es tut mir leid für die Macher, aber diese Art von Krimi - nun insbesodere für den Anfang - lehne ich ab. Zeitgeist ist nicht immer das wahre vom Ei.

    Nach 10 Minuten war mir klar: Das ist nicht mein Fall!

  • S
    Susi

    Ich finde Bukow klasse. Bukows Vater ist aber noch besser.