Start der Eishockey-WM: Gut gelaunte Verlierer
Am Freitag beginnt in der Schalker Arena die Eishockey-WM. Das deutsche Team würde gern Euphorie auslösen. Dazu brauchte es Erfolge. Die aber sind unwahrscheinlich.
Da am Freitag in Deutschland die Eishockey-WM beginnt, wird sich hierzulande sicher der ein oder andere fachfremde Sportenthusiast für den schnellen Kufensport interessieren - und schnell auf ein kurioses Phänomen stoßen: Im Eishockey gibt es Niederlagen, die einen Trainer rundum glücklich machen können.
Spezialist im Gutfinden von Niederlagen ist der deutsche Bundestrainer Uwe Krupp, der am Dienstag in Hamburg nach dem deutschen 1:4 gegen Olympiasieger Kanada jubilierte: "Das war ein gutes Spiel, jeder hat hart gearbeitet und war motiviert." So müsse man auch vor dem US-Team, gegen das die DEB-Auswahl am Freitag in der umgebauten Schalker Arena im WM-Eröffnungsspiel antritt, keine Angst haben. Heißt: Im Idealfall verlieren die Deutschen gegen die Amis ebenfalls nicht hoch.
Was Krupp nach dem 1:4 gegen Kanada nicht sagte: Die Kanadier, in deren Team mit Corey Perry nur ein Olympiasieger von Vancouver steht, waren gerade erst angereist und hatten vor der Partie nur einmal zusammen auf der für sie ungewohnten großen Eisfläche trainiert. Trotzdem ließen sie den Deutschen keine Chance. Derlei unschöne Dingen blenden Krupp und seine Profis lieber aus.
Bei der Heim-WM wollen sie Werbung für ihre gebeutelte Sportart machen. Wie 2001, als hierzulande tatsächlich Euphorie aufkam. Damals erreichte die von Hans Zach gecoachte Auswahl durch Kampf und kompromissloses Defensivspiel das WM-Viertelfinale. Zach blieb bis 2004 im Amt und kam insgesamt dreimal in die Runde der letzten Acht.
Nach dem Defensivfanatiker war jedoch kein Trainer mehr so erfolgreich. Sowohl Zachs direkter Nachfolger Greg Poss als auch Krupp versuchten, die deutsche Mannschaft spielerisch voranzubringen. Und scheiterten kläglich. Denn sobald die Deutschen sich anschicken, mit den Topteams mitzuspielen, wird ihre läuferische und technische Unterlegenheit evident. Und sie werden regelmäßig gnadenlos ausgekontert. So geschehen zuletzt im Februar bei den Olympischen Winterspielen in Vancouver. Dort verloren die Deutschen alle Partien - obwohl Krupp einen ganzen Block deutscher Profis aus der nordamerikanischen NHL aufbieten konnte.
Bei der WM steht Krupp nun mit Stürmer Marcel Goc (Nashville) nur ein gestandener NHL-Profi zur Verfügung. Als Ziel hat der Coach das Erreichen der Zwischenrunde ausgegeben, wodurch sein Team erstklassig bleiben würde. Bei der WM 2009 in Bern verfehlte die DEB-Auswahl dieses Ziel. Krupps Mannschaft stürzte in die Abstiegsgruppe und versagte auch dort. Eigentlich hätten sich die Deutschen in die B-Gruppe verabschieden müssen. Sie retteten sich nur, weil sie als Ausrichter der A-WM 2010 gesetzt sind.
2010 droht nun der reale Abstieg. Nach dem Auftakt gegen die USA folgt am Montag in Köln eine Partie gegen Finnland. Da Siege gegen diese beiden Teams sehr unwahrscheinlich sind, muss die deutsche Mannschaft im letzten Gruppenspiel gegen Dänemark gewinnen, um der Abstiegsrunde zu entgehen.
Unabhängig davon, wie die WM ausgeht, wird Krupp, dessen Vertrag ausläuft, sein Amt wohl aufgeben und in seine Wahlheimat USA zurückkehren. Der letzte deutsche Erfolgscoach, Hans Zach, wird als Nachfolger gehandelt wird. Der hatte nicht so viel Spaß an Niederlagen wie seine Nachfolger.
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