Der Tatort am Sonntag: "Schlafende Hunde"
Zwanzig Jahre nach dem Untergang der DDR gehen Stasi-Verbrecher immer noch ihren dunklen Geschäften nach. Diesmal im Tatort-Krimi aus Bremen: "Schlafende Hunde"; So., 20.15 Uhr, ARD.
Soviel Knowhow, soviel Equipment, soviel Investment – nach rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten war die Abwicklung des Ministeriums für Staatssicherheit eine echte Sünde. Radio Bremen hat nun anlässlich der Jubiläumsfeiern zum 20. Jahrestag der Wiedervereinigung, der in Bremen begangen wird, ein Krimi-Szenario in Auftrag gegeben, in dem der Geist von Mielkes Truppe zumindest im ökonomischen Sinne auch durch die Berliner Republik spukt.
Zum einen geht es hier um Stasi-Verbrecher, die ganz offiziell ihrem alten Handwerk in einem der wenigen florierenden Gewerbezweigen des wiedervereinigten Deutschlands nachgehen, der Sicherheits-Branche nämlich. Zum anderen geht um das alte Stasi-Netzwerk, das für globalen Waffenhandel und andere Schweinerein benutzt wird. Zentrale Figur ist ein Glatzkopf namens Herr Schröder (Heinz Werner Kraehkamp), ein Dr. Mabuse der Laubenpieper, der in seinem Bremer Schrebergarten Original-Thüringer grillt und nebenbei eine kleine Abhörstation laufen hat, von der aus er ganz groß im Zersetzungs-Geschäft mitmischt.
Zurzeit hat Überwachungsspezialist Schröder den erfolgreichen linken Geschäftsmann Hans Rodenburg (Jürgen Prochnow) im Visier. Der Fair-Trade-Spediteur hat sich in jungen DKP-Jahren ein bisschen zu nahe an die Stasi gewagt, das macht ihn nun erpressbar, und durch seine guten Kontakte nach Südamerika verfügt er über wichtige Zugangsmöglichkeiten ins Guerilla-Waffengeschäft von Peru und Kolumbien.
Sicherheitshalber führt man dem idealistischen Macho dann auch noch eine junge deutsche Indio-Aktivistin zu (Laura Tonke), die ihn im Bett zur Kooperation bewegen soll. Zwischen korrekt gehandeltem Kaffe kommt’s zur ersten Kopulation: vögeln mit Fair-Trade-Flair.
Ja, die Ex-Stasi-Schergen haben hier Einflussmöglichkeiten bis in den privatesten Bereich – was auch Hauptkommissarin Inga Lürsen (Sabine Postel) zu spüren bekommt, deren Handy dahingehend manipuliert wird, dass Kollege Stedefreund (Oliver Mommsen) darauf SMS-Nachrichten findet, die sie als Kollaborateurin Rodenburgs erscheinen lassen. Bei Lürsens schon häufiger angesprochenen linken Vergangenheit ist dieser Verdacht ja nicht ganz von der Hand zu weisen.
Ein lustvolles Paranoia-Szenario hat Radio Bremen also mit „Schlafende Hunde“ (Buch: Wilfried Huismann, Dagmar Gabler, Regie: Florian Baxmeyer) geschaffen. Nach einigen erschreckend öden Episoden läuft der Sender damit endlich wieder zu jener Brisanz auf, die er mit dem 9/11-Schocker „Scheherazade“ oder der 68er-Panorama „Schatten“ an den Tag gelegt hat.
Zwar bleiben einige Charaktere unzugänglich, und die Wendung ins Inzest-Drama, die der Plot am Ende nimmt, ist einfach unglaubwürdig – aber wie hier Fakten mit Fiktion und Pulp mit Politik kombiniert wird, mischt auf jeden Fall hübsch die staatstragende Gediegenheit bei Wiedervereinigungsfeierlichkeiten aller Art auf.
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