Förderung von Solarstrom: Warten bis zum Herbst
Eine Mehrheit im Bundesrat stoppt vorerst die weitere Kürzung der Solarstromförderung. Die Bundesregierung hatte eine Reduzierung der Solarstromtarife zum 1. Juli beschlossen.
BERLIN taz | Der Bundesrat hat die Reduzierung der Solarstromtarife zum 1. Juli vorerst gestoppt. Eine Mehrheit der Länder rief am Freitag den Vermittlungsausschuss zwischen Bund und Ländern an. Mehrere Länder, in denen viele Solarfirmen ihren Sitz haben, wollen den Abbau der Förderung auf 10 Prozent begrenzen.
Nachdem die Tarife zu Jahresbeginn bereits um 9 Prozent gesenkt worden waren, beschloss der Bundestag, dass Investoren noch einmal Kürzungen bis zu 16 Prozent verkraften müssen. Die für 20 Jahre garantierten Abnahmepreise werden durch eine Umlage auf alle Verbraucher bezahlt. Zudem sollen Solaranlagen auf Ackerflächen gar nicht mehr gefördert werden, obwohl diese den kostengünstigsten Sonnenstrom produzieren.
Die Börse reagierte begeistert: Aktien von Solarkonzernen waren bei Investoren gefragt. Q-Cells setzten sich mit einem Plus von 5,5 Prozent an die Spitze des TecDax. Solarworld legten 4 Prozent, SMA 3,3 Prozent zu.
Verfrühter Optimismus
Doch der Optimismus ist verfrüht: Der Gestaltungsspielraum des Bundesrates im Vermittlungsverfahren ist gering. Die neuen Solartarife sind nicht zustimmungspflichtig, das heißt, die Parlamentäre von Union und FDP könnten mit der sogenannten Kanzlermehrheit das Vermittlungsansinnen des Bundesrates überstimmen. Dies kann der Bundestag aber erst nach dem Vermittlungsverfahren.
In der Geschäftsstelle des Vermittlungsausschusses hieß es am Freitag, derzeit werde ein Termin in der übernächsten Woche angestrebt. Gibt es keinen Einigungswillen, geht das Verfahren schnell: Nach nur einer Sitzung wäre das Verfahren abgeschlossen.
Verhandelten die Emissäre noch einmal inhaltlich, wären drei Sitzungen notwendig – wobei nach der Geschäftsordnung jeweils fünf Tage dazwischenliegen müssten. Zudem muss sich nach dem Vermittlungsausschuss der Bundesrat ein zweites Mal mit dem Gesetz befassen. Vor Juli ist aber kein Sitzungstermin mehr vorgesehen, weshalb das Gesetz nicht wie vom Bundestag geplant am 1. Juli in Kraft treten kann, sondern die Politik bis zum Herbst beschäftigen dürfte.
Das Bundesumweltministerium erklärte gegenüber der taz, Investoren sollten sich keine Hoffnungen machen, dass Solaranlagen, die nach dem 1. Juli ans Netz gehen, noch nach alten Tarifen bezahlt würden. "Wir gehen davon aus, dass auch im Fall eines verspäteten Gesetzes die geänderten Tarife rückwirkend gelten", erklärte Ministeriumssprecherin Christiane Schwarte. Ob dies rechtlich haltbar bleibt, ist jedoch umstritten.
"Wir haben jetzt die Chance, uns weiterhin für eine moderatere Absenkung der Einspeisevergütung starkzumachen", erklärte Brandenburgs Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Die Linke). Zustande gekommen war die Bundesratsmehrheit, weil auch unionsgeführte Länder wie Bayern, Sachsen oder Sachsen-Anhalt gegen das Gesetz der Bundesregierung gestimmt haben.
Für ein echtes Verfahren will sich die FDP-Bundestagsfraktion starkmachen. "Freiflächenregelung und Übergangsfristen – wir haben ein Interesse daran, dass hier nachgebessert wird", erklärte Horst Meierhofer, Chef der Arbeitsgruppe Energie der FDP-Fraktion, gegenüber der taz. Statt die Freiflächen aus der Förderung zu nehmen, sei denkbar, diese an Bodenwerte zu koppeln.
Die Furcht der Bauern
Zur Erläuterung: Auf Betreiben des Bauernverbandes war die Förderung von Großanlagen auf Ackerflächen gestrichen worden. Die Bauernlobby fürchtet, dass durch den Konkurrenzdruck Äcker teurer werden. Allerdings haben etliche Kommunen Probleme, Äcker mit schlechten Böden zu verpachten.
Sonnenstrom aus großen Freiflächenanlagen ist besonders günstig, weshalb die FDP diese Anlagen weiterhin fördern möchte – gekoppelt an die Bodenqualität. Ob das gelingt, ist aber völlig offen. FDP-Experte Horst Meierhofer jedenfalls sagte, er wolle dafür nicht seine Hand ins Feuer legen.
Die Opposition freut sich diebisch über das erste Vermittlungsverfahren des Jahres 2010. Von einer "schallenden Ohrfeige" für die schwarz-gelbe Energiepolitik spricht etwa Hans-Josef Fell, bündnisgrüner Energiepolitiker. Und Dirk Becker, energiepolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, erklärte: "Heute wurde uns einmal mehr die desaströse Energiepolitik der schwarz-gelben Bundesregierung vor Augen geführt."
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