Kolumne Rote Erde: Der Wein zur Niederlage
Die Weinmarke Allesverloren hat vorgemacht, wie man mit Niederlagen umgeht. Doch konnte Löw damit die Trauer über das verlorene Halbfinale herunterspülen?
A lles nicht so schlimm, Schweini, Poldi und Sami, Südafrika hat sogar den passenden Wein zur Niederlage. Allesverloren heißt er, und es gibt ihn in den Sorten Tinta Barocca, Shiraz, Touriga Nacional, Cabernet Sauvignon und Port. Allesverloren hat vorgemacht, wie man mit Niederlagen umgeht. Als die Farm offenkundig deutscher Siedler 1704 in der Kapregion niederbrannte, da nahm man den Schicksalsschlag sportlich und kreierte eine Marke.
Markus Völker ist Sportredakteur der taz und berichtet aus Südafrika.
Seitdem spendet Allesverloren Trost. Da die deutschen Spieler sich eher an isotonische Getränke halten müssen, käme Joachim Löw infrage für die Degustation von Allesverloren. Schließlich hat er sich als Rotweintrinker geoutet. Denkbar, dass auch Oliver Bit-, äh, Bierhoff ein Gläschen getrunken hat. Der 2008er Cabernet Sauvignon soll ja wirklich nicht so übel sein.
Doch konnte Löw mit einem Gläschen Allesverloren-Port Malvasia Rey oder Tinta Röritz die Trauer über das verlorene Halbfinale herunterspülen? Ist mit diesem 0:1 nicht eigentlich alles verloren? Oder gehts weiter? Hat man am Mittwochabend nicht auch ein bisschen was gewonnen? Hm, in vino veritas, aber nichts Genaues weiß man nicht. Diese WM ist eh so ungewöhnlich, dass sich Voraussagen nicht lohnen.
Da kann man lange im Weinstein lesen, Prognosen bringen hier am Kap nichts. Denn all das ist ja passiert: Erstmals scheitert ein Gastgeber in der Vorrunde. Erstmals stehen die Spanier im Finale. Erstmals gewinnt ein Europäer außerhalb von Europa. Erstmals interessiert sich die weiße Bevölkerung im Veranstalterland nicht für Fußball (nicht mal in den USA war es so krass). Erstmals konnte das DFB-Team spielerisch überzeugen. Undundund.
Tja, was bleibt sonst wohl noch von dieser WM? Die Tröten, natürlich. Aber nicht mal die. Die Golden Lions Rugby Union (GLRU), ein regionaler Verband, hat die Vuvuzelas jetzt verboten. Für Spiele im Soccer-City-Stadion und im Ellis Park erging ein Blasinstrumente-Bann. Wenn die südafrikanischen Springboks demnächst in Johannesburg gegen die neuseeländischen All Blacks antreten, dann wird man also das laute Bienengesumme nicht mehr hören.
Der nationale Verband ist der Meinung, das Verbot sei Sache des Regionalverbands, irgendwann könne man es ja nochmal überdenken. Kevin de Klerk von der GLRU sagt, neulich im Orlando-Pirates-Station von Soweto habe man anlässlich des Super-14-Finales, einer Art Champions League der südlichen Rugbyhemisphäre, schlechte Erfahrungen gemacht mit den Vuvus.
So gehts also dahin mit der Weltmeisterschaft. Irgendwie ist: Allesverloren. Prost.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!