Rechtspopulisten gegen Finanzmärkte: Ungarn prescht bei Bankensteuer vor

Das erste europäische Land, das eine Bankensteuer einführen will: Das rechtspopulistisch regierte Ungarn. Premier Orbán verspricht sich 700 Millionen Euro Mehreinnahmen.

Ungarns rechtspopulistischer Präsident Viktor Orbán. Bild: ap

WIEN taz | Mit einer Bankensteuer will Ungarn seine Haushaltslücken stopfen. Premier Viktor Orbán legte dem Parlament in Budapest am Montag ein entsprechendes Gesetz vor. Ungarn ist damit das erste Land, das eine solche Steuer nicht nur diskutiert, sondern auch anschiebt. Der erst vor wenigen Wochen vereidigte Rechtspopulist Orbán verspricht sich Einnahmen von umgerechnet 700 Millionen Euro. Die Banken, die sich mehrheitlich in ausländischer Hand befinden, laufen Sturm.

In der österreichischen Raiffeisen Zentralbank findet man es fatal, dass nicht der Gewinn, sondern die Bilanzsumme besteuert werden soll: Obwohl die Bank zuletzt Verluste schrieb, müsste sie 35 Millionen Euro zahlen. Die Erste Bank, ebenfalls aus Österreich, soll immerhin drei Viertel ihres Gewinns abführen.

Noch bevor Orbán sein Projekt dem Parlament vorlegen konnte, sackte der Forint zum US-Dollar um 2,7 Prozent ab.

Die Sondersteuer, die zunächst für drei Jahre gilt, gilt für alle Finanzdienstleister, die in Ungarn tätig sind, also auch für Leasingfirmen und Versicherungen. Mit 0,45 Prozent der Bilanzsumme liegt sie für Brancheninsider eher hoch. Die Regierung will sich damit unpopuläre Massensteuern oder Einschnitte in das Sozialsystem ersparen.

Am Wochenende hatte ein Disput mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) einen neuen Finanzengpass provoziert. IWF und EU hatten Ungarn vor zwei Jahren einen Notkredit von 20 Milliarden Euro eingeräumt. Nun wollte eine Delegation der Gläubiger in Budapest vor der Auszahlung der letzten Tranchen nach dem Rechten sehen. Doch Ungarns Verhandler wollten von den empfohlenen Sparplänen nichts wissen. Ergebnis: Am Sonntag reisten die Finanzmänner vorzeitig ab. Schon fest verplante fast 6 Milliarden Euro liegen nun auf Eis.

Auch wenn die Verhandlungen nach Lesart von Finanz- und Wirtschaftsminister György Matolcsy nicht brüsk abgebrochen, sondern "vertagt" wurden, ist jedem im Land klar, dass erst ein für IWF und EU zufriedenstellender Bericht ein Auftauen der Gelder bewirken dürfte.

Orbáns Mannen hatten versucht, die Wirtschaftsmalaise der sozialdemokratischen Vorgängerregierung in die Schuhe zu schieben. Für die Kreditgeber ist sie aber hausgemacht: Kaum im Amt hatten Funktionäre der neuen Regierung einen heraufdräuenden Kollaps kommuniziert und damit die Märkte verunsichert. Nach Einschätzung des IWF kostete diese Dummheit mehr als eine halbe Milliarde Euro - weil am Markt Vertrauen verloren ging und in der Folge die Währung verfiel sowie die Risikoaufschläge auf Staatsanleihen stiegen.

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