piwik no script img

die wahrheitHass auf Tatzen

Problem Bär: Münchhausens größtes Verbrechen und andere merkwürdige Berichte vom gestörten Verhältnis zwischen Meister Petz und Belästiger Mensch.

Illustration zu den Abenteuern des Freiherrn von Münchhausen, die von immensem Bärenhass zeugt. Bild: Archiv Kriki

Ein trauriger Tiefpunkt im uralten Konflikt zwischen Mensch und Bär war das bärenfeindlichste Werk der Weltliteratur, nämlich die Schilderungen des Freiherrn von Münchhausen, aufgezeichnet von Gottfried Bürger. Dort wird in nicht weniger als drei Episoden das Sprengen, das Aufspießen und das Abschlachten von Bären geschildert.

Zunächst wirft der feindselige Lügenbaron einem "entsetzlichen Bären" je einen explosiven Flintstein in Rachen und After, wodurch das Tier "mit einem gewaltigen Ruck" auseinandergesprengt wurde. Als Nächstes fantasiert der furchtbare Baron, dass er einen "ungeheueren Bären" mit einer honigbestrichenen Deichsel festsetzte, die der gierige Meister Petz mitsamt Honig verspeiste, so dass diese durch Maul, Darm, Magen und After fuhr und von dem Baron am hinteren Ende mit einem Pflock anal fixiert wurde.

Doch damit nicht genug: Der blutrünstige Baron will in den nördlichen Breiten "mehrere Tausende" der "blutdürstigen" Eisbären mit seinem Taschenmesser (!) abgeschlachtet haben. Wer weiß, dass diese Tiere solitär leben, weiß, was von dieser Geschichte zu halten ist. Doch viel erschreckender als diese dummdreiste Lüge ist die unverhüllte Aggressivität, die sich dahinter verbirgt.

Eine Ahnung davon, wie dieser alte Bärenhass weiterlebt, bekamen wir 2006 zu spüren, als Problembär Bruno in Bayern zu Tode gehetzt wurde. Und nach seinem Abschuss wurde es in den Zoo- und Zirkuskäfigen noch enger für die Bären, denn der Mensch lässt nicht vom Bären ab.

Die Überfälle auf die verängstigten Zoo-Bären häufen sich in jüngster Zeit: Panda Gugu wurde im Pekinger Zoo von einem Pubertierenden angegriffen und musste ihm die Beine zerfleischen. Bei einem anderen Übergriff wollte ein Betrunkener den Bären umarmen, was auch nicht ohne Verletzungen abging, und als ein Vater in sein Gehege kletterte, um ein Spielzeug seines Kindes wiederzuholen, biss Gugu dem Eindringling ins Bein. Eine angemessene Reaktion.

Unser Publikumsliebling Knut wurde anschließend von einem einsamen Cottbusser heimgesucht. Dieser setzte sich in Knuts Gehege auf einen Stein und wartete auf den Beginn einer wunderbaren Freundschaft. "Ich bin Weihnachten allein und traurig. Der Eisbär ist es auch. Wir hätten zusammen sein können", erklärte der Eindringling. Knut stupste ihn aber nur mit Tatze und Nase an. Dass er nicht präventiv erschossen wurde, verdankt Knut nur einem beherzten Tierpfleger, der ihn mit einem Rinderbein aus dem Freigehege lockte.

Kaum ein Jahr später springt dann Mandy K. aus Köpenick in die Berliner Eisbärenfreianlage. Gut, dass sie sich den Karfreitag ausgesucht hatte, an dem Fleischgerichte ja kirchlicherseits tabu sind, so ging der Überfall glimpflich für sie ab.

Doch das Bärenbelästigen hörte nicht auf und verlagerte sich in die Schweiz: Im Bärenpark von Bern sprang ein Behinderter zum Bären Finn ins Gehege. Finn wurde dabei durch einen Schultersteckschuss schwer verletzt, der Angreifer wurde gebissen. Beide überlebten. Im Züricher Erlebnispark stürzte sich dann ein Mann zu einer Bärin mit Jungtier. Der Mann wurde verletzt und die Bärin "nachhaltig verstört", so dass sie sich anschließend kaum noch in den publikumsnahen Teil der Anlage bewegte.

Das Verhältnis von Mensch und Bär läuft seit einiger Zeit aus dem Ruder, wie ein letzter Fall zeigt: Obwohl der Ameisenbär als "scheues Fluchttier" gilt, tötete einer von ihnen in Buenos Aires eine Tierpflegerin. Also in Zukunft Vorsicht am Bärenzwinger!

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!