EU-Mission in Guinea-Bissau: Gescheitert am Chaos
Wegen Instabilität beendet die EU in dem afrikanischen Land den Einsatz zur Reform der Armee. Diese bleibt meutereifreudig und im Drogenhandel verstrickt.
BERLIN taz | Guinea-Bissau, afrikanische Drehscheibe des Drogentransits aus Südamerika Richtung Europa, muss in Zukunft auf europäische Hilfe zur Reform seiner Sicherheitskräfte verzichten. Die EU kündigte gestern an, ihre Mission zur Reform der bissauischen Armee nicht zu verlängern, wenn sie Ende August ausläuft. "Politische Instabilität und mangelnder Respekt für die Rechtsstaatlichkeit machen es der EU unmöglich, wie ursprünglich vorgesehen eine Folgemission zu stationieren", hieß es in einer in Brüssel veröffentlichten Erklärung.
Die EU-Mission, in der europäische Experten die Umstrukturierung von Armee und Polizei des kleinen westafrikanischen Landes begleiten und bezahlen, hatte im Jahr 2008 begonnen. Damit wollte Europa der Verwicklung hoher bissauischer Generäle in den Drogenhandel sowie einer langen Serie von Putschen und Militärrevolten ein Ende setzen. Der sich daraus entwickelnde Machtkampf zwischen gewählter Regierung und Militärspitze führte im März 2009 zur Ermordung sowohl des Staatschefs als auch des Generalstabschefs. Es folgten zwar ruhige freie Wahlen, doch am 1. April 2010 gab es eine erneute Meuterei, bei der Soldaten den Armeechef und den Premierminister verhafteten. Dass der Anführer der Meuterer, General Antonio Injai, Ende Juni zum neuen Armeechef ernannt wurde, machte das Scheitern der EU-Reformbemühungen deutlich. Staatspräsident Malam Bacai Sanha hatte zuvor öffentlich geklagt, das Land sei eine "Geisel des Militärs". Mehrere hohe Militärs, denen die USA wegen Drogenhandels die Konten gesperrt haben, sind weiterhin im Amt.
Das gesamte EU-Hilfsprogramm für Guinea-Bissau umfasst rund 103 Millionen Euro für den Zeitraum 2008 bis 2013. Das Bruttosozialprodukt des Landes betrug im Jahr 2008 rund 300 Millionen Euro.
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