piwik no script img

Berliner Ärzte diagnostizieren PatientenzufriedenheitÄrzte rechnen sich schön

Der Interessensverband der niedergelassenen Ärzte legt eine Umfrage vor, laut der die Berliner sich gut medizinisch versorgt fühlen. Bloß: Die Datenbasis ist mehr als fraglich.

Typischer Patient: Sitzt stundenlang im Wartezimmer und keine Klage kommt über seine Lippen Bild: ap

Die Berliner fühlen sich gesünder als noch vor zwei Jahren, gehen seltener zum Arzt und wenn, dann müssen sie weniger lang warten: Geht es nach der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin (KV) ist die Gesundheitsversorgung im Prinzip optimal. "Unser ambulantes ärztliches Versorgungsnetz funktioniert ausgezeichnet", interpretierte die KV-Vorsitzende Angelika Prehn eine am Donnerstag veröffentlichte Umfrage.

Indes: Die Befragung basiert auf zweifelhaften Zahlen. Die Antworten von grade mal 264 BerlinerInnen flossen in die Analyse ein - als Ausschnitt einer bundesweiten Umfrage des KV-Dachverbands, die repräsentativ war. "Der Ausschnitt ist einfach zu klein", kritisierte die Patientenbeauftragte des Landes, Karin Stötzner. Sie habe den Eindruck, die KV habe Berlin nur wegen der relativ positiven Aussagen eigens hervorgehoben. Die KV ist die Interessenvertretung der niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten.

Die Ärztevertreter wandten sich: Angesprochen auf die dünne Basis, sprach man wahlweise von "repräsentativ" oder von "Zufallsprinzip". Bei der Pressekonferenz mussten Journalisten die KV-Vorsitzende erst darauf hinweisen, dass sich bei Einzelfragen teils so wenig Menschen äußerten, dass von ihnen schlecht auf alle der 2,8 Millionen gesetzlich Versicherten in Berlin geschlossen werden kann. So gaben etwa 18 per Telefon Befragte an, am Hausarztmodell teilzunehmen. Daraus schloss die KV mit Bedauern, dass die Zahl der Teilnehmer landesweit um vier Prozent abnahm.

Die Versicherten wurden im Juni durch die Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen befragt; Vergleichsbasis war eine Umfrage vor zwei Jahren. Schaut man sich nur die Berliner Antworten an, lassen sich für Verbraucher erfreuliche Trends ausmachen - jedenfalls nach Ansicht der Ärztevertreter: Ein Viertel der Befragten musste mit einem Termin nicht warten. 2008 gaben dies nur sechs Prozent an. Länger als zwei Stunden saßen demnach sechs Prozent der Teilnehmer im Wartezimmer, das sind zehn Prozent weniger.

Die Patientenbeauftragte Stötzner bestätigte diese Entwicklung. "Die Beschwerden über lange Wartezeiten gehen zurück", sagte sie. "Mich erreichen auch weniger Klagen über die Diskriminierung von Kassenpatienten im Wartezimmer."

Laut KV Berlin sind die Berliner insgesamt zufriedener mit ihren Ärzten. Während sich 2008 noch knapp ein Fünftel nach einem Arztbesuch beschweren wollte, waren es nun zwölf Prozent. Mehr als ein Drittel davon fühlte sich falsch medizinisch behandelt - mehr als im restlichen Bundesgebiet. Prehn mutmaßte, dass Berliner kritischer als der Rest der Deutschen seien. Besonders junge Leute kämen oft mit einer vorgefertigten Meinung zum Arzt, sagte die KV-Vorsitzende, die selbst Hausärztin ist.

Die Patientenbeauftragte hingegen sagte, sie erreichten in letzter Zeit häufiger Beschwerden über die Bezahlung von Leistungen. Speziell gehe es um die so genannten Igel-Leistungen - Vorsorge und Service -, die die Gesetzliche Krankenversicherung nicht zahlt. Auch meldeten sich Privatversicherte, die Probleme bei der Erstattung von Leistungen hätten. Zu solchen Themen sagte die KV nichts: Fragen zu Zahlung und Beratung über Leistungen seien in der Umfrage nicht vorgekommen.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • MM
    Mutter mit chronisch kranken Kindern

    Fehlende Kinderärzte in einem Gebiet mit rund 3500 Kinder- und Jugendliche im Alter von 0- 18 Jahren – gibt’s nicht? Doch meine lieben Leserinnen, dass gibt es.

     

    Hier bei uns im Wohngebiet, 5 Minuten von unserem zu Hause befindet sich ein Polikum. Perfekt für eine Familie mit chronisch kranken Kindern, die in der Regel öfter als normal einen Kinderarzt benötigen.

     

    In diesem Polikum waren 2 Kinderärzte angestellt, leider ging die eine ein paar Monate später in Rente und kam nur noch stundenweise vorbei und dann war endgültig Schluß. Noch längere Wartezeiten im Akutfall noch längere Wartezeiten auf einen Termin. O.k. Das ist nicht das Problem,wir kommen immer schnell dran.

     

    Somit war nur noch ein Kinderarzt da, dass erfuhr ich in dem Moment als wir einen Termin hatten.

    Der Termin diente nur für den Quartalscheck für die Überweisung ins Sozialpädiatrische Zentrum für xxx, aber just an diesem Tage erkrankte xxx an einem Infekt. (02.08.) 10 Tage später hatte sie so arge Luftprobleme in der Nacht (sie ist chronisch an Infektasthma erkrankt, schon im Babyalter), dass ein Arztbesuch angezeigt war.

     

    Das Polikum hat eine Hotline, dort erfuhr ich dann auch dass die Kinderärztin immer noch erkankt sei und keine Vertretung organisiert werden konnte.

    Nicht weiter tragisch, denn es gibt in diesem Hause noch Allgemeinmediziner und dort wollte ich einen Termin ausmachen.

    Dieses wurde mir verwehrt mit der Begründung, dass keine Kinder behandelt werden. Auch mein Einwand, dass dieses Kind fast 15 Jahre alt ist und im Chroniker Programm beim dem dortigen Pneumologe erfaßt ist erbrachte keinen Termin. Der Pneumologe sei am heutigen Tag auch nicht im Hause.

    Ich könnte doch in das Kinderkrankenhaus am Lindenhof fahren.

     

    Wozu sollte ich ins Krankenhaus, wenn dort Ärzte sind? Teenie muss nur angeschaut werden, dann sehen wir in die elektronische Patientendatei, wissen welche Medikamente erhöht werden müssen usw.

     

    Rucksack gepackt, Kinder im Schlepptau und wir gingen persönlich hinüber.

     

    Der Empfangstresen beim Kinderarzt war nicht besetzt, ebenfalls befand sich kein Hinweisschild wann die Kinderärztin wieder im Dienst sei, noch welcher Vertretungsarzt zuständig ist oder was im Notfall zu tu sei.Merke, die Ärztin ist seit 02.08. erkrankt.

     

    Dann gingen wir zum Empfangstresen bei den Allgemeinmedizinern und dort passierte das unglaubliche: Die dortige Schwester servierte uns ab, Kinder werden nicht behandelt und basta.

     

    Das sollten sich alle visualisieren: Eine Mutter steht mit einem großen Jungen (Autist) an der Hand (er könnte ja weg laufen) und einem Teenie das offensichtlich sehr krank ist, weil Augenringe bis zum Boden zu sehen sind und sie auch ständig hustet, am Tresen und schildert das Problem. Der Mutter hinter dem Tresen gegenüber eine Dame, die das nicht interessiert und die Mutter weg schickt.

    Zumindestens konnte ich der Dame entlocken, dass der Pneumologe doch heute noch kommt gegen 13.00 Uhr und ich könnte es versuchen.

     

    Ich nahm meine Kids bevor ich explodierte und sah ein Schild: 1. Etage Hausärzte.

    Wieder bei der Hotline angerufen, wegen eines kurzfristigen Notfalltermines beim Pneumologen, den haben wir nicht erhalten, der Doktor behandelt nur nach Termin.

     

    Ab in die 1. Etage und schon stand ich bei einem Allgemeinmediziner in Vorzimmer, der nicht über das Polikum angestellt ist. Die Dame dort war wirklich sehr nett und bot mir gleich einen Stuhl an:-)) Ich schilderte ihr das Problem, Teenie hustete wie irre und wir durften bleiben.

    Die Arzthelferin war so entsetzt über das Verhalten über ihre vermeintlichen Kolleginnen, dass sie dort anrief und nicht gerade leise aufregte über die Unverschämtheit.

     

    Wir mussten nur 30 Minuten warten, obwohl das Wartezimmer voll war.

    Super nette Ärztin, die auch gleich fragte ob der xxx auch schon krank sei und Schokolade gab es auch.

     

    Die neuen Medis brachte nicht wirklich Hilfe, aber darum geht es nicht.

     

    Die Geschichte geht noch weiter, weil ich am Dienstag den BVV Vorsteher sowie des Vors. des Gesundheitsausschusses eingeschaltet habe.

     

    Interessiert?