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Vorwahlen in den USALetzte Rettung Sarah Palin

Senator John McCain muss sich in einer Vorwahl in Arizona einem rechten Rivalen stellen. Dass er noch Chancen hat, verdankt er der Unterstützung der Tea-Party-Ikone.

Als "Maverick" und politischer Grenzgänger ist John McCain bei den Republikanern 2010 nicht mehr so angesagt. Bild: ap

Damit hatte John McCain nicht gerechnet. Zum fünften Mal will der 74-Jährige Anfang November in seinem Heimatstaat Arizona um den Senatssitz kandidieren - nach so langer Zeit bekommen die Amtsinhaber normalerweise die Kandidatur ihrer Partei kampflos angetragen. Zumal, wenn sie landesweite Berühmtheiten sind wie der ehemalige Präsidentschaftskandidat. Nicht so John McCain: Am heutigen Dienstag muss der Senator in einer Vorwahl gegen seinen Konkurrenten John David Hayworth bestehen. Den Umfragen nach wird das wohl gelingen - aber der Kampf zeigt, wie stark die Republikaner in der Nach-Bush-Ära noch einmal nach rechts gerückt sind.

"JD" Hayworth, ein 52-jähriger früherer Kongressabgeordneter, greift McCain scharf von rechts an. Ein Linker im republikanischen Schafspelz sei McCain, überhaupt kein echter Konservativer. McCain sei für die Amnestie illegaler Immigranten und verkörpere nicht die Werte der konservativen WählerInnen Arizonas. Der plumpe Diskurs gegen den verdienten Vietnamveteranen kommt an bei den konservativen Wählern: Rund 30 Prozent der Abstimmungsberechtigten haben in Umfragen signalisiert, für den Herausforderer stimmen zu wollen.

Dass es nicht viel mehr geworden sind, hat John McCain vor allem einer Frau zu verdanken, die er selbst vor zwei Jahren aus dem politischen Abseits an die Spitze der neurechten Bewegungsrepublikaner gebracht hat: Sarah Palin. Die frühere Gouverneurin Alaskas, die McCain in der Präsidentschaftswahl 2008 zu seiner Vizekandidatin gemacht hatte, reist in diesen Wochen quer durch die USA. Sie ist die Ikone der rechten "Tea Party", und wer sich ihre Unterstützung sichern kann, hat gute Chancen, im November um einen Sitz in Washington zu kämpfen.

Meinten viele, die Nominierung Palins habe McCain seinerzeit um die Wahlchancen gebracht, so hat sich der damalige Schritt heute für McCain ausgezahlt: Mit klaren Worten unterstützt Palin ihren einstigen Entdecker. McCain habe, sagte Palin beim Auftritt in Tucson, zu allen wichtigen Dingen der Obama-Regierung nein gesagt: Gesundheitsreform, Steuerreform, Klimaschutz, Abtreibung - alles abgelehnt, bravo! Ein wahrer Konservativer. Für John McCain bedeutet diese Unterstützung eine weitere Abkehr von allem, wofür er stolz in seinem politischen Leben gestanden hatte. Aber der "Maverick", der Einzelgänger und politische Grenzüberschreiter, passt nicht in die republikanische Partei von 2010.

Die steht mit ihrer "Politik des Neins" vor der Wiederübernahme der Macht in beiden Häusern des Kongresses. Vor allem getragen von einer Welle der Unzufriedenheit mit der wirtschaftlichen Lage. Mit knapp 10 Prozent Arbeitslosigkeit im Land, können sich die Konservativen realistische Hoffnungen machen, ihre Wähler zu tausenden an die Urnen zu bringen. Das "Nein", stellen die Demokraten entnervt fest, reicht. Vom Schwung der Obama-Kampagne 2008 hingegen ist nicht viel übrig geblieben - die Ablehnung ist schlicht leichter zu organisieren als die Zustimmung.

Schon vergleichen Analysten die Wahlen 2010 mit denen von 1994. Damals war Bill Clinton gerade zwei Jahre im Amt. Bei den Kongresswahlen übernahmen die Republikaner die Mehrheit in beiden Kammern, die sie erst 2006 wieder abgeben sollten. Für John McCain dürfte die kommende Amtszeit die letzte werden - so wie es aussieht, hat der Senator sich selbst überlebt.

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11 Kommentare

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  • FT
    Friedhelm Tetzlaff

    Mich würde mal die Bildungsstruktur der Tea Party-Bewegung interessieren.

    Würde mich nicht wundern wenn dort hauptsächlich weniger gebildete Menschen zu finden sind, die im Hintergrund von ein paar sehr gebildeten (und reichen) Menschen gelenkt werden.

     

    Frei nach dem Motto: Bring die Leute dazu ihre eigene Ausbeutung zu fordern. Denn so lesen sich die Berichte aus den USA derzeit. Lauter Rednecks und White Trash die die Phrasen derjenigen nachblöken die für ihre schlechte Situation mit- bis hauptverantwortlich sind.

     

    Das Konzept scheint ja auch in Deutschland zu funktionieren. 2009 haben laut Forschungsgruppe Wahlen 22% der zur Wahl gegangenen Arbeitslosen CDU/CSU und 10% sogar FDP gewählt.

     

    @mensch: Wundert mich persönlich auch. Die taz-Leserbriefspalte war mir jetzt nicht als klassisches Propaganda-Schlachtfeld der amerikanischen Rechten in Erinnerung. Aber was soll's.

  • R
    Riin

    Palin 2012! - weil wir seit Bushs Abgang so wenig zu lachen haben.

  • H
    Hartmut

    Ich hätte nie gedacht, dass ich irgendwann einmal in der taz Sachen wie - der verdiente Vietnamveteran - lese, ohne, dass es deutlich ironisiert wäre.

  • F
    Flo

    "Zu allen wichtigen Punkten 'NEin' gesagt..."

     

    Manchmal zweifle ich ob sich die USA noch auf dem selben Planeten befinden wie der Rest... und dann stellt man enntäuscht fest: Ja sie sind es.

  • D
    davidly

    Ach. Die Rechten rücken immer nach rechts, sodass alle andere gleich nach rechts rücken können. Man nennt das Rückendeckung.

  • P
    Puck

    Eins ist aber komisch: Das habe ich heute morgen in WDR3 genau anders herum gehört: Nämlich daß McCain sich nur deshalb überhaupt einem erzkonservativen Mitbewerber stellen mußte, weil er eben NICHT von diesen Tea-Pary-Gesellen unterstütz wurde!

    Was stimmt denn jetzt?

  • M
    mensch

    sowas, da treiben sich die amerikanischen rechtsextremen auf den taz-seiten rum...

     

    es ist wirklich peinlich, dass die amerikaner sich so leicht von der armseligen tea party für dumnm verkaufen lassen.

     

    es ist zu hoffen, dass sie so weit nach rechts driften, dass es selbst den Amerikanern auffällt, wer für sie positive Politik macht - und wer nicht.

  • H
    HAGEN

    In Amerika ist auch der Obama-Wähler mit seinem Präsidenten unzufrieden. Also gehört er dann abgewählt. Die nächsten Kongresswahlen sind bestimmt ein guter Anfang vom Ende Obamas.

  • JB
    Joachim Bovier

    Schön zu erleben, dass nun auch linke Medien wie taz beginnen, von ihrer bisherigen Diffamierungskampagne gegen Sarah Palin Abstand zu nehmen und eingestehen, dass die ehemalige Gouverneurin von Alsaka die Stimmungslage des bürgerlichen Amerikas sehr genau trifft. Nicht umsonst liegt die frühere Vizepräsidentschaftskandidatin mit Amtsinhaber Obama seit Wochen in Gallup-Umfragen gleichauf. Die Mobilisierung der konservativen Basis der Republikaner ist der Schlüssel zum Erfolg bei den Kongresswahlen. Schafft die Partei es, dort die Mehrheit zu gewinnen, so ist das Frau Palins Fahrkarte ins Weisse Haus. Die Unterstützung für McCain zeigt, dass Frau palin auch ein Angebot an gemässigte Liberale ist. Der linkslastige "lame-Duck" Präsident Obama dürfte es schwer haben, sich 2012 gegen diese taffe Stimme klassisch amerikanischer Werte im Amt zu halten. Wie ihr großes Vorbild ronald Reagean erweist sich Sarah Palin als "great communicator".

  • K
    kotelette

    poor america.

     

    wenn palin es richten muss, steht es nicht gut um die vormals mächtigste nation der welt.

     

    und mccain ist nun wirklich ein politik-fossil.

  • M
    meanbobby

    Ich hätte gerne McCain im Weissem Haus gesehen als diesen Obama. Leider können wir die Uhr nicht zurückdrehen.