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Arte-Doku über Ex-US-Präsident ReaganKalter Krieger in mildem Licht

Ein junger französischer Filmemacher zeichnet mit "Ronald Reagan, Karriere eines Unterschätzten" ein überraschend wohlwollendes Bild des US-Präsidenten (Mi., 20.15 Uhr, Arte).

Von 1981 bis 1989 war der Ex-Schauspieler Ronald Reagan Präsident der USA. Bislang aber zu wenig gewürdigt, befindet die Arte-Doku. Bild: AP

Moskau, Juni 1988: Seite an Seite schreiten Michail Gorbatschow und Ronald Reagan über den Roten Platz. Kurz zuvor haben sie einen Vertrag zum vollständigen Abbau aller atomaren Mittelstreckenraketen unterzeichnet. Der Kalte Krieg zwischen der Sowjetunion und den USA ist damit faktisch beendet. Die Deutung der Szene war lange Zeit relativ unumstritten: Auf der einen Seite Gorbatschow, der große Reformator, der sein Land aus der wirtschaftlichen und politischen Sackgasse geführt hat. Auf der anderen Seite Reagan, der republikanische Hardliner, ein politisch inkompetenter Exschauspieler und Naivling, den der Lauf der Geschichte unverdient begünstigt hat.

Der französische Filmemacher Antoine Vitkine ("Mein Kampf - Geschichte einer Hetzschrift") stellt in seiner Dokumentation "Ronald Reagan, Karriere eines Unterschätzten" eine völlig konträre These auf: Für ihn ist Reagan der klare Sieger des Kalten Krieges, der den russischen Bären mit dem richtigen Maß an Härte und Verhandlungsgeschick in die Knie gezwungen hat.

Streng chronologisch arbeitet sich Vitkine (33) an Reagans Laufbahn ab, verwendet dabei vor allem Originalmaterial aus Filmen und TV-Mitschnitten. Zu Wort kommen fast nur Personen aus Reagans nächstem Umfeld: Seine langjährigen Berater Richard Allen und Edwin Meese etwa, oder der hochrangige CIA-Beamte Herbert E. Meyer. Angefangen beim betulichen Start in Illinois über Reagans Schauspiel-Karriere in B-Movies (schon damals auf die Rolle des "Guten" abonniert) bis zu seiner Politisierung im Zweiten Weltkrieg.

Reagan war wegen einer Sehschwäche vom Frontdienst befreit, in der Heimat drehte er Dokumentationen über die Befreiung der Konzentrationslager. Die Begegnung mit dem Holocaust wurde für Reagan zum politischen Initiationserlebnis. Als Vorsitzender der Schauspielergewerkschaft vertritt er zunächst eher linke Positionen. Während der von Senator McCarthy betriebenen Kommunistenverfolgung wechselt Reagan die Seiten und verpfeift Kollegen ans FBI.

Obwohl er erst 1962 in die republikanische Partei eintritt, wird er schnell zum Favoriten des rechten Flügels. 1967 ist er bereits Gouverneur von Kalifornien, sorgt mit radikal-liberaler Wirtschaftspolitik für Aufschwung. Bei den internen Vorwahlen zur Präsidentschaftskandidatur scheitert er zweimal - 1968 an Richard Nixon und 1976 an Gerald Ford. In den siebziger Jahren gilt er bereits als Mann von gestern - bis 1979 die Sowjets in Afghanistan einmarschieren und der Kalte Krieg eine erneute Zuspitzung erfährt. Mit seiner Schwarz-Weiß-Rhetorik stilisiert sich Reagan als richtiger Mann zum richtigen Zeitpunkt und setzt sich bei den Wahlen 1980 gegen den Demokraten Jimmy Carter durch. Den markigen Worten lässt Reagan schnell Taten folgen: Er forciert die Rüstungsausgaben, lässt Raketen am Eisernen Vorhang stationieren und ein Raketenabwehrsystem im Weltall installieren. Nicht nur in Europa wird Reagans Politik bis heute als Spiel mit dem Feuer gesehen.

Vitkine hält dagegen: Der Rüstungswettlauf sei keine gefährliche Cowboypolitik, sondern ein brillanter strategischer Schachzug gewesen. Die finanziell ruinierte Sowjetunion sei so zu Reformen gezwungen gewesen. Der Weg für Michail Gorbatschow war frei. Vitkines positive Sichtweise wirkt originell, aber aus heutiger Sicht auch ein wenig provozierend. In den vergangenen 20 Jahren beriefen sich vor allem republikanische Politiker auf die Reagan'sche Tradition - und richteten damit von Irak bis Afghanistan unberechenbare Schäden an. Eine ausgewogenere Auswahl der Gesprächspartner hätte dem Film nicht geschadet. So zeigt Vitkine Reagan jedoch vor allem als einen geschickten Tänzer auf dem Drahtseil der Weltdiplomatie. Ob die Politik des George W. Bush mit genügend Abstand wohl einmal eine ähnlich wohlwollende Umdeutung erfahren wird?

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3 Kommentare

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  • AC
    Augusto César Sandino

    Reagan war Profi-Schauspieler, wenn auch nur für B-Movies. Das Drehbuch haben immer andere für ihn geschrieben, auch von 1981 bis 1988. Wie hießen die Autoren, die damals fürs Skript im Weißen Haus zuständig waren? Wenn man weiß, dass Ronald R. die Staatsverschuldung von Beginn seiner Amtszeit bis zu deren Ende fast verdreifachte - durch exorbitante Ausgaben fürs Militär und neue Waffensysteme - dann kann man sich denken, wer das Buch damals geschrieben hat. Seine Berater gehörten sicher nicht zu den Autoren. Aber sie waren nicht unwichtig. Sie haben mit ihm seine diversen weltpolitischen Auftritte einstudiert ("Mr.Gorbachev, tear down this wall!“. ) An der berühmten Mikrophonprobe vom 11.8.1984 waren sie allerdings garantiert nicht beteiligt. Da war Reagan im O-Ton zu hören, wie er leibte und lebte, immer zu einem kleinen Scherz aufgelegt, auf Kosten der anderen: "Testing, testing... My fellow Americans, I'm pleased to announce I've just signed legislation that will outlaw Russia for ever. We begin bombing in five minutes." Monsieur Vetkine war damals acht Jahre alt. Ich weiß nicht, bei wem er sich mehr bedanken sollte, dass er seine Kindheit in den Achtzigern unbeschadet überstehen konnte, bei Reagan oder bei Gorbatschow?

  • LL
    ·@ l. kopp

    ! nicht vergessen, R.R. anti-sozialhilfe schallplatte in die sammlung aufzunehmen.

     

    p.s.: und noch mal nachschlagen, wessen zitate er eigentlich vorgelesen hatte.

  • LK
    Lothar Kopp

    Endlich - das wurde Zeit. Reagan war nie kalter Krieger, sondern immer freiheitsliebender Kämpfer.

    Die Geschichte wird zeigen, er war und bleibt der beste Präsident, den die USA im letzten Jahrhundert hatten. "Tear down dictatorship everywhere".

    Ronald - du warst der Größte!