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Nach Korruptionsstreit im KolpingwerkUmstrittener neuer Chef

Wohin steuert das Kolpingwerk in Paraguay? Die Geschäftsführerin soll gehen, ihr Nachfolger gilt als Rechtsausleger mit zweifelhaftem Ruf. Minister Niebel will sich nicht dazu äußern.

"Kein Kommentar": Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel (FDP). Bild: reuters

BERLIN taz | Im Korruptionsfall beim Kolpingwerk in Paraguay spitzt sich die Situation vor Ort weiter zu. Wie die taz erfuhr, wurde in das Büro der entlassenen Geschäftsführerin Brigitte Fuzellier eingebrochen, mehreren Mitarbeitern die Schlüssel weggenommen und Dokumente entwendet. Zudem eilt dem Nachfolger Fuzelliers bei Kolping in Paraguay, Olaf von Brandenstein, ein zweifelhafter Ruf voraus.

Das Kolpingwerk ist seit etwa zwei Monaten in der öffentlichen Diskussion, weil Fuzellier Korruptionsvorwürfe gegen ihre Amtsvorgänger erhoben hat. So sollen zwischen 2002 und 2007 bei einem Neubau eines Stiftungshauses über eine Million Dollar deutsche und europäische Entwicklungsgelder hinterzogen und durch gefälschte Schecks Zahlungen fingiert worden sein. Einer der Hauptverdächtigen, Max Samaniengo, ist mittlerweile untergetaucht. Fuzellier beschuldigt zudem Kolpingwerk Deutschland, den Fall zu verschleppen und selber an der Korruption mitgewirkt zu haben. Die Kolping-Spitze in Köln bestreitet die Vorwürfe und erstattete Anzeige.

Zu Klärung war das Entwicklungsministerium im August zu einer Prüfungsmission in Paraguay, das Ergebnis steht aus. Erst für Mitte Oktober hat das Haus ein Ergebnis der mehrtägigen Prüfmission angekündigt. In der vergangenen Woche wurde Fuzellier jedoch überraschend fristlos entlassen: Sie soll sich selbst bereichert haben. Vorangegangen war ein Besuch der Kolping-Spitze in Köln, die vor Ort massiv Druck ausgeübt haben soll, um die Entlassung der Geschäftsführerin Fuzellier zu erreichen. Ungeklärte Umstände überall, so scheint es.

Eine Personalie ist indes nicht mehr offen: Fuzelliers Nachfolger steht fest: Es ist Olaf von Brandenstein. Von Brandenstein war früher in Paraguay Geschäftsführer des Verbandes der Sojazüchter und hat Großgrundbesitzer regelmäßig gegen indigene Gruppen vertreten. In Entwicklungskreisen gilt von Brandenstein daher als Rechtsausleger mit politisch zweifelhaften Motiven.

Zunehmend gerät nun auch das Entwicklungsministerium unter Druck. Zwar wollte sich am Montag in Berlin Sprecher Sebastian Lesch mit Verweis auf das laufende Verfahren nicht äußern. Hinter den Kulissen scheint im Haus jedoch Verärgerung darüber zu herrschen, wie sich Kolping Deutschland verhält. Immerhin hatte das Entwicklungsministerium dem Vernehmen nach versucht, darauf hinzuwirken, dass es vor Ort nicht zu Entlassungen oder anderen Unruhen kommt, um die Untersuchungen nicht zu stören.

Der grüne Entwicklungspolitiker Thilo Hoppe zeigt sich enttäuscht über das Verhalten des Ministeriums und des Kolpingwerks in Paraguay. Der Fall sei "ein fatales Lehrstück für Aufklärungsbemühungen in der Entwicklungszusammenarbeit", sagte Hoppe der taz.

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4 Kommentare

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  • P
    PEDRO

    Bei der Suche nach neuen Informationen im Internet ist man schnell schachmatt gesetzt, weil alle mit der Korruptionsaffäre zusammenhängenden Artikel aus Paraguay nicht mehr einsehbar also gesperrt sind. Weshalb macht man das, so wird die Angelegenheit doch nur noch interessanter und es führt dazu, dass man meinen könnte hier würde auch von ganz oben mit verschleiert. Ist das gelebte Demokratie?

  • P
    PEDRO

    Schwierige Situationen benötigen beherzte, fähige und unabhängige Personen, die sich die Aufklärung zutrauen. Es sind auch in der Politik viele Persönlichkeiten, die sich eng an die Verbände binden und im Hintergrund die Stippen ziehen. Hier gibt es eine Menge an Ruf zu verlieren und es ist wie immer der kleine Mann, an dem der Schmutz der Korruption der Großen kleben bleibt. Ohne wenn und aber müssten sich unsere gewählten und vom Volk oder den Mitgliedern in die Ämter gehobenen Persönlichkeiten mit Kopf, Herz und Verstand darum bemühen, diese Ungerechtigkeiten zu verhindern. Letztendlich bleiben doch nach solch einem Scharmützel die eigentlich Verantwortlichen immer in ihren Sesseln kleben und pubsen vergnügt weiter in diesem großen Geschäft mit der Armut in der sog. Dritten Welt. Bald wird niemand mehr eine Spende abgeben, weil man nicht weiß, wer sich damit die Taschen füllt. Das ist traurig in einer immer kälter werdenden Gesellschaft, die diesem von allen Seiten beobachteten Treiben zusieht und denen die Hände gebunden sind.

  • H
    Heinz

    Liebe TAZ,

    wenn man nicht die genauen Hintergründe kennt und nicht mit allen Betroffenen und Verantwortlichen gesprochen hat sollte man solche Texte nicht schreiben. Gut, es gibt überall auf der Welt Dinge, die manchmal nicht korrekt ablaufen. Aber wenn überhaupt, haben sich dann immer nur Einzelpersonen bereichert bzw. Unwahrheiten erzählt. Daraus nun zu schreiben, dass Entwicklungsarbeit schlecht ist, dass das Ministerium wegschaut oder das Kolpingwerk (in der sich hunderttausende Menschen weltweit engagieren) mit dem Begriff Korruption was zu tun hat, ist schon ein starkes Stück. Ich hatte bisher geglaubt, dass die TAZ eine seriöse Zeitung wäre, aber weit gefehlt. Sie ist nicht besser als die Bild-Zeitung und die sprach ja bekanntlich zuerst "mit den Toten". Ich hoffe ihre Zeitung schreibt hierzu auch noch einen sachlich, fundierten und korrekten Bericht bzw. eine Gegendarstellung mit den Tatsachen.

  • V
    Valeria

    Gute Leute: Die ganze NRO-Industrie, finanziert von USA, Britanien, Deutschland, Niederland usw. usw. in LATEINAMERIKA ist genau so wie diese Kolpinggruselgeschichte. Da verschwinden hunderte von Millionen dort hin wo sie auch schon von Banco Ambrosiano und der Vatikanbank verschwunden sind! Aber von euren taz "Korrespondenten" in Lateinamerika erfaehrt ihr das nicht - denn offensichtlich koennen die doch nicht von taz-Zeilen-Gebuehren leben - von Reisen gar nicht zu sprechen... Entschuldigung fuer die Stoerung - jetzt koennt ihr weiter schlafen!