piwik no script img

Hartz-IV-ReformenSPD will im Bundesrat nicht zustimmen

Getricktse Regelsätze, lebensfremde Kinderzuschüsse: Die SPD fordert Korrekturen bei der Neuregelung von Hartz-IV - sonst werde man das Gesetz im Bundesrat aufhalten.

Hier hat die schwarz-gelber Regierung keine Mehrheit: Sitzungssaal des Bundesrats. Bild: dpa

BERLIN taz | In Sachen Hartz-IV-Reform kann die Regierung derzeit nicht auf das notwendige Ja der SPD im Bundesrat hoffen. "Wir haben beschlossen, weder im Bundesrat noch im Bundestag den Vorschlägen, so, wie sie auf dem Tisch liegen, zuzustimmen", teilte Manuela Schwesig, stellvertretende SPD-Vorsitzende, am Montag das Votum des Präsidiums mit.

Kritik übt die Partei nach wie vor daran, wie die neue Regelsatzhöhe von 364 Euro ermittelt worden ist. "Es gibt Hinweise, dass die Regierung die Sätze künstlich runtergerechnet hat", sagte Schwesig. Für Kinder im Hartz-IV-Bezug wolle man zudem "ein echtes Bildungspaket" statt eines "Mogelpäckchens". Als "absurd und völlig an der Lebenswelt vorbei" bezeichnete Präsidiumsmitglied Thorsten Schäfer-Gümbel gegenüber der taz die geplanten Ausgaben für Kinder.

Die Kritik der Partei speist sich nicht nur daraus, dass längst nicht alle Kinder im Hartz-IV-Bezug vom geplanten Bildungspaket profitieren würden und das Geld insgesamt zu wenig sei. Für falsch hält die SPD auch, dass Kinder aus Geringverdienerhaushalten, die kein Hartz IV bekommen, keinen Anspruch auf die Leistungen wie Zuschüsse für Musikschulen oder Schulausflüge haben sollen. Man werde die "Spaltung von Kindern von Geringverdienern und Kindern von Arbeitslosen nicht mitmachen", sagte Schwesig.

Die Partei will mit der Regierung stattdessen über einen "Pakt für Bildungschancen und gegen Kinderarmut" verhandeln, erläuterte Hannelore Kraft, SPD-Ministerpräsidentin von NRW. Bund, Länder und Kommunen müssten dazu an einem Strang ziehen. Ziel sei unter anderem der Ausbau von Ganztagsschulen und Kitas sowie langfristig die Gebührenfreiheit von Kitas. Zur Finanzierung eines "Infrastrukturpakets" lägen "genug Beispiele auf dem Tisch", sagte Schwesig. So könnten durch eine Streichung des geplanten Betreuungsgeldes rund zwei Milliarden Euro im Jahr gespart werden.

Die SPD legt die Hürden für Verhandlungen mit der Regierung hoch. Sie fordert einen flächendeckenden Mindestlohn von 8,50 Euro. Doch eigentlich hätten in der Partei alle ein Interesse, zu einer Lösung zu kommen, heißt es hinter den Kulissen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

12 Kommentare

 / 
  • E
    Edi

    Wie wäre es denn, wenn die Geringverdiener einmal Forderungen stellen. Denn sie sind ja die Jenigen,

    die wenigstens etwas in die Sozialkassen einzahlen.Von dem Geringverdienst müssen sie dann auch noch Miete,Nebenkosten, GEZ-Gebühren, Volle Eintrittspreise usw. bezahlen, was die Hartz IV-Leute nicht brauchen und trotzdem nur jammern. Die Zeit des Jammerns sollte genutzt werden, um wieder aus Hartz IV herauszukommen.Sollte Hartz IV noch weiter erhöht werden, werden viele Geringverdiener sich lieber auf ein ruhiges LEben mit Hartz IV einstellen. Man spricht immer nur vom REgelsatz, aber wozu zählen die Miete usw.. Man sollte sich nicht auf ein Leben mit Staatskosten einstellen, sondern sich um Arbeit bemühnen auch wenn es als Geringverdiener ist.

  • MD
    maria Daubenbüchel

    es ist leichter, stur auf einem fehler zu beharren,als zuzugeben,daß man einen

    riesenmist gebaut hat.ich glaube,wenn die spd wieder eine rolle spielen will,

    dann ist es an der zeit,fehler einzusehen und zuzugeben und sich wieder auf

    alte werte zu besinnen,die einmal zu ihren grundsätzen gehörten.die ganze

    hartz-IV -misere geht auf schröder zurück(der mit dem verspechen antrat,die arbeitslosigkeit zu halbieren,ansonsten zurückzutreten - wäre er mal).statt- dessen wurden gesetze durchgepeitscht,denen die spd als opposition nie zugestimmt hätte.

    aber man wollte die wirtschaft gnädig stimmen und erwartete einen gegendienst,nämlich mehr arbeitsplätze.die kamen aber nicht. das wohl der

    arbeiter ist den großkonzernen völlig gleichgültig,ihnen geht es um gewinn-

    maximierung. da ist es völlig wurscht,wie die zustande kommt,und wer die

    verlierer sind.

    so,und da muß die spd zurück und umdenken,ansonsten sehe ich schwarz-

    gelb,was im schimmsten fall zur mischfarbe braun führen könnte.

  • S
    Stefan

    Man darf bei der ganzen Sache nicht vergessen, dass die damalige rot-grüne Regierung die Sätze so berechnet hatte, wie auch der Stand der Preissteigerungsrate war. Seitdem sind die Preise jährlich gestiegen, demnach muss man die Sätze diesem Stand anpassen.

  • N
    Nordwind

    "Doch eigentlich hätten in der Partei alle ein Interesse, zu einer Lösung zu kommen, heißt es hinter den Kulissen."

     

    Da zeigt sich wohl die Bereitschaft der SPD die Hartz-IV-Empfänger zu verschachern.

     

    Es wäre erst einmal Aufgabe der SPD um die Offenlegung der Berechnungsgrundlagen zu kämpfen, da deren Geheimhaltung durch die Bundesregierung eine Verhöhnung des Verfassungsgerichts ist.

     

    Die Forderung nach Transparenz steht schließlich aus gutem Grund in dem Urteil.

  • A
    Amos

    Gott vergisst. Der Wähler Nie! Die "Schröderianer" alle raus aus der Partei, dann kann man sich mal überlegen ob man wieder SPD wählt. Schröder musste ja zeigen, auf welcher Seite er steht,Clement hat es gezeigt; Müntefering, Steinmeier und Steinbrück, denn alle wollen Pöstchen in der Wirtschaft.Indem man die Bedürftigen ins Genick gehauen hat, hat man vor der Hautevolee den Duckmäuser gespielt.

  • AS
    Anna Schmitt-Weidner

    Ihren Kommentar hier eingeben

    @Murat

    Auch ich sehe, daß die SPD damals niedrige REgelsätze eingeführt hat. Schon damals war das niedrig.

    Aber sie beruhen auf den Preisen und der Einkommens- und Verbraucherstichprobe von 1998!. Also schon seit 2004 auf nicht ganz frischen Daten, dazu was lebensnotwendige Waren und Dienstleistungen kosten und wieviel Haushalte im untersten Einkommensquintil (20% unterste Einkommen) dafür ausgeben.

    In der Zwischenzeit hat es nicht nur Preissteigerungen gegeben sondern auch die Einführung von Prayisgebühren und auch die Nutzung des Internets wird als lebensnotwendig für Beswerbungs- und Lernaktivitäten angesehen.

    Daher auch wenn die SPD in ihrem System bleibt, kann sie 15- 20% höhere Sätze fordern, so wie ja auch die Forderungen der Sozialverbände wie Paritätischer, Caritas, Diakonie etc. sind.

    Das dies immer noch sehr wenig ist und bei Sonderbedarfen ( Diät, Krankheit, Zahnersatz, Übergrößen) nicht reicht steht auf einem anderen Blatt.

  • U
    Unvergessen

    Ex-Bundeskanzler Schröder (SPD) und sein Stellvertreter Fischer (Bündnis 90/Grüne) sind die unvergessenen Väter der Reformvorschläge von Peter Hartz (Personalchef bei Volkswagen). Es ist vielleicht bezeichnend, dass Peter Hartz später wegen Korruption verurteilt worden ist. Was kann man da von dessen Gesetzes-Vorschlägen halten. Und Frank-Walter Steinmeier (SPD) mag seine Niere spenden. Sein Herz und sein Hirn hat er ebenfalls an Hartz verloren. Kurz: Niemand hat bis heute vergessen, auf wen die Hartz-Gesetze zurück gehen, mag die SPD heute entscheiden wie sie will.

  • LW
    Lukas Wagenmacher

    Welche ehemalige Volkspartei hat denn damals H4 eingeführt und verhält sich jetzt stark heuchlerisch? Hmm hmm hmm?

  • FN
    Faule Nuss

    Die verfassungwidigen Hartz IV Regelsätze insbesondere die der Kinder sind doch ein eingetragenes Markenzeichen der Spezialdemokraten. Man hat "Spaltung von Kindern von Geringverdienern und Kindern von Arbeitslosen doch selbst erst ermöglicht.

  • JK
    Juergen K

    1275 Brutto Mindestlohn - wie sinnig !?

     

    Gerade soviel, dass man kein Hartz beantragen kann, als Alleinstehender.

     

    20 % davon gehen als Rentenbeiträge ab; incl. der Arbeitgeberbeiträge (Noch!).

     

    Macht grobe 250 Öcken.

     

    10, 5 Mio Rentner/innen haben wir (laut EVS):

    Durchschnittsrente 1590 Euronen.

     

    Es braucht also 6 Mindestlöhner, um eine Rente zu zahlen.

     

    Beit 10,5 Mio sage und schreibe 65 Mio Mindestlöhner.

     

    Schlage daher vor, den DIW ind das IFO Institut zu motivieren, bekannt zu geben, dass Deutschland

     

    50 Millionen ZUSÄTZLICHER Mindestlohnjobs braucht.

     

    Wenn man das dann mal hat, kann man auch über die 1,5 Mio Pensionär/innen reden, die zwar an Zahl nur 1,5 Mio sind , aber eine

     

    Durchschnittspension von 3 600 Euronen einziehen.

     

    Die -wenn Börsengänge anstehen- ab 45 Jahren ausgezahlt werden.

     

    Ob man das alles wohl ur auf ein Ein-Euro-Mittagessen für Kinder reduzieren kann ?!

     

    Never.

  • J
    jimmygjan

    Die SPD als diejenige Partei, die Hartz IV zu verantworten hat, "traue ich nicht über den Weg". Wenn die SPD dem Gesetzesvorhaben der CDU/CSU u.FDP, auch in neuer Fassung, mit weniger "Härten" zustimmen sollte, würde das erneut Wählerstimmen kosten. Man kann nur hoffen, dass sich die SPD dessen bewußt ist, ansonsten landet die SPD bei den nächsten Wahlen bei ca. 25%.(+/- 5%.

    Warum nicht das gesamte Sozialsystem überdenken. Jeder bekommt eine bedingungsfreies Einkommen iHv 1000 €, ausgezahlt über die Finanzämter. Alle weiteren Behörden wären überflüssig. Keine JobCenter, keine Familienkasse, keine Sozialämter, sehr kleine Arbeitsämter usw. Dies würde enorme Einsparungen bedeuten, die zur Finanzierung des bedingungslosen Grundeinkommens genutzt werden könnten. Wer denn mehr als 1000 € im Monat zur Verfügung haben möchte, muss dann eben arbeiten!

    Ich habe den Eindruck, als wenn in den "Betonköpfen" nicht über den Tellerrand geschaut werden kann, weil Konservatismus und ein nicht mehr zeitgemäßes Gesellschaftsbild den Blick für das wesentlich versperrt.

  • M
    Murat

    Irgendwie komisch von der SPD. Erst reichen die 359€ vollkommen aus, jetzt wenn man vielleicht Wahlen gewinnen kann ist man natürlich dagegen. Schwarz-Gelb hat Hartz4 nicht eingeführt, das war Rot-Grün. Ich verstehe nicht warum jetzt auf unsere Regierung drauf rumgehackt wird...