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Gentech-Gutachter in der KritikEU-Aufseherin arbeitet für Lobby

Kritik an der EU-Behörde, die für Gutachten zu Gentech-Pflanzen zuständig ist: Ihr Verwaltungsrat wird von einer Frau geleitet, die auch für ein Institut der Gentech-Lobby tätig ist.

Die Zulassung von gentechnisch veränderten Pflanzen in der EU - ein Krimi? Ja, finden Greenpeace und andere Kritiker. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Verwaltungsrats-Chefin der wichtigsten EU-Fachbehörde für Gentech-Pflanzen arbeitet auch für das von der Industrie bezahlte International Life Sciences Institute (Ilsi). Diána Bánáti müsse ihre Aufgabe bei der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) wegen Befangenheit aufgeben, sagte der grüne Europa-Abgeordnete José Bové am Montag der taz: "Ilsi ist eine Lobbyorganisation, die Gentech-Unternehmen wie Monsanto, Syngenta oder BASF vertritt."

Die Efsa und Bánáti erklärten hingegen, der Verwaltungsrat sei nicht für wissenschaftliche Stellungnahmen des Amtes etwa zu Risiken von gentechnisch veränderten Pflanzen zuständig. Deshalb gebe es keinen Interessenkonflikt.

Die Gutachten der Behörde mit Sitz in der italienischen Stadt Parma sind Grundlage für die Entscheidungen der EU-Kommission, ob eine gentechnisch veränderte Pflanze in Europa angebaut oder verkauft werden darf. Bisher haben die Efsa-Experten fast immer eine Zulassung befürwortet, weil sie die Gen-Konstrukte für ungefährlich halten.

Doch Bové und andere Gentechnik-Gegner unterstellen Mitarbeitern der Behörde in Parma schon lange, mit der Chemie- und Lebensmittelindustrie verflochten zu sein. Bánáti sei ein weiteres Beispiel dafür. Tatsächlich bestätigt Nico van Belzen, Geschäftsführer von Ilsi Europe, dass sie seit März im Verwaltungsrat der Organisation sitzt. Davor habe sie drei Jahre dem wissenschaftlichen Beratungskomitee des Instituts angehört. Ilsi bestreitet aber, ein Lobbyverband für die Industrie zu sein. "Unser interner Verhaltenskodex verbietet Lobby-Aktivitäten", erklärt Belzen. Das Institut organisiere und finanziere unabhängige Studien im Interesse der öffentlichen Gesundheit.

"Das ist ein Witz", antwortet der französische Abgeordnete und Landwirt Bové, dessen Protest gegen Gentechnik vor allem durch die Zerstörung einer McDonalds-Filiale europaweit bekannt geworden ist. "Die größten Lebensmittel- und Gentechnik-Unternehmen sind Mitglied beim Ilsi." Tatsächlich finden sich auf der Mitgliederliste auf der Internetseite des Instituts neben Monsanto auch der weltgrößte Lebensmittelkonzern Nestlé oder der Agrarchemiehersteller Bayer CropScience. Meist würden nach Ilsi-Angaben nur Firmen die Arbeit der Organisation finanzieren.

Das Ergebnis ist für Bové klar: "Das Ilsi kämpft oft für die Unternehmen." So habe das Institut in früheren Stellungnahmen das Tabakproblem als "nicht so wichtig" dargestellt. Immer wieder liefere die Organisation der Efsa Daten, wonach Gentech-Pflanzen kein Risiko darstellten.

Die Behörde weist zur Verteidigung auf ihre Statuten hin: Demnach verabschieden ausschließlich die wissenschaftlichen Gremien der Efsa Gutachten etwa über Gentech-Pflanzen. Der Verwaltungsrat, den Bánáti leitet, erstelle zum Beispiel den Haushaltsplan und die Arbeitsprogramme der Beamten. Ähnlich äußerte sich die Ungarin selbst in einer E-Mail an die taz. Ihre Kritiker wüssten nicht, wie die Risikobewertung von Lebensmitteln in Europa funktioniere: "Es ist keine Überraschung, dass diese Beschuldigungen erhoben werden, bevor die Positionen im Verwaltungsrat [am 20. Oktober] neu vergeben werden."

"Sie können sagen, was sie wollen. Bánáti ist die Präsidentin der Efsa", erklärt Bové dazu: "Sie ist die, die Ja oder Nein sagt auf der globalen Ebene." Seiner Meinung nach sollten alle Zulassungen von Gentech-Pflanzen während Bánátis Amtszeit als Verwaltungsrats-Chefin seit Oktober 2008 widerrufen werden. Und um das Problem mangelnder Unabhängigkeit der Efsa langfristig zu lösen, müsse die Behörde vollständig reformiert werden.

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9 Kommentare

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  • G
    GreenHU

    Es wäre schön, wenn sich die selbsternannten Ökos mal lieber mit der Realität beschäftigen würden, statt mit wilden Gerüchten. Dass die Dame mehrere Jobs hat ist lange bekannt und auch ok so.

    Herr Maurin beweist mit diesem Artikel wieder einmal, dass er eigentlich gerne bei Ökofundis die Pamphlete schreiben würde.

    Man sollte sich lieber fragen, was den Menschen wirklich helfen kann. Und zwar nich nur Prenzl-Bionadebiedermeiern, sondern auch den Armen dieser Welt. Zu leugnen, dass die Gentechnik ein wichtiges Werkzeug ist für die zukünftige Ernährung von 10mrd. empfinde ich als ignorant und beschränkt.

    Wenn der geistige Horizont nur bis zum Bioladen um die Ecke reicht ist Gentechnik natürlich nicht so klasse..

  • S
    Silentjay

    @Lina

     

    Weder sind alle genetisch veränderten Pflanzen steril, noch ist explizit das Einbringen von artfremder DNA nötig um Pflanzen einer generativen Vermehrung zu berauben.

    Schauen Sie sich vllt. mal die Banane an, die ist auch ohne Gentechnik steril und nurnoch vegetativ vermehrbar.

     

    Bayer müssten Sie sowieso nur um Erlaubnis fragen, wenn Sie patentierte Pflanzen anbauen wollten.

    Und das wollen Sie nicht oder?

     

    Patente laufen übrigens nach 20 Jahren aus.

    Niemand ist verpflichtet patentiertes Saatgut zu kaufen, zu pflanzen oder daraus erwachsene Pflanzen zu konsumieren.

     

    Vllt. sollte Frau / Mann sich auch mal entscheiden.

    Müssen gv-Pflanzen steril sein um eine ungewünschte Verbreitung zu verhindern oder dürfen gv-Pflanzen nicht steril sein, weil dass den Menschen die hauseigene Saatgutproduktion verwehrt?

     

    Müssen gv-Pflanzen in Studien umfassend geprüft werden oder sollen auch kleinere Firmen in der Lage sein gv-Pflanzen auf den Markt zu bringen (Kostenfaktor).

     

    Und ja ich finde den Lobbyismus besorgniserregend und auch die Patente auf Pflanzen ( auch wenn hier bisher nur die Methodik patentierbar ist) sind bedenklich.

     

    Leider macht die Debatte über Patente und Lobbyismus auch jede Debatte über die Methodik an sich sehr anstrengend.

  • G
    groovejunkie

    Bin mal gespannt, was aus dieser Sache wird.

     

    Ich befürchte nur, dass erneut eine Chance der Vertrauensbildung der Europäischen Union beim Volk vergeben wird.

  • P
    Pommi

    Egal in welche Richtung man schaut überall ungereimtheiten hier wird eine EU-Behörde von einer Frau geleitet die gleichfalls Lobbyistin für ein

    Institut der Gen-Lobby tätig ist das kann und darf nicht sein.Ich glaube mittlerweile das hier genauer hingeschaut werden muß damit solche Sachen nicht passieren einfach eine große Schweinerei.

    pommi

  • V
    vantast

    "Ist mir doch egal, wer unter mir Kanzler oder eu-Bürokrat ist" meint das Kapital, "ich habe meine Leute überall. Das ist gelebte Demokratie, ich bin das Volk".

  • L
    Landwirt

    So etwas nennt man wohl: Interessenkonflikt. Oder in diesem Fall: Skandal.

  • S
    Silentjay

    Schon erstaunlich... soviele böse Lobbyisten in den Entscheidungsgremien und Amflora wurde von der EU trotzdem erst nach 13 Jahren zugelassen.

     

    Bestimmt auch nur eine abgekarterte Sache ;-)

     

    Wenn die Sachargumente nicht mehr funktionieren, versucht man es halt ad hominem. Nur ein weiteres Zeichen wie dünn die Faktenlage gegen die Gentechnologie ist.

    Der geneigte Gentechnikgegner möge sich mal mit Clearfield beschäftigen oder der Mutagenesezüchtung in den 60er /70er (Stichwort Cobalt).

  • H
    Hugo

    Was soll man noch sagen ?

    Man sitzt mit offenen Mund(zumindest im Geiste), und fühlt wieder diese Ohnmacht...

     

    Nur das zucken unterm Auge meldet sich wieder...

     

    ;)

  • L
    Lina

    Danke für den Artikel!

    Wird Zeit, dass öfter über das Thema Lobbyismus und Politiker Verpflechtungen mit der Industrie berichtet wird.

     

    Dass genmanipulierte Pflazen nicht schädlich sein müssen, ist übrigens nicht wirklich das Problem, sondern, dass diese geänderte Pflanzen meistens keine Samen mehr produzieren. So sind die Bauern der Industrie auf Gedeih und Verderb ausgeliefert.

     

    Vielleicht muß man demnächst bei Bayer um Erlaubnis bitten, wenn man z.B. Tomaten im eigenen Garten anpflanzen will!