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CDU-RegionalkonferenzKanzlerin will keinen Aufstand

Die geplante Fehmarnbelt-Querung ist das große Thema auf der Nord-Tagung mit Kanzlerin Angela Merkel. Die wendet sich gegen Kostenexplosionen und schlägt ein Mediationsverfahren vor.

"Die Menschen mitnehmen": die Kanzlerin mit CDU-Landeschef Christian von Boetticher (M.) und Bundesgeschäftsführer Klaus Schüler. Bild: dpa

Bürgerbeteiligung, findet Angela Merkel, sei richtig und wichtig. "Bei großen Infrastrukturprojekten müssen wir die Menschen mitnehmen", sagt die Bundeskanzlerin und Parteivorsitzende an diesem Mittwochabend in Lübeck. Das gelte auch für die geplante Querung des Fehmarnbelts. Sie präsentiert ihrem Publikum bei dieser CDU-Regionalkonferenz Unerwartetes: "Eine Mediation ist denkbar."

Die Verbindung zwischen der Ostseeinsel Fehmarn und Dänemark ist das beherrschende Thema auf der Konferenz der CDU-Landesverbände von Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern. Rund 1.500 ChristdemokratInnen sind in die Musik- und Kongresshalle gekommen, vor der Tür, im Nieselregen, protestieren nach Polizeiangaben 550 DemonstrantInnen gegen Atomkraft, Hartz IV - und die Fehmarnbelt-Querung.

Drinnen ist es zwar warm und trocken, aber auch ganz schön lebhaft. "Wir dürfen die Seebäder nicht schädigen", fordert Joachim Wegener, als Kreispräsident einer der wichtigsten Unions-Funktionäre der Region Ostholstein zwischen Lübeck und Fehmarn. Dort sorgen die bis zu 150 Güterzüge, die nach dem Brückenschlag über den Fehmarnbelt jeden Tag zusätzlich durch die Ferienorte an der Ostsee rattern dürften, für Existenzängste: Der Lärm werde die Touristen vertreiben, ist die Befürchtung.

Der Weg zur Brücke

Anfang nächsten Jahres will das dänische Parlament in Kopenhagen über die Fehmarnbelt-Querung entscheiden.

Auswahl: Entschieden werden soll zwischen einer Brücke oder einem Absenktunnel. Dieser würde in Fertigelementen auf den Meeresboden gestellt, nicht durch den Untergrund gebohrt.

Kosten: Nach neuesten Angaben der dänischen Realisierungsgesellschaft Femern A / S liegen die Baukosten beider Varianten bei etwa 5,5 Milliarden Euro.

Finanzen: Bis Mitte November muss Femern A / S dem Transportministerium in Kopenhagen verlässliche Kostenvoranschläge vorlegen.

Konferenz: Vor der Entscheidung sollen auf einer Fehmarn-Konferenz die Vor- und Nachteile beider Varianten debattiert werden. Ort und Datum stehen noch nicht fest.

Also fordert Wegener Geld für die Verlegung der Bahnstrecke ins Landesinnere oder wenigstens für Lärmschutzmaßnahmen. "Sonst droht ein Aufstand der Menschen in Ostholstein", sagt er. Und ein Parteimitglied von der Insel Fehmarn ergänzt, "wir als CDU müssen die Menschen ermutigen, bei Planungen die Verwaltung zurückzudrängen".

Merkel ist sichtlich beeindruckt von der Skepsis der eigenen Basis. Sicher, es könne "jemand aus Berlin kommen und vor Ort mit Ihnen debattieren", sagt sie zu. Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) wird gewünscht, und auch mit Bahnchef Rüdiger Grube würden die Ostholsteiner gern mal ein Wörtchen reden. "Als Mecklenburgerin", sagt Merkel, sehe sie die Verbindung nach Dänemark wegen eventueller Nachteile für die Fährhäfen nicht nur mit Freude, "aber als Kanzlerin trage ich Verantwortung für ganz Deutschland". Und deshalb rate sie dazu, "dass die Region an der wirtschaftlichen Entwicklung teil nimmt und die Chancen nicht verschenkt".

Dazu gehöre aber auch "das Vertrauen der Menschen" in die Politiker, sagt Merkel. Dafür sei es wichtig, "dass es mit den Kostenexplosionen aufhört", führt die Kanzlerin aus - ohne "Stuttgart 21" oder auch die Hamburger Elbphilharmonie zu nennen. "Wir brauchen offene und präzise Kostenvoranschläge."

Denn auch die Fehmarnbelt-Querung wird sich wahrscheinlich deutlich verteuern. Die dänische Realisierungsgesellschaft Femern A / S veranschlagt die Kosten für die 19 Kilometer lange Verbindung zwischen Puttgarden und dem dänischen Rødby jetzt auf 5,5 statt bisher 4,5 Milliarden Euro. Deshalb denkt Dänemark jetzt auch über eine Tunnellösung nach, die bislang als weit teurer galt (siehe Kasten).

Die deutsche Seite hat lediglich 800 Millionen Euro für Straßen- und Gleise an Land vorgesehen. Diese Summe dürfte sich nach Einschätzung des Bundesrechnungshofs allerdings mehr als verdoppeln. Das sei ein "richtiges Ärgernis", sagt Merkel.

Eine Mediation sei "eine gute Idee", sagt auch Malte Siegert. Schon lange wartet der Sprecher des Aktionsbündnisses gegen die Fehmarnbelt-Querung auf ein Gesprächsangebot aus Berlin. "Wir wollen ja mit dem Bund und der Bahn reden", sagt Siegert, der nun bei der CDU als Gast sprechen durfte. "Denn die entscheiden letztlich, nicht das Land Schleswig-Holstein."

Lübeck war eine von sieben Regionalkonferenzen, mit denen die CDU ihren Bundesparteitag im November vorbereitet. Mit freundlichem Applaus wird Merkel bedacht, von Jubel oder Euphorie ist keine Spur. Am heutigen Freitagabend tritt sie in Bad Fallingbostel vor die niedersächsische Basis. Die hat keinen Fehmarnbelt, die hat Gorleben.

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