Warnstreik der Verkehrsgewerkschaften: Die Bahner machen Ernst
Die Bahngewerkschaften Transnet und GDBA sorgten am Dienstag mit ihren Warnstreiks bundesweit für erhebliche Einschränkungen auf der Schiene. Es könnte nur ein Anfang gewesen sein.
BERLIN/KÖLN taz/dpa | Kleiner Aufwand, große Wirkung: Gerade mal 1.700 streikende Bahner reichten am Dienstagmorgen und -vormittag aus, um in einigen Bundesländern für "erhebliche Einschränkungen" im Bahnverkehr zu sorgen, wie die Deutsche Bahn AG einräumte.
Mehrere hundert Züge seien ausgefallen, zehntausende Reisende saßen zeitweise fest. Betroffen waren vor allem Nord-Rhein-Westfalen, Hessen und Bayern; am Kölner Hauptbahnhof passierte zeitweise gar nichts mehr. "Die Massivität, mit der in den Verkehr eingegriffen wurde, verwundert uns sehr", sagte DB-Personenverkehrsvorstand Ulrich Homburg.
Die Verkehrsgewerkschaften Transnet und GDBA wollen mit ihren Warnstreiks Druck auf die bundeseigene DB und die DB-Konkurrenten ausüben, erstmalig in der Geschichte des deutschen Eisenbahnwesens einen Branchentarifvertrag für den Schienenpersonennahverkehr zu unterzeichnen. Damit sollen Niedriglöhne in der von Wettbewerb geprägten Branche verhindert werden.
Der Transnet-Vorsitzende Alexander Kirchner sagte bei einer Kundgebung am Kölner Hauptbahnhof: "Wir wollen signalisieren, dass wir es ernst meinen." Sollten sich die Bahnunternehmen nicht ernsthaft bewegen, drohten weitere Arbeitsniederlegungen. Notfalls werde es auch eine Urabstimmung und einen regulären Streik geben - dann werde der Verkehr ganz lahmgelegt.
Doch weitere Streikaktionen sind zunächst nicht geplant, am Freitag werden die Tarifverhandlungen zwischen den Gewerkschaften und der DB fortgesetzt. Die DB hatte zuletzt angeboten, einen Branchentarifvertrag auf einem Einkommensniveau abzuschließen, das etwa 5 Prozent unter dem des DB-Konzerns liegt. Dieses Angebot erneuerte die Bahn am Dienstag. Die privaten Bahnkonkurrenten bieten einen Branchentarifvertrag, dessen Entgeltniveau 10 Prozent unter dem der DB liegt.
Die Gewerkschaften sehen sich nach den gestrigen Streiks gestärkt. "Die Eisenbahner haben deutlich gemacht, dass sie Lohn- und Sozialdumping auf der Schiene verhindern wollen", sagte Transnetchef Alexander Kirchner. "Wir hoffen, dass die Arbeitgeber die Signale verstanden haben." Sollte dies nicht der Fall sein, würden die Aktionen fortgesetzt. Bei ihrer Streikstrategie kommt den Gewerkschaften zugute, dass Züge - auch der privaten DB-Konkurrenten - nicht fahren können, wenn Stellwerke und Leitstellen der Bahn unbesetzt sind.
Die ersten Arbeitsniederlegungen hatte es nach Transnet-Angaben schon in der Nacht zum Dienstag gegeben. In Dortmund, Düsseldorf, Essen, Münster und später auch in Köln hätten Beschäftigte vorübergehend die Arbeit ruhen lassen. Daran beteiligt gewesen seien Werkstattmitarbeiter, Service- und Fahrpersonal. Auch Fahrdienstleiter, ohne die im Zugverkehr nichts läuft, hätten mitgemacht.
In Bayern wurden nach Gewerkschaftsangaben zunächst ein Stellwerk und ein S-Bahn-Werk in München bestreikt. Auch Beschäftigte der Arriva-Töchter Regentalbahn in Cham und Zwiesel sowie Alex in Kempten waren im Ausstand, in Nürnberg sei der komplette Verkehr am Hauptbahnhof zum Erliegen gekommen.
Bestreikt wurde am Morgen auch die Veolia-Tochter Bayerische Regiobahn, die Busse für einen Schienenersatzverkehr angemietet hatte, um Zugausfälle zu kompensieren. Schwerpunkt der Streiks in Hessen waren Kassel und Frankfurt am Main. In Berlin-Brandenburg wurden mehrere kleinere Bahnkonkurrenten bestreikt.
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