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Protest gegen Umgang mit Masterstudierenden an der HUUni schmeißt Lehrer raus

Erstmals verwehrt die HU Lehramtsstudierenden aus Berlin den Zugang zum Masterstudiengang. Der ist aber nötig, damit die Studis Lehrer werden können. Studierendenvertreter spricht von "absurder" Situation.

Berlin hat zu wenig Lehrer. Doch statt das Lehramtsstudium zu fördern, wird es dem Nachwuchs schwerer gemacht, einen Abschluss zu erlangen. Nun wurde an der Humboldt-Universität (HU) erstmals Berliner Studierenden ein Master-of-Education-Studiengang verwehrt. Die Krux an der Sache: Um Lehrer zu werden, brauchen die Studierenden diesen dem Staatsexamen vergleichbaren Abschluss.

Gabriella, 25, und Miriam, 27, sind zwei der 14 Lehramtsstudierenden im Fachbereich Geschichte, die im Wintersemester nicht zugelassen wurden - obwohl beide an der HU ihren Bachelor gemacht haben. Denn mit ihrem Abschluss der Note 2 sind sie nicht gut genug für den Aufbaustudiengang. "Zu Anfang unseres Studiums wurde uns von der Studienberatung ein Masterplatz zugesichert", berichtet Gabriella, die ihren vollen Namen nicht in der Zeitung lesen will. "Im letzten Jahr wurden noch alle Bewerber genommen." Die beiden ablehnten jungen Frauen wollen gegen die Uni klagen.

Bachelor und Master

Auf der Kultusministerkonferenz 2003 wurde der Bachelor als Regelabschluss festgesetzt. Die Mehrzahl der Studierenden soll demnach schon nach dem ersten Abschluss in den Beruf übergehen. Die wenigsten aber wollen das, da sie befürchten, für den Arbeitsmarkt zu schlecht ausgebildet zu sein. Schätzungen zufolge streben etwa zwei Drittel der Bachelorstudenten den Aufbaustudiengang an.

Seit fünf Jahren gilt die Bachelor-Master-Struktur, festgelegt durch die Kultusministerkonferenz (KMK), auch für den Lehramtsstudiengang. Um als Lehrer eingestellt werden zu können, ist der Master of Education erforderlich. Bei gleicher Studiendauer wie beim früheren Magister stellt er für die Studierenden also eine zusätzliche Hürde dar.

Laut HU-Vizepräsident Uwe Nagel handelt es sich um ein finanzielles Problem. In den vergangen Jahren gab es deutlich weniger Bachelor-Absolventen, die in den Master-Studiengang wechselten, so Nagel - schlicht, weil die Abschlüsse erst vor Kurzem eingeführt wurden. Inzwischen sei der Andrang groß, mehr Geld gebe es aber nicht. Für 50 Prozent der Bachelor-Absolventen bekommt die Uni Geld, damit sie ihnen Master-Studienplätze zur Verfügung stellt. "Wir nehmen aber trotzdem 80 Prozent auf. Das geht natürlich auf Kosten der Lehrqualität."

Der Freien Universität (FU) ist es auch in diesem Jahr gelungen, die "überdurchschnittlich" vielen Bewerber unterzubringen, erklärte Sprecher Goran Krstin. "Wir hoffen, dies auch in Zukunft so handhaben zu können."

Ist das Problem der Bachelor-Master-Übergänge also ein hausgemachtes der HU? Ja und nein. Dass Lehramts-Studierenden ein Aufbaustudienplatz verweigert wird, ist in Berlin bisher nur an der HU geschehen. Dass nicht für jeden Bachelorstudenten ein Masterplatz vorhanden ist, kommt häufiger vor. "Es gibt zu wenig Masterplätze für Bachelorabsolventen", konstatiert Gerrit Aust. "Politisch ist das vermutlich auch so gewollt. Der Master ist nur für die Elite gedacht." Aust kümmert sich beim HU-ReferentInnenrat um Hochschulpolitik und berät Miriam und Gabriella bei ihrer Klage. Ihren Fall nennt er "völlig absurd".

In anderen Studiengängen sei die Quote derer, die abgewiesen werden, allerdings noch bedeutend höher, so Aust - für sie ist der Master aber auch nicht zwingend erforderlich. Viele müssten deshalb zwischen Bachelor und Master die Universität oder sogar die Stadt wechseln.

Aust schätzt, dass das Problem noch größer wird. Absolventen, die keinen Masterplatz bekommen haben, versuchen es im nächsten Jahr wieder. Generell werden die Studierendenzahlen in der Bundesrepublik bis 2014 um bis zu 35 Prozent im Vergleich zu 2005 steigen, prognostiziert die Kultusministerkonferenz. Verantwortlich dafür sind die doppelten Abiturjahrgänge durch die Verkürzung der Schulzeit an Gymnasien und die Abschaffung der Wehrpflicht. "Mehr Masterplätze stehen aber nicht zur Verfügung", so Aust.

Zumindest für den Bereich Lehramt soll sich dies ändern. Bis 2014 sollen die 850 Lehramtsplätze auf 1.000 aufgestockt werden, verspricht der Christian Walther, Sprecher von Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD). Die allgemein hohe Zahl der Ablehnungen bei Masterstudiengängen erklärt Walther durch die Attraktivität Berlins. Viele Studenten, die ihren ersten Abschluss an einer kleineren Uni gemacht haben, wollen zum Master in die Großstadt wechseln.

Gabriella und Miriam legen eine Zwangspause ein. Durch die Ablehnung verlieren sie ihren Studentenstatus und damit die Bafög-Unterstützung. "Wir müssen uns mit Nebenjobs über Wasser halten." In einem Jahr wollen sie es erneut versuchen.

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2 Kommentare

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  • M
    Mark85

    Der berufsqualifizierende Bachelorabschluss, da muss man wieder mal lachen.

    Eine Frechheit ist es, einen wertlosen Abschluss (Bachelor/Lehramt) anzubieten, um dann gezwungenermaßen Leute der Hochschule mittels "Abschluss" zu exmatrikulieren.

     

    Das ist eine Verschwendung von Steuergeldern. Schlechte bzw. ungeeignete Studenten gehören rausgeprüft (in den ersten Semestern, so schnell wie möglich) und nicht mittels Bachelor verabschiedet.

     

    Einfach Unsinn...

  • H
    hitzefrei

    "Zu Anfang ihres Studiums wurde ihnen von der Studienberatung ein Studienplatz zugesichert" meinen die Studentinnen.

     

    Nun, ich bin selber Studienberater (nicht in Berlin). In dieser Funktion hat man zunächst mal dafür Sorge zu tragen, dass man Studierenden klarmacht, dass rechtsverbindliche Auskünfte nur durch befugte Stellen erteilt werden können. Die Studienberatung kann niemals einen Studienplatz zusichern, v.a. dann nicht, wenn Studienordnungen in schöner Regelmäßigkeit überarbeitet werden und auch aus dem Grund nicht, weil die Immatrikulationsämter hierfür nun mal genuin zuständig sind. Die Studienberatung kann nur assistieren, etwa indem sie Hilfe bei der Auslegung von Studien- und Prüfungsordnungen gibt. Eine Studienordnung, die formuliert, dass jeder B.A.-Absolvent der Hochschule einen M.A.-Studienplatz bekommt, dürfte einer rechtlichen Prüfung kaum standhalten.

     

    Wenn die Studienberatung den Studierenden dies nicht deutlich gesagt hat, dann ist sie falsch besetzt. Wenn die Studierenden hingegen gerne mal was falsch verstehen, um hernach Verantwortlichkeit abzuwälzen, dann haben sie selbst schuld.

     

    Unabhängig davon ist es meine persönliche Meinung, dass Hochschulen, die keine Studiengebühren erheben, durchaus in Grenzen eine Notenhürde bei der Zulassung einführen können. Aus eigener leidvoller Erfahrung weiß ich, dass nur eine Minderheit der Studierenden an den Massen-Unis wirklich willens und geeignet ist, einen guten Abschluss zu erwerben. Die unmotivierte Mehrheit wird mit schlechten Noten durchgebracht, mit immensem personellen und organisatorischem Aufwand, der dann für diejenigen fehlt, die kapiert haben, dass das Studium nicht Pflichtveranstaltung, sondern eigenverantwortliche Weiterbildung ist - und dass der Erfolg des Studiums nicht zuletzt von der eigenen geistigen "Opferbereitschaft" abhängt.