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VBB kritisiert S-BahnVerspätung hat Tradition

Der VBB fordert angesichts des Winterchaos bei der S-Bahn mehr Qualität und Kundenorientierung bei der Deutschen Bahn. Züge drastisch verspätet.

Kommt auch mal vor: einfahrender S-Bahn-Zug Bild: Archiv

Er könnte schadenfroh sein, doch zum Lachen ist VBB-Chef Hans-Werner Franz derzeit nicht zumute: Lediglich 377 S-Bahn-Züge waren am Freitagmorgen um sieben Uhr unterwegs - ein Drittel weniger als bei Normalbetrieb. Neun Züge standen zur Reserve bereit, ebenfalls viel zu wenig. Die S-Bahn kämpfte bereits im vergangenen Jahr mit der kalten Witterung. Franz, Geschäftsführer beim Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB), hatte daher vor Wochen vor einem Chaos auch in diesem Winter gewarnt. Von der S-Bahn wurde er dafür als Panikmacher beschimpft. "Entschuldigt hat sich bis jetzt keiner."

Wichtiger wären laut Franz ohnehin substanzielle Änderungen im Selbstverständnis des Mutterkonzerns Deutsche Bahn (DB). "Klasse statt Kasse", fordert der VBB-Chef und bestärkt seine Forderung, dass die DB weg vom Börsenziel und hin zu Stabilität und Pünktlichkeit müsse.

Die S-Bahn-Krise, die nach Ansicht des VBB Jahre vor dem ersten Radbruch vor eineinhalb Jahren begann, sei nie richtig aufgearbeitet worden. "Es hat auch eine notwendige Reaktion der Bundesregierung gefehlt." Die Bahn gebe Gelder für Wartung und Personal bei ihrer Tochter S-Bahn nur zögerlich heraus, anstatt aufzustocken und Mängel zu beheben.

Die Folgen sind täglich zu sehen: Die Züge sind kürzer, sie sind verspätet oder kommen gar nicht. Am Mittwoch etwa waren 53 Prozent aller S-Bahnen unpünktlich. Es komme derzeit zu "substanziellen Einschränkungen", bilanzierte Franz. Seiner Einschätzung nach fuhr die S-Bahn in diesem Jahr nur zu 79 Prozent pünktlich. Das sei der bisherige Tiefstand. In den 14 Tagen nach dem ersten Schneefall vom 2. Dezember kamen nach VBB-Angaben 8.400 Züge verspätet und 5.900 fielen komplett aus. Deswegen war S-Bahn-Chef Peter Buchner am Donnerstag zum dritten Mal von Verkehrssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) abgemahnt worden. Buchner entschuldigte sich am Freitag öffentlich für die "nicht zufriedenstellende Situation".

Franz geht davon aus, dass Kunden weitere Entschädigungen erhalten. Die Fahrpreiserhöhung im Januar verteidigte er indes, sie sei im Sommer beschlossen worden, die Automaten seien umgerüstet. Außerdem seien 42 Unternehmen im VBB organisiert und nicht nur die S-Bahn.

Trotz aller Querelen hofft Franz, dass das Eisenbahnbundesamt die Zulassung für die S-Bahn verlängert. Die Behörde will sich bis zum Jahresende äußern. "Ansonsten hätten wir ein echtes Problem in Berlin." Auf die Frage, ob das Land der S-Bahn nicht einfach kündigen sollte, wich Franz aus. Gesetzlich sei das möglich, praktisch kaum umsetzbar. Realistischer sei, die Infrastruktur vom Betrieb zu trennen und diesen dem Wettbewerb zu öffnen.

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2 Kommentare

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  • DE
    Der Esel

    Ich kann mich meinem Vorredner nur anschliessen wobei ich in meinen Forderungen sogar soweit gehen würde das sowohl die Verkehrssenatorin als auch jeder Verantwortliche bei der S-Bahn und DB sofort entlassen gehört bzw. fairerweise seinen Rücktritt mit völligem Verzicht auf weiter Zahlungen einreichen sollte!!! Zudem sollte die S-Bahn sowie die DB schnellstmöglich enteignet und wieder zu Volkseigentum gemacht werden... wer was dagegen hat... 80 Millionen Steuerzahler wohl kaum aber vielleicht 3 Wirtschaftsbosse.... ähm soviel dazu!!!!

     

    Es ist ein Skandal der seinesgleichen sucht (übrigens sollte man sich in diesem Zusammenhang auch genau mit dem Besitzer - nicht Betreiber- der BVG ähnlich verfahren.

     

    Mir fällt nur noch ein Satz ein: "Schämt euch!!!!"

  • TR
    Thomas Roschke

    Es ist ein Skandal und furchtbar traurig. Die Tatsache, dass der S-Bahn-Chef Weihnachtskalender verteilt, zeigt wohl recht deutlich, dass er ( und mit ihm sein Managemant ) die Situation nicht mehr realistisch einzuschätzen vermögen. Ein derart vertragsbrüchiges Unternehmen verschenkt Weihnachtskalender.... Ja geht's denn noch ?

    Wenn er ( und das gesamte Management ) sich entschuldigen wollen, dann gäbe es nur die eine Möglichkeit, nämlich in größtmöglicher Offenheit und größtmöglicher Öffentlichkeit die eigenen Fehler zu analysieren und dabei auch gründlich mit dem Blödsinn dieses Börsenganges der DB in's Gericht zu gehen. Ein anschaulichereres Beispiel kann man sich ja gar nicht vorstellen. Ein ehrliches Eingeständnis, dass es so nicht geht, dass das Betriebsziel nicht der Gewinn sein kann, dass es ein Betrug am Steuerzahler ist, die Bereiche, die zumindest zeitweilig Gewinne abwerfen können,auszukoppeln damit Investoren damit Gewinne scheffeln und den normalen Bürger, der sich keine Aktien leisten kann, die nicht profitablen Bereiche mit seinen Steuergeldern subventionieren lassen, während er selbst für sein Fahrgeld nur noch einen Bruchteil der vertraglich vereinbarten Leistungen erhält.

     

    Und wenn das mal richtig klargestellt ist, könnte er und die anderen Verantwortlichen seine beträchtlichen Talente in der Freizeit uns allen zur Verfügung stellen, indem er Weichen schneefrei macht und ggf. Schnee schippen geht.

    Dann hätte er meinen Respekt.

     

    Und vom Berliner Senat erwarte ich ebenfalls eine Entschuldigúngsleistung. Sie ist der Vertragspartner und sie hätte uns Steuern- und Fahrpreiszahlern vor fortgesetzten Vertragsbruch schützen müssen und dies bereits seit Jahren !

     

    Vorschlag: Bis auf weiteres fahren Frau Junge-Reyer, und ihre Kollegen Senatoren der anderen Ressorts und natürlich auch unser Regierender Bürgermeister mit der S-Bahn zum Roten Rathaus. Da können sie sich das Elend am S-Bahnhof Alexanderplatz gleich direkt ansehen und der Fuhrpark des Berliner Senats und Abgeordnetenhauses bedient Schulkinder, die auf die S-Bahn angewiesen sind und in den Früh- und Spätabendstunden Schichtarbeiter, deren Fahrzeiten sich teilweise verdoppelt- bis verdreifacht haben.

    Ich selbst habe an beiden Weihnachtsfeiertagen Dienst und lasse mich gern von meinem S-Bahnhof abholen.

     

    Dies wäre eine Geste meiner Landesregierung die mir zeigen würde, dass auch sie versucht, den Ernst der Lage zu verstehen und vielleicht handeln sie dann eine Entschädigung aus, die den Namen auch verdient und kommen bzgl. Börsengang DB zu der Schlussfolgerung, zu der die überwältigende Mehrheit schon vor langer Zeit gekommen ist. Schluss damit !