die wahrheit: Nieder mit den weihnachtlichen Versuchungen!
Woher kennt der britische diätische Verband (BDA) meine Weihnachtsessgewohnheiten? Seit Anfang Dezember ...
... bekomme ich täglich eine Mahnung, was ich über die Feiertage zu tun und zu lassen habe. Ich möge doch am Weihnachtstag nicht wieder 6.000 Kalorien zu mir nehmen, stand in der ersten Mail.
Wenn ich zur Arbeit gehe, soll ich mir festliches Obst, nämlich Satsumas, einpacken, damit ich nicht die Weihnachtskekse der Kollegen essen muss. Was ist denn an der japanischen Zitrusfrucht festlich? Da verbreiten ja Mohrrüben, die Lieblingsspeise von Rentier Rudolf, mehr Weihnachtsstimmung. Im Supermarkt müsse ich unbedingt die "Gänge der Versuchung" meiden. Soll ich mich etwa beim versuchungsfreien Kloreiniger herumdrücken? Und wenn am Weihnachtstag der Truthahn aufgetischt wird, soll ich die Haut ablösen und wegschmeißen. Und den Rest der Pute am besten auch.
Die Diätisten raten mir von einer Mäusepastete ("Mice Pie") ab. Die pflege ich zu Weihnachten ohnehin nicht zu mir zu nehmen. Oder handelt es sich um einen Druckfehler, und die Schmalhänse meinen "Mince Pie", ein furchtbar süßes Weihnachtsgebäck, das auch nicht besser schmeckt als mit Maus gefüllte Pasteten? Was die Pralinen betrifft: Nur eine Schachtel öffnen, und nicht wieder fünf gleichzeitig, wie voriges Jahr.
"Und jetzt zu deinen Trinkgewohnheiten", heißt es bedrohlich in der nächsten Mail. Wer hat da geplaudert? Hände weg von Cocktails, werde ich mit erhobenem Zeigefinger gewarnt. Jedes zweite Getränk sollte ein Glas Wasser sein. Und wenn schon Schnaps, dann bitte in gasthausüblichen Maßeinheiten. Ich werde mir einen geeichten Messbecher zulegen müssen.
Wie zum Hohn rät Sian Porter, der Sprecher der BDA, zum Schluss: "Weihnachten sollte eine Zeit der festlichen Freude und des besonderen Essens sein. Du musst kein schlechtes Gewissen wegen der gelegentlichen Leckereien haben." Zu spät, Sian, ich höre den toten Truthahn rufen: "6.000 Kalorien."
Porter kennt seine Pappenheimer. "Der Januar signalisiert einen landesweiten Diätrausch", schreibt er mir und warnt mich vor den zwielichtigsten Diäten. Die Blutgruppendiät zum Beispiel. Wer Blutgruppe A habe, müsse Milchprodukte meiden. Bei Blutgruppe B solle die Diät hingegen eher aus Milchprodukten bestehen. Und AB? Eine Mischung aus beiden. Aha. Man soll Milchprodukte meiden und sich stattdessen vorwiegend von Milchprodukten ernähren.
Wenig ratsam sei auch die von der Schauspielerin Jennifer Aniston favorisierte Diät: Sie isst täglich 14 Gläschen Babynahrung. Sie sollte langsam erwachsen werden. Sozial völlig unverträglich ist die Kohlsuppendiät von Buffy, der Vampir-Killerin. Bei den Ausdünstungen fallen nicht nur Vampire tot um. Porter hat aber auch ein paar tröstliche Worte. Es lohne sich nicht, der Idealfigur nachzustreben, findet er. Die Prominentenfotos seien ohnehin retuschiert. Danke, Sian, warum nicht gleich so? Her mit dem Bildbearbeitungsprogramm, dem Fässchen Wein und dem Truthahn. Aber mit Haut.
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