Kältehilfe via Facebook: Das Netz für Obdachlose
Eine private Initiative richtet im Wedding eine Übernachtungsmöglichkeit ein - die sich über Facebook organisiert.
Es fing alles mit einer obdachlosen Frau an, die Dominic Grasshoff eines Abends fragte, ob sie mit ihm nach Hause kommen könne. Es sei ihr zu kalt draußen gewesen, erzählt der Medienmann Grasshoff. Er habe bei dem Gedanken, die wildfremde Frau in seine Wohnung zu lassen, ein mulmiges Gefühl gehabt - wegen seines Videobeamers und der vertraulichen Unterlagen eines Mitbewohners, der in der Finanzbranche arbeitet. Der Frau wollte er trotzdem helfen. Er ließ sie im Treppenflur schlafen und machte ihr warmen Tee. Als die Frau am nächsten Morgen wieder verschwunden war, quälte Grasshoff das schlechte Gewissen. "Ich wollte einfach mehr helfen. Den Menschen etwas zurückgeben", sagt er. Deswegen hat er auf Facebook den Verein "Wärme mit Herz" gegründet.
Zunächst meldeten sich nur Freunde von Freunden von ihm auf dem Onlinenetzwerk. Inzwischen gefällt knapp 900 Nutzern seine Initiative - und aus der reinen Onlineaktion ist ein reales Hilfsangebot geworden. Kurz vor Weihnachten hat Grasshoff eine 4-Zimmer-Wohnung im Wedding angemietet: Hier bekommen Obdachlose eine warme Unterkunft und eine kleine Auswahl warmer Kleidung.
Serhan ist der erste Gast der neuen Wärmestube, den Grasshoff und seine Helfer auf Berlins Straßen gefunden haben. "Wir haben mit Serhan absolutes Glück gehabt", so Grasshoff. "Er trinkt nicht, nimmt keine Drogen und ernährt sich vegan."
Die Lage für Obdachlose in Berlin sei katastrophal, erklärt Grasshoff: "Es fehlen in Berlin mindestens 150 Schlafplätze. Und wenn man den Kältebus oder das Rote Kreuz versucht zu erreichen, kommt man oft nicht durch." Laut der Berliner Kältehilfe leben in Berlin bis zu 4.000 Menschen auf der Straße - für sie gibt es aber nur 320 bis 370 Übernachtungsplätze in 14 Notübernachtungseinrichtungen. Hinzu kommen 17 Nachtcafés.
Die Wohnung, die der Verein angemietet hat, soll bis Ende März Abhilfe schaffen. Grasshoff weiß, dass dies nur ein Tropfen auf dem heißen Stein ist. Er will eine große Halle organisieren, in der man viel mehr Menschen helfen kann. Und auch im Sommer will er mit einer Suppenküche weitermachen.
Doch jetzt muss erst die Basis für die Obdachlosenhilfe geschaffen werden: Viele Sachspenden würden gesucht. Nicht nur warme Kleidung für die Bedürftigen, sondern auch ein Herd zum Kochen und Computer für die Buchhaltung. Zudem will Grasshoff Vereinsmitglieder auftreiben, die sich um feste Themenbereiche kümmern wie medizinische Versorgung und psychologische Betreuung.
"Vor allem kostet die Obdachlosenhilfe Geld", sagt Grasshoff. "Noch zahle ich die Miete für die Wohnung aus der eigenen Tasche. Aber lange kann ich mir das nicht mehr leisten." Deswegen organisieren er und seine Mitstreiter am 28. Januar eine Charity-Party im Asphalt Club im Hilton Hotel. Der Techno-Veteran Dr. Motte und viele andere Künstler sollen mit dabei sein, erzählt Grasshoff.
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