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Hartz IV-ReformFDP trägt Mindestlohn für Zeitarbeit mit

Von der Leyen ist kompromissbereit: sie bietet beim Streit um die Hartz IV-Reform einen Mindestlohn für die Zeitarbeitsbranche an. Angeblich gibt es von der FDP keinen Widerspruch.

Noch ist die Hartz IV-Reform nicht vom Eis. Bild: dpa

BERLIN taz | Die schwarz-gelbe Regierung bietet in dem Ringen um einen Kompromiss bei der Hartz-IV-Reform einen Mindestlohn für die Zeitarbeitsbranche an. Dazu erklärten sich sowohl Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) als auch CSU-Chef Horst Seehofer am Freitag bereit. Auf den Widerstand des Koalitionspartners FDP angesprochen, sagte von der Leyen: "Wir fahren innerhalb der Bundesregierung eine gemeinsame Linie." Aus der FDP-Spitze äußerte sich dazu bis Redaktionsschluss niemand. Die Partei war bisher strikt gegen einen solchen Mindestlohn.

Unversöhnliche Fronten

Die Zeitarbeitsbranche sei reif dafür, damit nach der Arbeitnehmerfreizügigkeit für die EU-Beitrittsstaaten ab 1. Mai 2011 keine Dumpinglöhne importiert würden, argumentierte von der Leyen. "Das ist notwendig, dass wir hier eine Lohnuntergrenze einziehen", sagte auch Bayerns Ministerpräsident Seehofer.

Gestern tagte zum ersten Mal im neuen Jahr die Arbeitsgruppe mit Vertretern aus Bund und Ländern, die einen Kompromiss bei der Hartz-IV-Reform verhandeln soll. Ein Ergebnis stand bis zum Abend nicht fest. Vom Mindestlohn abgesehen, standen die Positionen von Regierung und Opposition weiter gegeneinander.

Während von der Leyen lediglich anbietet, das Bildungspaket auf Kinder von Wohngeldbeziehern auszuweiten, reicht dies SPD, Grünen und Linkspartei nicht. Mecklenburg-Vorpommerns Sozialministerin Manuela Schwesig und Grünen-Fraktionsvize Fritz Kuhn, die für SPD und Grüne verhandeln, bekräftigten vor Beginn der Sitzung ihre Forderung nach Sozialarbeitern für Schulen. "Auch eine Tabuisierung der Regelsätze kommt nicht infrage", sagte Kuhn.

Mit der Hartz-IV-Reform sollte der Regelsatz für erwachsene Hartz-IV-Bezieher schon zum 1. Januar um fünf auf 364 Euro steigen. Zudem plant von der Leyen ein Bildungspaket zugunsten von Kindern aus armen Familien - es enthält etwa Zuschüsse für Schulmittagessen und Nachhilfe oder Vereinsbeiträge. SPD und Grüne fordern, das Geld aus diesem Paket direkt an die Kommunen und nicht wie geplant an die Jobcenter zu geben. "Kinder sind keine kleinen Arbeitslosen", sagte Schwesig.

Strittig ist weiterhin auch die Art und Weise der Berechnung der Regelsätze. SPD und Grüne fordern neue, transparente Berechnungen. Dazu sagte von der Leyen: "Ich erwarte jetzt von der Opposition eine konkrete Gegenrechnung - nicht immer nur den Satz: Das reicht nicht."

Die Linkspartei war am Freitag erstmals mit der parlamentarischen Geschäftsführerin Dagmar Enkelmann in der Arbeitsgruppe vertreten. Sie fordert eine Erhöhung der Hartz-Sätze auf mindestens 420 Euro.

Die Hartz-IV-Reform war Ende Dezember im Bundesrat gescheitert, jetzt tagt der Vermittlungsausschuss. Alle Beteiligten rechneten am Freitag mit zähen Verhandlungen. Wahrscheinlich sei noch eine neue Runde nötig, hieß es aus der SPD-Fraktion.

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7 Kommentare

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  • HM
    Hartwig Marx

    @Marko: 7.30 Euro? Wenn Du möchtest, dann setze Dich bezugnehmend auf diesen Kommentar mit mir in Verbindung. Vielleicht habe ich die Möglichkeit Dir über (m)ein Netzwerk "Anständiger Arbeitgeber" einen "anständig bezahlten Job" zu beschaffen.

    Hartwig Marx | Geschäftsführender Gesellschafter der Marx Automation GmbH Düren | www.marxautomation.de

  • M
    marko

    Ich arbeite in einer der größten deutschen Zeitarbeitsfirma und bekomme 7,30 euro. Ich habe zwei Kinder und weiß nicht wie ich jeden Monat klar kommen soll. Ich bin gelernter Facharbeiter aber das zählt hier nicht. In der Firma wo ich arbeite kümmert es keinen, denn die Stammbelegschaft hat selber Angst durch Leiharbeiter ausgetauscht zu werden. So viel zum Aufschwung wo bei uns nichts hängen bleibt und wir große Angst um unsere Zukunft und die Zukunft unserer Kinder haben müssen. Gerecht ist was anderes.

  • HM
    Hartwig Marx

    Wir zahlen freiwillig 9,50 Euro Mindestlohn!

     

    Eine Schande, wenn Unternehmen Menschen zu Armutslöhnen beschäftigen. Wer unter 9,47 Euro verdient, dem droht auch im Alter Armut! Wie erklären Sie einem einfachen MENSCHEN (Deutschland besteht nicht nur aus Dichtern und Denkern), der arbeiten will und kann, dass er mit seiner Arbeit weder sich selbst, geschweige denn jemals (s)eine Familie ernähren kann?

     

    Nachdem es mit der Politik etwas länger dauert und die Gewerkschaften beim Thema "Mindestlohn" erst spät gestartet sind, befinde ich mich in der glücklichen Lage Unternehmer zu sein und etwas "unternehmen" zu können. Ich kann mir zwar (noch) keinen Lobbyisten leisten, der in Berlin dafür sorgt, dass der Mindestlohn steigt, aber: Ich konnte mir als Mensch ein Stück Anstand leisten: Ich zahle den bei mir in der Arbeitnehmerüberlassung / Leiharbeit / Zeitarbeit beschäftigten (ungelernten) Helfern schon immer freiwillig einen Mindestlohn in Höhe von 9,50 Euro, liege generell meistens 2 Euro über den in der Zeitarbeit geltenden Tarifen und habe beste Erfahrungen damit gemacht.

     

    Volker Pisper, einer der bekanntesten Kabarettisten Deutschlands, hat es einmal so ausgedrückt:“[…]Mindestlohn hat nichts mit Ökonomie zu tun, sondern mit den letzten Resten menschlichen Anstands in einer Überflussgesellschaft. [...]Entweder Sie sind für den Mindestlohn oder Sie sind ein Arschloch! Und wenn Sie dann noch behaupten, dass Mindestlöhne Arbeitsplätze kosten würden, dann sind sie sogar ein dummes Arschloch!“

     

    Zusätzlich zu unserer Initiative „100 neue Jobs für Düren“ gründen wir gerade die IGAA, eine Initiative gegen Armutslöhne und Altersarmut. Die IGAA wird ein „Bündnis anständiger Zeitarbeitgeber“ sein, welche ihre „anständig bezahlten Zeitarbeitnehmer“ nur an „anständig zahlende Kunden“ vermitteln!

     

    Am 05.10.2010 hat das ansonsten äußerst kritische ZDF-Magazin Frontal21 über unsere Firma berichtet.

     

    Hartwig Marx | Geschäftsführender Gesellschafter der Marx Automation GmbH Düren | www.marxautomation.de

  • W
    Wolfgrau

    Noch ist nichts entschieden.

    Wahlen stehen vor der Tür.

    Für Zeitarbeit ein Mindestlohn von 10.50-€ für Querseinsteiger (Ungelernt, jedoch mit Berufsabschluß), für Facharbeiter 15.- €

    Hilfarbeiter 8,50 €

     

    Die Machenschaften der Zeitarbeitsfirmen ist kriminell.

  • A
    Amos

    Die 5-€ soll sich die von der Leyen auch noch in den Allerwertesten stecken. Denn wer kann schon von ihr verlangen,dass sie Millionäre, Milliardäre und Zocker "anpumpt". Geht es um die Diäten ist man sich sofort einig. Geht es aber um die "Moorsoldaten", dann feilschen die Leute mit den "schmutzigen Händen" wie die Marktweiber.

  • E
    Ernst

    Warum sollte die FDP auch dagegen sein? Muss doch nicht in die Ideologie passen, sonder nur nicht zu Protesten von Seiten der Klientel führen. Und wenn sogar die Zeitarbeitsfirmen selbst dies fordern - aus Angst vor osteuropäischer Konkurrenz - dann spricht doch auch von FDP-Seite plötzlich alles dafür...

  • FF
    Fritz Flaig

    Es wird Zeit das die Regierung auch etwas für die klein Verdiener etwas macht und uns nicht verhungern lässt.

    Es gibt noch zuviel schwarze schafe unter den Zeitarbeitsfirmen die man mit einem Mindeslohn dazu bringt die Mitarbeiter wie Menschen bezahlt nicht wie Sklaven.

    Um in Deutschland normal zu leben sollte der Mindeslohn min 10,00 Euro betragen.

    Damit wird ja auch die Wirtschaft mit angegurbelt.