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die taz vor 10 Jahren über das schwierige verhältnis von SPD und PDS

In ihrem derzeitigen Umgang mit der PDS erinnert die SPD an einen ehemaligen Alkoholiker, der mit seinem Rückfall kämpft. Nach Jahren klarer Abstinenz ist sie sich ihrer selbst nicht sicher. Ihr flattern die Nerven, sie ist hin- und hergerissen, wenn die Flasche Namens PDS vor ihr steht. Nun haben die Post-DDR-Sozialisten an sich weiß Gott nichts Betörendes, sie sind vielmehr Mittel zum Rausch, und der heißt Macht. Seit Mannheim ist die SPD berauscht, seitdem hat sie wieder eine Perspektive, und die lautet Mehrheit diesseits der CDU. Vorbei das Gerede vom Vertrauen auf die eigene Kraft, das in Anbetracht der tatsächlichen Stärke nichts weiter war als Autosuggestion und Quelle flügelübergreifender Depression. Nicht ohne, sondern im Rausch sieht die Partei nun wieder klarer, hat sie ein Ziel vor Augen.

Der Umgang mit der PDS bleibt nicht ohne Nebenwirkungen. Er geht an die Substanz der Partei, die sich auf ihre Geschichte und Moral immer viel eingebildet hat. Deshalb verfällt sie in Selbstbetrug, greift zur Notlüge. Man müsse die PDS in die Regierungsverantwortung bringen, um deren Unvermögen vor dem Wähler zu entlarven und sie solchermaßen entscheidend zu schwächen, wird nun wieder wohlfeil argumentiert. Doch eine Mehrheit links von Kohl, die darauf angelegt ist, sich eines Teiles ihrer selbst zu entledigen – wer sollte einer solchen Koalitions- oder Tolerierungsregierung seine Stimme geben? Als die SPD sich im Osten noch im Aufwind befand, war sie nicht in der Lage, die seinerzeit noch fragile PDS zu destabilisieren. Nun, da sie schwindsüchtig ist und die PDS als politischen Zusammenschluß des ostdeutschen Milieus reüssiert, gleicht ihr Getöne einem Schwanz, der mit dem Hund wedeln will. Die SPD kommt aus dem Dilemma nicht heraus: Eine wie auch immer geartete Beteiligung der PDS an einer linken Regierung wird sie aufwerten, ihr Einflußsphären eröffnen, die ihr Parteileben vitalisieren. Dieter Rulff, 24. 11. 1995

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