Neue Pläne für Bewegungssteuerung: Kinect-Gezappel auf allen Kanälen
Die neue Bewegungssteuerung für die Spielkonsole Xbox erfreut sich nicht nur unter Spielern großer Beliebtheit. Auch Programmierer sind von Kinect angetan.
Aus Microsofts Plänen, die neuartige Bewegungssteuerung Kinect ausschließlich für die eigene Spielkonsole Xbox zu verwenden, wird nichts. Schon kurz nach dem Verkaufsstart im November 2010 entschlüsselten Hacker die per USB an jeden PC anschließbare Kinect-Hardware (aktueller Marktpreis im Internet: rund 125 Euro). Nur wenig später tauchten erste Demo-Anwendungen auf, die zeigten, wie das System über Infrarot funktioniert.
Und die kreativen Umwidmungen gingen weiter. Von der Minority Report“ ähnlichen Steuerung eines PCs über Super Mario im Ganzkörpereinsatz bis hin zum virtuellen Puppenspiel war innerhalb von Wochen alles verfügbar. Open-Source-Fans entwickelten eine offene Schnittstelle, die Kinect nicht nur für PCs, sondern auch für Linux- und Mac-Rechner erschloss. Zwischenzeitlich tauchten sogar die ersten Kinect-Porno-Prototypen auf.
Während Microsoft diese zwar weiterhin zu verhindern versucht, ergibt sich der Softwareriese ansonsten dem Einfluss der übers Internet vernetzten Kinect-Hacker. Firmenboss Steve Ballmer sagte am Ende der Elektronikmesse CES in Las Vegas, sein Unternehmen werde die Technik bald offiziell für den PC freigeben. „Wir machten das auf formellem Wege und zur rechten Zeit.“
Zuvor hatte der Konzern dem Start-up Prime Sense, das hinter der Entwicklung der Kinect-Hardware steckt, die Erlaubnis erteilt, eine offizielle Programmierschnittstelle zu veröffentlichen. Sie hört auf den Namen OpenNI und bietet Zugriff auf die Tiefensensoren von Kinect. Ebenfalls nutzbar sind Teile der umfangreichen Multimedia-Funktionen des Kamerasystems. Damit werden auf der Xbox 360 beispielsweise Live-Spielerfotos erstellt und eine Steuerung der Konsole per Sprache ermöglicht.
Wie Kinect mit Windows-PCs zusammenarbeiten wird, verriet Ballmer noch nicht. Für Firmengründer Bill Gates sind aber bereits Büroanwendungen oder Videokonferenzen denkbar, bei denen Nutzer sich in einen virtuellen Raum „beamen“ können. Microsoft hatte auf der CES zuletzt ein Update für Kinect angekündigt, das in den nächsten Monaten unter anderem eine berührungslose Bedienung für den Videodienst Netflix und eine Chat-Funktion für den Onlinespieledienst Xbox Live bringen soll. Ballmer demonstrierte auf der CES außerdem die Möglichkeit, mit Kinect Gesichtsausdrücke zu erfassen und auf einen Avatar zu übertragen. Ohne Verzögerungen klappt das noch nicht.
Momentan ist die Auflösung der Kamera recht grob - 320 mal 240 Bildpunkte sind selbst bei Tiefensensoren nicht zeitgemäß. Technisch soll eine Erhöhung auf mindestens 640 mal 480 Bildpunkte mit der bestehenden Hardware möglich sein, meinen Experten, sofern Microsoft Probleme bei der Geschwindigkeit der Datenübertragung löse. Der Konzern müsste dazu dann ein Softwareupdate anbieten.
Mit der höheren Auflösung würden gleich mehrere Probleme behoben: So könnte Kinect Handbewegungen besser erfassen, was derzeit noch ein Problem darstellt - Sonys „Move“-Controller kann das besser. Auch der Abstand, der derzeit eingehalten werden muss, um eine saubere Erfassung per Kinect zu garantieren, könnte sich verringern.
Noch schweigt Microsoft zu solchen Plänen. Klar ist nur: Der Konzern hat mit seinem Zubehör viele Interessenten angelockt. Dass er Kinect nun offiziell freigibt, ist lobenswert. Einige Konkurrenten machen das anders. Sony hat seine Playstation 3 bis ins Detail verriegelt - zuletzt wurde die Möglichkeit abgeschafft, das freie Betriebssystem Linux auf dem dafür gut geeigneten Gerät zu installieren.
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