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die wahrheitDer Tee ist sicher

Teerorismus: Unsachgemäß zubereitete Getränke bedrohen jeden!

Wer hat sich denn das nun wieder ausgedacht? Auf der Teeverpackung steht, dass man den Teebeutel mit kochendem Wasser aufzugießen und fünf bis sechs Minuten ziehen zu lassen hätte. Ach nee! Aber wollen wir mal nicht überheblich sein: Schließlich soll der Genuss von Tee Menschen aller Schichten und Bildungsabschlüsse offenstehen. Tee ist ein demokratisches Getränk. Außerdem kann man ja verstehen, dass so eine riesige freie Fläche auf einer Teeverpackung nicht ungestaltet bleiben darf. Da hat ein solcher Text die gleiche Funktion wie die Nebelaufnahmen im Frühprogramm des Bayerischen Rundfunks, unter denen immer "Zugspitze" oder "Kampenwand" steht. Man kann schließlich nicht einfach nichts senden.

Aber weiter im Text, der dramatisch endet mit: "Nur so erhalten Sie ein sicheres Lebensmittel!" Das ist nun in der Tat überraschend. Denn bisher konnte man sich darauf verlassen, dass ernstliche Gefahren für die eigene Sicherheit nur von solchen Lebensmitteln ausgehen, die in der Lage sind, einem auch noch während des Zubereitungsprozesses den Kopf abzubeißen - zum Beispiel eine Deutsche Dogge. Tee hingegen gilt seit Jahrhunderten als das Gegenteil von allem Bösen und Gefährlichen. Man reicht ihn dankbar lächelnden Alten, Schwachen und Kranken, auf dass sie wieder zu Kräften kommen. Tee war das Getränk gewordene Gute an sich. Nun aber hat er die Maske fallen lassen. Auch Tee kann gefährlich sein!

Was war der Anlass für diese Warnung? Sind schon viele Menschen am Genuss von fehlerhaft gebrühtem Tee gestorben? Gibt es Experten? Jemanden, der mit von der Redaktion geändertem Namen Insiderwissen preisgibt?

Die von Tee ausgehende Bedrohung ist bislang noch keiner seriösen Risikoabschätzung unterzogen worden. Und seit Gesine Lötzsch den Kommunismus einführen will, sind wir aktuell mit ganz anderen Abwehrkämpfen beschäftigt, da rückt der Tee schon mal in den Hintergrund. Doch muss die Frage erlaubt sein, wie sich die Sicherheitslage ändert, wenn man den Tee nur drei Minuten ziehen lässt. Kann es sein, dass er dann nicht mehr schmeckt, oder dass er zu riechen beginnt wie die fensterlose Umkleidekabine einer alten Schulsporthalle? Oder dass er sich gar mit Gesine Lötzsch verbündet und ebenfalls den Kommunismus einführen will, wo dann alle in eben dieser Schulsporthalle immer zum Morgenappell antreten müssen?

Vielleicht will man der Sache aber auch nur ein wenig Thrill geben. Man schlürft seinen Rooibos und genießt dabei das wohlige Gefühl einer souverän gebannten Gefahr. Mein Tee ist sicher! Hoffen wir also, dass wir nicht eines Tages ein böse Überraschung erleben.

Hoppla, sechs Minuten sind um. Hurtig den Faden eingerollt und das daran haftende krümelhaltige Papierbeutelchen aus dem inzwischen zwar dunkelviolett eingefärbten, aber dank Einhaltung der Herstellerangaben sicheren Heißwasser gezogen - eine übrigens gerade im Winter bei Anglern beliebte Ersatzhandlung, die eine Frage aufwirft: Liebe Teehersteller, ließe es sich eigentlich machen, dass der Beutel dabei noch ein wenig zuckt und in die Tasse zurückzuspringen versucht?

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5 Kommentare

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  • NQ
    Noel Q. von Schneiffel

    Ich kann den Verdacht des Autors nur bestätigen. Oft verstecken sich kleine Häretiker und Tolkien-Hasser in Teebeuteln. Läßt man den Tee nicht vorschriftsmäßig ziehen, beschimpfen sie einen aus dem Teebeutel heraus und lästern über die Bücher von J.R.R. Tolkien. Dies ist sehr störend und schädigt die Gesundheit (verursacht z.B. Ohrenbluten). Nur durch das Ziehenlassen werden die Häretiker ausreichend schläfrig (wie wir z.B. nach einem heißen Wannenbad), und man kann seinen Tee in Ruhe genießen.

  • NT
    nochmal teeexperte

    Es gab früher Gerüchte, daß an Roibos"tee" Fuchsbandwurm dran sein kann. Deshalb sollte man diesen mit kochend heißem Wasser aufgießen und lange ziehen lassen. Ob das stimmt weiß ich auch nicht, aber Roibos ist ja sowieso kein Tee. Tee bleibt weiterhin demokratisch und völlig sicher, egal wie lange man ihn ziehen läßt.

  • G
    GonZoo

    Und was ist mit der Rente?

     

    Ist die sicher? Oder gehört sie zu den Gefährdern und muß erst überwacht und dann abgeschafft werden? Immerhin, das Geld kann man doch den Banken geben, die wissen, was man am besten damit macht (behalten).

  • TH
    teeexperte h

    Es gibt keinen Roisbostee, genausowenig wie einen Kräutertee. Genauso könnte man Roiboskaffee oder Kräuterkaffee sagen. Nur weil man etwas mit heißem Wasser aufgießt ist es noch lange kein Tee. Tee ist nur was aus der Teepflanze gewonnen wird.

  • IA
    Ihr Arzt oder Apotheker

    Das Risiko arterieller thromboembolischer Ereignisse einschließlich zerebraler Insulte [= " wikipedia Schlaganfall"], Herzinfarkte oder wikipedia transitorischer, ischämischer Attacken [= "Vorboten eines Schlaganfalls"] kann sich verdoppeln (Stand v. August 2008). Zwar bezieht sich der Bericht auf die Anwendung von Kugelfisch-Tee indischer Herkunft bei einer Augenerkrankung („Makuladegeneration“), doch das Paul-Ehrlich-Institut habe auch 19 Verdachtsberichte zu Königscobra-Tee intravitreal in der Esoteriktherapie dokumentiert (Quelle: Schreiben des Sam Lowry vom 7. Januar 2009).