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Warnstreik im öffentlichen DienstGegen "Lehrkräfte zweiter Klasse"

Im Saarland und in Hessen streiken Arbeitnehmer für mehr Entgelt. Die Arbeitgeber verweisen auf klamme Kassen, Ver.di-Chef Bsirske sagt: Dann schickt mehr Steuerprüfer.

"Nicht mit uns": In Saarbrücken forderten Arbeitnehmer mehr Lohn. Bild: dpa

SAARBRÜCKEN taz | "Alles wird teurer - wir auch!" Das war das Motto einer Gruppe von Ver.di-Gewerkschaftern aus den Reihen der Arbeiterwohlfahrt, die mit rund 2.500 anderen Beschäftigten im öffentlichen Dienst an diesem Montag in Saarbrücken mit einem Warnstreik ihren Unmut über die "Blockadepolitik" (Ver.di-Gewerkschaftsboss Frank Bsirske) der Arbeitgeber bei den Tarifverhandlungen demonstrierten.

Die Beschäftigten fordern Entgelterhöhungen für rund zwei Millionen Angestellte und Beamte im öffentlichen Dienst der Länder. Bsirske warf als Hauptredner der Kundgebung den Innenministern der Länder vor, die Tarifgespräche am vergangenen Freitag in Potsdam sabotiert zu haben, in dem sie sich mit der Forderung von Ver.di und Deutschem Beamtenbund (dbb) "noch nicht einmal ansatzweise auseinandergesetzt" und auch kein Angebot vorgelegt hätten.

Die Gewerkschaft will Gehaltserhöhungen im Gesamtvolumen von 5 Prozent durchsetzen. Die Verhandlungsdelegation der Gewerkschaften sei von den Arbeitgebern aufgefordert worden, umgehend neue, sehr viel niedrigere Forderungen zu stellen. "Doch nicht mit uns", rief Bsirske unter dem Beifall der versammelten KollegInnen, zu denen sich auch führende saarländische Politiker aus den Reihen von Linken und SPD gesellt hatten, wie etwa der frühere Ver.di-Chef Saar, der Linksparteivorsitzende Rolf Linsler. Auch in Hessen, wo landesweit verhandelt wird, beteiligten sich nach Gewerkschaftsangaben rund 2.300 Beschäftigte an Warnstreiks.

Bsirske bekräftigte, dass es bei der Forderung nach 50 Euro für alle sofort plus 3 Prozent Lohnerhöhung später und bei der von den Gewerkschaften bisher schon avisierten Tarifvertragslaufzeit von 14 Monaten bleiben werde. Die Gewerkschaft fordert außerdem Tarifverhandlungen zur Einstufung für nicht verbeamtete Lehrerinnen und Lehrer, deren Besoldung von den Ländern bislang "freihändig" (Bsirske) festgelegt worden sei. Zum Teil würden diese "Lehrkräfte zweiter Klasse" im Monat bis zu 800 Euro weniger verdienen als die verbeamteten Beschäftigten. Ver.di und dbb wollen zudem für die Angehörigen bestimmter Risikoberufsgruppen wie etwa Autobahnmeistereibeschäftigte eine Gefahrenzulage von 50 Euro extra im Monat.

Das Argument der Arbeitgeber, dass die Kassen der Länder klamm seien, lässt der Gewerkschaftsvorsitzende nicht gelten. Die Finanzminister der Länder müssten bundesweit nur rund 5.000 neue Steuerfahnder einstellen. Deren Suche nach Steuersündern würde am Ende pro Jahr rund eine Million Euro mehr in die Kassen der Länder "spülen" - "pro Steuerfahnder, versteht sich", meinte Bsirske.

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2 Kommentare

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  • D
    Demokratin

    Na da beisst sich die Katz aber den Schwanz ab.

    Mehr Geld für den öffentlichen Dienst (der ist ja auch sooo furchtbar unterbezahlt-Ironie) und dann auch noch zusätzliche Steuerfahnder einstellen, nee nee. Wer soll das denn wirklich alles bezahlen?! Seid ihr alle so blöd und blauäugig oder wie jetzt?!

    Ach ja, die lieben Steuerzahler, die dürfen wieder herhalten. Und damit meine ich nicht die aus dem öffentl. Dienst. Sondern all die arbeitende Bevölkerung aus der Wirtschaft. Die nämlich wirklich arbeiten müssen. Überstunden ohne Ende machen und die auch nicht mal vollends abbummeln können!

    Ich hatte die Gelegenheit ein Jahr lang den öffentl. Dienst zu beobachten, landkreismässig. Da haben sich tiefe Abgründe aufgetan! Das war erschütternd! Die Einstellungen der Mitarbeiter, der Krankenstand war da enorm! Da vielen Sätze wie "ich mache keine Überstunden". Und um die ach so gestressten Angestellten zu entlasten, wurden sogenannte externe Mitarbeiter eingestellt (ich). Und die wurden auch wiederum mit Steuergeldern bezahlt. Ich musste viele Überstunden leisten, die man seitens der Verwaltung einfach mal so unter den Tisch fallen lassen wollte, und dann sollte ich auch noch zusätzliche Überstunden machen, damit Landkreisangestellte ja keine Ü-stunden verfallen lassen mussten. Von der ganzen Diskriminierung so nebenbei red ich erst gar nicht. Aber Hallo - Beamtenstaat haben wir schon genug. Angestellte im öffentl. Dienst, die eh ihre Überstunden immer abbummeln können, ja sogar wegen dem Tarifvertrag abbummeln müssen, haben wir schon genug in diesem Lande! Es reicht! An die Zukunft denkt anscheinend auch keiner. An die Pensionen und Renten....wer soll das denn dann einmal alles nur bezahlen?? Denkt darüber auch mal eine Gewerkschaft/Politik nach?! Nee, mit Sicherheit nicht...denen geht es doch nur um Macht und Durchsetzung Ihrer Interessen. Was sind wir Deutschen doch nur für ein tolles Volk. Abartig ist das alles, was hier so abgeht. Ob in Politik oder Wirtschaft. Hier geht es nur noch ums ICH. An die Zukunft denkt eh keiner. Frei nach dem Motto...jedem das Seine und mir das Meisste. Klasse...die Quittung wird noch jeder zu spüren bekommen...Wenn auf nicht`s mehr in diesem verlogenen Staate Verlass ist, auf den Untergang ganz gewiss.

    Dieser ganze verlogene Egoismus hier, dieser ganzer korrupierter Staat ist nur noch zum brechen.

  • F
    FAXENDICKE

    Wozu überhaupt Beamte? Und wenn schon dann sollen sie wie alle anderen auch in die Rentenkassen einzahlen bei gleicher Rentenhöhe wie sie Arbeiter und Angestellte auch erhalten.

    Auch hier wurde der Gleichheitsgrundsatz unserer Verfassung nie realisiert und jeder Versuch einer Verfassungsbeschwerde von den Verfassungsrichtern, ebenfalls Beamte, abgeblockt oder zum Nachteil der Rentner und Rentnerinnen entschieden.

    Rechtsstaat und Demokratie geht anders!