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Abhängigkeit von Öl und Gas mindernDänen planen saubere Zukunft

"Unsere Unabhängigkeitserklärung": So nennt Dänemark eine neue Energie-Strategie. Die Stromversorgung soll bis 2050 vollständig aus Erneuerbaren kommen.

Bis 2020 sollen bis zu 62 Prozent auf Windenergie und Biomasse beruhen: Windpark vor der dänischen Nordseeküste. Bild: dpa

STOCKHOLM taz | Das Timing hätte kaum besser sein können. Vor dem Hintergrund kräftig steigender Ölpreise präsentierte die dänische Regierung letzte Woche ihre Strategie, wie das Land seine Abhängigkeit von Öl und Gas weiter mindern soll. "Unsere Unabhängigkeitserklärung" nannte Klima- und Energieministerin Lykke Friis den Plan.

Ganz fossilunabhängig will Dänemark 2050 sein. Was die Regierung jetzt vorlegte, waren die ersten Seiten dieses Drehbuchs, die die Etappe bis 2020 beschreiben. Danach soll in den kommenden zehn Jahren der Anteil fossiler Brennstoffe im Energiesektor um 33 Prozent reduziert und der nachhaltiger Energieproduktion von heute 19 auf 33 Prozent gesteigert werden. Speziell die Stromproduktion soll bis 2020 zu 62 Prozent auf Windenergie und Biomasse beruhen.

Zentral wird ein neuer Offshore-Windkraftpark in der Ostsee - "Kriegers Flak" - werden, der mit 600 Megawatt dreimal so viel Strom produziert wie die derzeit größte dänische Offshore-Anlage "Horns Rev" und der allein 600.000 Haushalte mit Elektrizität versorgen soll. Moderne Windmühlen an Land und neue küstennahe Anlagen sollen die dänische Windkraftproduktion um weitere 900 Megawatt aufstocken. Kohle und Erdgas für Strom und Fernwärme will man verstärkt durch Biomasse und Biogas ersetzen, durch verstärkte Effizienzmaßnahmen soll der gesamte Energieverbrauch des Landes bis 2020 um 6 Prozent sinken.

Umstellung nicht umsonst

Diese Umstellung werde nicht umsonst zu haben sein, erklärten Klimaministerin Friis und Wirtschaftsminister Brian Mikkelsen. Aber eine Verlängerung des fossilen Zeitalters werde die DänInnen noch viel teurer zu stehen kommen. Pro Haushalt drohten inflationsbereinigt bis 2020 allein durch höhere Öl- und Gaspreise Kostensteigerungen von 3.000 Kronen, umgerechnet circa 400 Euro. Die "Unabhängigkeit", deren Finanzierung im Strategieplan vorgerechnet wird, wäre dagegen für Mehrkosten von circa 1.000 Kronen pro Haushalt zu haben.

Auf Strom und Wärme will man eine neue "Versorgungssicherungsabgabe" erheben, die die "grüne Umstellung" finanzieren soll. Der Industrie sollen mögliche Mehrkosten, die man auf circa 80 Euro pro Beschäftigten kalkuliert, durch weniger Steuern und Abgaben ausgeglichen werden.

Für die Volkswirtschaft soll sich die energiepolitische Offensive lohnen. Die Investitionen in die Windkraft würden 10.000 bis 15.000 neue "grüne Arbeitsplätze" schaffen. Und der Wirtschaftsminister erwartet eine Verdreifachung des Wertes beim Export von Energietechnologien, die bisher 8 Milliarden Euro jährlich ausmachen.

Die Linksopposition begrüßte zwar den Energieplan der konservativ-liberalen Regierung, bezeichnete diesen aber als nicht weitgehend genug: Bei diesem Tempo werde es bis 2070 dauern, bevor Dänemark fossilfrei werde. Noah, die dänische Sektion von "Friends of the Earth", fordert statt eines 30-prozentigen ein 40-prozentiges Reduktionsziel: Nur mit diesem Einsatz könne Dänemark dazu beitragen, den globalen Temperaturanstieg unter der 2-Grad-Marke zu halten. Und der WWF kritisierte, dass Kopenhagen seine Zielsetzung zunächst nur auf den Energiesektor beschränke, während der Transportbereich und dessen CO2-Ausstoß ganz außen vor bleibe.

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7 Kommentare

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  • R
    Röstzwiebel-Patrick

    Sicherlich geht es in Dänemark mit RECHTEN Dingen zu, was aber von der Energiepolitik getrennt werden kann. Die sozialen Staaten in Europa sind auch die wirtschaftlich erfolgreicheren - erfolgreicher als der Exportvizeweltmeister (Ironie), welcher bekanntlich sozial nicht auf der Höhe der Zeit ist. Gilt auch fürs Klima.

  • GD
    gegen Dänemark, wie es heute ist

    @ Tom

    Immerhin, ihre hier in der taz dargelegte Ansicht verrät mehr von ihnen, als Sie meinen, dass von Ihnen verraten werden könnte.

    Sie dulden also Unrecht in Dänemark; heißen es sogar für gut, weil sie sich nicht gegen das Unrecht, was in Dänemark täglich hundertfach geschieht.

    Auch daran ist (für mich) zu ersehen, wie weit nach rechts sich Dänemark inzwischen geneigt hat.

    Ihnen, Tom scheint Ungerechtigkeit egal zu sein. Sonst würden Sie das in Dänemark täglich begangene Unrecht nicht mit 'rationalem Handeln' in Dänemark abtun.

    Mord kann man nicht relativieren; das oberflächliche Arbeiten von Behörden ebenso nicht und ebenso nicht die Hetze gegen Arbeitssuchende in Dänemark.

    Alles auf Profit abzustellen, wie in Dänemark tagtäglich praktiziert, bringt nur dumme Menschen hervor. Vielleich, Tom, wollen Sie ja das gerade, ist DAS Dumm-Machen und Dumm_Halten von Menschen gerade das, was Dänemark so attraktiv für Sie macht?

    Immerhin, *rational* wurde schon mal (1933 - 1945 in Deutschland gehandelt; in Dänemark ab 1941) geplant und gehandelt.

  • T
    Tom

    Genau solche Dinge sind Gruende dafuer, warum ich bald wieder nach Daenemark zurueckziehen werde.

     

    Es geht in Daenemark so viel rationaler und strategischer zur Sache. Anstatt sich rueckwaertsgwendeten Klimadiskussion zu verrennen, bauen die Daenen sich ihren Zukunfstmarkt selbst. In meinen Augen klingt der Plan sher ambitioniert aber erreichbar und ergibt Sinn.

     

    Heute subventioniert Deutschland noch Steinkohle waehrend Daenemark in einen Zukunftsmarkt investiert. Was wohl mehr Sinn ergibt?

  • KH
    Öko hat nichts mit links zu tun

    Einmalig, wie die Dänen sich hier als (angeblich!) Öko-Menschen hervortun. Jedenfalls betrachte ich solches Öko-Gehabe als rechtslastig, weil nicht mit sozialen Werten verbunden; mit sozialen Werten, wie Sozialstaat, Einkommensgerechtigkeit und Ähnlichem.

    Dabei ist es in Dänemark so schmutzig wie nie zuvor.

    Außerdem wird in der Bildung gestrichen (Studiengänge an der Univ. Kopenhagen, die keinen Profit abwerfen, wie Latinistik, Gräzistik, Niederlandistik und weitere Orchideenfächer). Behinderte leben, im Gegensatz zu VOR der Wende (1989/1990) ein kümmerliches Leben am Rande der dänischen Gesellschaft.

    Arbeitslose werden von den Kommunnen verhöhnt als so genannte 'Sozialschmarotzer' und dementsprechend zynisch behandelt und mit Sanktionen, die hierzulande noch der Anwendung unbekannt sind, belästigt, genötigt.

    Gegenüber einander hat sich bei Dän/innen eine gefähtliche soziale Kälte eingenistet und wird gepflegt.

    Im Dezember 2010 ist aus Dänemark ein Portugiese ausgewiesen worden. Und der Protugiese war / ist Angehöriger eines EU-Landes, nämlich Portugal.

    Es fragt sich, was noch Ausschlag gibt, sich je nochmal nach Dänemark zu 'verirren'.

    Unter der Hand wird in Dänemark sogar schon davon gesprochen, dass die soziale Absicherung in einigen Ländern Asiens erheblich besser sei, als in Dänemark. Da ist wohl was dran, nachdem Alte länger auf ärztliche Behandlung warten müssen (siehe beschämende und skandalöse Vorgänge d. J. am Herlev Hospital Ende 2010 / Anfang 2011; die Liste der Skandale im Sozialbereich ist ellenlang.

    Noch Fragen?!???????

  • T
    Tom

    @ von Reinhard: Typisch mit Y.

    und schon disqualifiziert.

     

    Dass man vor Jahrzehnten die Pflöcke in Deutschland sehr tief rein gerammt hat in Form von Kernkraftwerken, muss man glaube ich gar nicht erwähnen, oder?

    20+ Jahre Laufzeit

    10 hoch hastenichtgesehen Jahre Entlagerkosten.

    Die machen uns die Alternativen schwer.

     

    Wäre schön wenn Deutschland so mutig wie Dänemark wäre und an die Zukunft denken würde.

     

    und das mit dem Klima sollten, sie sich doch einmal richtig anschauen.. nur so als Tipp.

  • R
    Reinhard

    Tüpische Milchmädchenrechnung der Vertreter der Klimakirche! Die Dänen erzeugen angeblich schon heute 20% ihres stroms aus windenergie, konnten aber bisher noch nicht ein konventionelles kraftwerk abschalten.

    Ziel der iIdeologen ist einzig und allein, unter dem Deckmantel der selbst erfundenen Klimaerwärmung (die ostsee ist momentan so stark vereist wie zuletzt Mitte der 80´ziger; Wo steht das?) den Menschen die Freiheit zu nehmen und mit immer höheren Abgaben und Auflagen das Leben zu erschweren. Im Namen des ökologismus wird

    die zerstörung der Nationalstaaten und die Entdemokratisierung voranngetrieben!

    http://www.politik-poker.de/der-oekologismus-als-neue-religion-der-wohlstands-eliten.php

  • S
    Staatsbürger

    Die Dänen kann man bei sowas ziemlich ernst nehmen. Gilt auch für die Kinderbetreuung und die Schuldentilung. Wer die OECD Statistiken kennt, weiss ob wir in einer Bildungspolitik leben oder doch eher andere Länder. Merkel ist so glaubwürdig wie der Baron - die SPD war auch nicht besser.