Marokkos Solarenergiepläne: Aus Sonne mach Trinkwasser
Marokko braucht mehr Energie, um Trinkwasser aus Anlagen zur Meerwasserentsalzung zu gewinnen. 2050 will das Land 15 Prozent des EU-Stromverbrauchs decken.
Die erneuerbaren Energien sind längst nicht mehr nur Sache der Industrieländer. Auch in Nordafrika haben verschiedene Regierungen entsprechende Pläne vorgelegt – allen voran Marokko. Bis 2020 sollen hier 42 Prozent der installierten Gesamtleistung zur Stromerzeugung erneuerbaren Quellen nutzen.
Dafür will der marokkanische Energieversorger ONE zusammen mit verschiedenen Partnern Wind- und Solarkraftwerke mit jeweils einer Gesamtleistung von 2.000 Megawatt bauen. Und die größte erneuerbare Energiequelle bisher sollen ebenfalls um 2.000 Megawatt aufgestockt werden: die Wasserkraftwerke, die bereits ein Drittel der Gesamtleistung Marokkos produzieren.
Bei den ehrgeizigen Plänen geht es Marokko nicht nur um die Vermeidung von Treibhausgasen. Das Land will sich unabhängiger von Stromlieferungen aus Spanien sowie von Gas-, Öl- und Kohleimporten machen. Der Strombedarf im Reich von König Mohammed VI. steigt stetig. Die Wirtschaft verbraucht immer mehr Energie. Aber auch die Bevölkerung verlangt nach mehr: Sie braucht nicht nur Strom, sondern vor allem auch Trinkwasser. Und das wird in vielen Regionen künftig nur per Entsalzung aus dem Meer kommen können. Den Energiebedarf dazu mit Öl oder Gas zu decken, ist schlicht unrentabel.
Die neuen Windkraftwerke entstehen meist entlang der Atlantikküste. Hauptpartner beim Bau ist der französische Stromversorger EDF. Der größte Park mit 300 Megawatt Leistung soll 2012 in Tarfaya im Süden des Landes ans Netz gehen.
Plan für konzentrierte Solarenergie (CSP)
Doch das marokkanische Prestigeprojekt in Sachen erneuerbarer Energien ist zweifelsohne der Plan für konzentrierte Solarenergie (CSP). Insgesamt will Marokko in den nächsten Jahren sechs Kraftwerke mit einer Gesamtleistung von 2.000 Megawatt errichten. Modell steht Spanien, das bei Kraftwerken dieser Art in Europa eine Pionierrolle innehat. Bislang beträgt die Gesamtleistung dort knapp 500 Megawatt, in Bau befindliche Anlagen sollen weitere 1.300 Megawatt hinzusteuern.
Die erste marokkanische CSP-Anlage wird in Ouarzazate im Zentrum Südmarokkos gebaut. Sie wird 500 Megawatt haben und damit das größte solarthermische Kraftwerk weltweit sein. Bei der CSP-Technik bündeln Spiegel die Sonnenstrahlung und erzeugen so die Hitze für den Betrieb von Dampfturbinen, die dann den Strom produzieren. Das Projekt in Ouarzazate wird von der Weltbank aus dem Clean Technology Fund unterstützt.
Mediterranean Solarplan: Marokko führend
Marokko ist mit seiner CSP-Initiative eines der Länder auf der Südseite des Mittelmeers, die den Mediterranean Solarplan von 2008 führend umsetzen. Der Plan wurde von den Mittelmeeranrainern ausgearbeitet und sieht vor, bis 2020 Solaranlagen mit insgesamt 20.000 Megawatt zu errichten.
Auch aus Mitteleuropa schauen viele interessiert ins Reich von König Mohammed VI. Marokko ist mit seinem CSP-Plan neben Ägypten das Land, auf das alle verweisen, wenn es um so ehrgeizige Pläne wie Desertec geht. Die 2009 von deutschen Unternehmen vorgestellte Industrieinitiative plant, 2050 15 Prozent des gesamten Stromverbrauchs der Europäischen Union mit Solar- und Windenergie aus dem Sonnengürtel südlich des Mittelmeers zu versorgen.
Dazu sind Investitionen von mindestens 400 Milliarden Euro nötig. Um internationale Institutionen, große Unternehmen und Banken dafür zu gewinnen, braucht es Pilotprojekte. Ouarzazate kommt da genau im richtigen Augenblick, und die Marokkaner sind sich dessen bewusst. Der Stromverkauf in das reiche Europa soll - so verspricht es Desertec, und so hoffen Länder wie Marokko - eine Situation schaffen, bei der beide Seiten gewinnen. Die höheren Abnahmepreise in Europa würden Investitionen für die Länder südlich des Mittelmeers rentabler machen und zugleich Arbeitsplätze schaffen. Den Ländern der EU würde der Solarstrom helfen, ihre Klimaziele zu erreichen.
Fehlende Leitungen
Doch bis Strom von Süd nach Nord fließen kann, muss noch viel geschehen. Zwischen Marokko und Spanien gibt es gerade einmal eine Hochspannungsleitung mit einer Leistung von 600 Megawatt. Milliardeninvestitionen in neue interkontinentale Verbindungen sind nötig, um vom Ausbau des Leitungsnetzes innerhalb Marokkos und Europas ganz zu schweigen.
Bisher gibt es zur Verbindung der beiden Kontinente nur einen Plan aus Frankreich mit dem Namen Transgreen. Dieser sieht vor, gleich mehrere Hochspannungsleitungen auf dem Meeresboden zu verlegen. ONE hat sich selbstverständlich auch dieser Initiative angeschlossen.
Leser*innenkommentare
Juergen K
Gast
Je eher umso besser.
Ob wir wegen Klima, KEIN Gas/Öl/Gas, oder nur wegen der steigenden Preise umsteigen -
jetzt zahlen wir für eben solches.
Es könnte irgendwann fehlen, für Farben, Chemikalien, popeliges Plastik,Koks zum Stahl kochen
oder Kunstdünger, simpel:Benzin.
Wir zahlen ganz einfach noch für diese Verbrennung.
Wir amortisieren noch nicht.
Allein die angesprochenen 400 Mrd,
selbst noch auf 20 Jahre abgeschrieben zu 5%:
20 Mrd werden pro Jahr nicht REINAMORTISIERT.
Lasst uns warten, bis die Chinesen uns soetwas in Marokko bauen.
Robert
Gast
Ich sehe auch nicht wie solarthermische Anlagen (im Bild sieht man einen Solarturm) in der Wüste funktionieren sollen. Da dort immer auch ein Kühlung dabei sein muß, klassische Lösung sind die Kühltürme, kann das nur an den Küsten gebaut werden. Die Lösung wären eher Konzentrator-Solarzellen, aber da ist es teuer Energie für die Dunkelheit zu speichern (Akkus?).
Zukunft
Gast
"Die erste marokkanische CSP-Anlage wird in Ouarzazate im Zentrum Südmarokkos gebaut. Sie wird 500 Megawatt haben und damit das größte solarthermische Kraftwerk weltweit sein."
In Spanien gibt es die Projekte Andasol. Diese haben einen recht hohen Verbrauch an Kühlwasser (siehe z.B. Wikipedia). Sofern das Vorhaben in Ouarzazate eine ähnliche Technologie verwendet, stellt sich die Frage, woher dafür das Wasser kommt.
dada
Gast
Ein Hauptmerkmal der Erneuerbaren Energien ist ihre Dezentralität. Daraus folgt auch, dass eine zukünftige und nachhaltige Stromversorgung weg von großen Konzernen wieder in die Hand der Städte und Kommunen kann und muss - immer mehr Beispiele zeigen innovativ und eindrucksvoll, dass und wie dies möglich ist.
Dieser Artikel spricht in den letzten Absätzen auch vom neuesten Kind eines Konglomerats einiger Regierungen, Banken und Großkonzernen: dem 400-Milliardenprojekt Desertec. Eine ganze Reihe sehr guter Argumente gegen dieses Projekt findest du hier:
"Ein Plädoyer für eine kriegs-präventive dezentrale Energiewirtschaft in Bürgerhand" von Henrik Paulitz: http://www.schattenblick.de/infopool/umwelt/fakten/ufaee200.html.
Lux
Gast
Zunächst einmal bleibt anzumerken, dass dies ein sehr interessanter Artikel ist. Ich verfolge die Entwicklung und Realsisierung von CSP-Projekten mit großer Aufmerksamkeit und freue mich über jedes weitere "Detail".
Jedoch vermisse ich in diesem Artikel eine etwas kritischere Auseinandersetzung mit den marokkanischen Großprojekten, insbesondere mit denen, welche zur Zeit in der Westsahara geplant werden.
An dieser Stelle wäre ein Verweis auf die völkerrechtswidrige Besetzung der Westsahara durch Marokko absolut notwendig gewesen. Erst recht wenn versucht wird, solche Projekte als Zeichen von Humanismus, Gutmenschentum und Umweltverantwortung ins rechte Licht zu rücken.
Faktisch dienen aber genau solche "kritikfreien", da "grünen", Projekte dazu, den "Status quo" in der Westsahara zu zementieren...
Es wäre schön, möglicherweise in folgenden Artikeln, etwas zu diesem Thema lesen zu können, erst Recht in der TAZ ;).
martin
Gast
Klasse. Das sind doch mal gute Nachrichten.