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Kolumne MännerOscar Wilde versus Schwarmintelligenz

Matthias Lohre
Kolumne
von Matthias Lohre

Wie sind Männer heute? Fragen Sie ihre sogenannten Freunde im Internet bloß nicht danach.

H omer Simpson hat es längst gewusst. Angesprochen auf die großen Möglichkeiten des Internets, entgegnete er: "Das Internet? Gibts das immer noch?" Neulich, als ich etwas über Männer herausfinden wollte, fand ich seine Abneigung gegen das Netz bestätigt.

Bei Facebook bat ich meine Kontaktpersonen "um einen Knallersatz, der auf den Punkt bringt, wie Männer heute sind. Beginnend mit 'Männer …'." Die Schwarmintelligenz sozialer Netzwerke, hoffte ich, würde mir rhetorische Edelsteine von Oscar-Wildescher Güte liefern.

Während ich auf Antworten wartete, guckte ich mir beliebte Gruppennamen bei StudiVZ an. StudiVZ ist das Facebook von früher. Manche Gruppennamen bergen in ihrer Kürze eine große Assoziationskraft. Hatte ich zumindest gehört. Zu meiner Überraschung fand ich kaum Gruppentitel, die die Wörter "Mann" oder "Männer" enthielten. Eines der wenigen Beispiele: Männer werden 7. Danach wachsen sie nur noch. Keine Hilfe war auch: Maaaaan, meine Haare, scheiß Wind… ich könnt kotzen.

taz

MATTHIAS LOHRE ist Parlamentsredakteur der taz.

Die erste Facebook-Antwort kam von einer Frau. Sie schrieb schlicht: "geil". "Männer geil", schrieb ich vorsichtig zurück, das sei ja jetzt nicht so direkt ein Satz. Eine andere Frau formulierte daraufhin, ich zitiere wörtlich: "Männer sind offensichtlich irgendwie von Natur aus nen defekt mit sich rum (im Kopf irgendwo, vermute ich) und Schaffens trotzdem nach wie vor, unsere Gesellschaft anzuleiten, allerdings, ich gebe zu-der ein oder andere ist ganz nett von Zeit zu Zeit." Was hätte Oscar Wilde dazu gesagt?

Bei StudiVZ fand ich die Gruppe Nee, war scheiße, … aber ist nur meine Meinung.

Auf Facebook schrieb eine dritte Frau: "Männer, ach." Hat was, dachte ich. Zeugt es nicht von der Ambivalenz menschlicher Empfindungen? Von der Last, gesellschaftlichen Geschlechtszuschreibungen ausgesetzt zu sein? Und von der Sehnsucht von Frauen, die nicht mit Männern können, aber auch nicht ohne sie?

Auf StudiVZ las ich: Hurra!!! …ach nee, doch nicht.

Ich wurde ungeduldig: Herrscht immer noch das Klischee vom großen, aggressiven, emotionsgehemmten Kind, das die Welt beherrschen will?

Geduld ist die Kunst, nur langsam wütend zu werden.

Endlich antworteten mir auch männliche Freunde: "Der Mann von heute ist eine unterschätzte Frau", schrieb einer. Ein anderer: "Männer - das anachronistische Geschlecht". Ein dritter formulierte: "Männer - Man steckt halt nicht drin." Und ein vierter dichtete: "Die Birne grün, die Nudel al dente. Moderne Männer."

Ich fragte mich, wie viele meiner Facebook-Freunde wohl Mitglied waren in der Gruppe Ich hatte in der Schule nur Singen und Klatschen.

Zum Thema Mann fiel gut ausgebildeten, seit Grundschulzeiten auf Geschlechtergerechtigkeit getrimmten Menschen nichts ein, was übers Niveau Mario Barths hinausging. Wie konnte das sein?

Ich habe keine Lösung, aber ich bewundere das Problem.

Es reichte. Das Internet ist eine Quatschbude, dachte ich, und schrieb diesen Text. Ich verlinke ihn direkt mal bei Facebook.

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Matthias Lohre
Schriftsteller & Buchautor
Schriftsteller, Buchautor & Journalist. Von 2005 bis 2014 war er Politik-Redakteur und Kolumnist der taz. Sein autobiographisches Sachbuch "Das Erbe der Kriegsenkel" wurde zum Bestseller. Auch der Nachfolger "Das Opfer ist der neue Held" behandelt die Folgen unverstandener Traumata. Lohres Romandebüt "Der kühnste Plan seit Menschengedenken" wird von der Kritik gefeiert.

6 Kommentare

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  • H
    hto

    Männer - einst waren wir Götter. Heute sind wir auch nur stumpfsinnig-kreislaufende Symptome des "gesunden" Konkurrenzdenkens im "freiheitlichen" Wettbewerb.

  • M
    Macho

    Mäner: Die besten Menschen der Welt.

  • D
    deviant

    >>Männer, das ist der Komparativ von Mann, so eine Art deutscher "machismo", deshalb gibt's auch nur Barthesque Kommentare - ein Mann aber ist ein Mann ist ein Mann, egal was er ist; das ist die Errungenschaft der Postmoderne

  • S
    suswe

    die Geschichte von Männern und Frauen ist die Geschichte einer beispiellosen Tyrannei der Schwachen über die Starken.

     

    Oscar Wilde

  • OW
    Oscar Wilde

    wenn sie, lieber herr lohre, gewusst hätten, was mir einst zu männern eingefiel, hätten sie ihre ansprüche vermutlich tiefer gehängt:

     

    "Mann: die beliebteste von allen Erfindungen, die der Frau die Arbeit erleichtern oder ersparen soll."

     

    "Männer können analysiert, Frauen nur angebetet werden."

     

    "Frauen sind Gemälde. Männer sind Probleme."

     

     

    etwas aus der zeit gefallen, fürchte ich.

     

    better take it easy:

     

    "In dieser Welt gibt es nur zwei Tragödien. Die eine ist, nicht zu bekommen, was man möchte, und die andere ist, es zu bekommen."

  • O
    otto

    mann, mann, mann!

    manche aber auch!

    hier in dd habens 'nen männernetzwerk,

    unterstützt von allen,

    weil die frauen ja so überhand genommen haben

    mit ansprüchen und so.

    anwälte raten, wie mit den tricks der frauen umgegangen weden kann, hebammen geben tips den nachwuchs betreffend, spezifische stammtische laden zur problembewältigung, und man kann sich gegenseitig

    seines mann-seins versichern.

     

    tja, wer's braucht....