: Neuer Job: Schröder wird Türöffner
Obwohl er „ein bescheidener Mann“ ist, kommt der Exkanzler auf dem Weg zu seiner ersten Million gut voran: Erst erhält er einen lukrativen Buchvertrag, und jetzt engagiert ihn der Schweizer Großverleger Michael Ringier als seinen politischen Berater
Von JENS KÖNIG UND KENO VERSECK
Als Bild vor ein paar Tagen titelte „Merkel wird Kanzlerin – und Schröder Millionär“ soll das den Nochkanzler sehr gefreut haben. Das treibt Gerhard Schröder, Sohn einer Putzfrau, in seinem neuen Leben ja durchaus an: Es allen noch einmal zu beweisen. Ihnen zu zeigen, dass auch ein sozialdemokratischer Exkanzler richtig gutes Geld verdienen kann. Seine erste Million könnte Schröder mit einem Buch machen, das als eine Art politische Bilanz seiner sieben Kanzlerjahre gedacht ist und bis Herbst nächsten Jahres fertig sein soll. Bild berichtete von einem hohen sechsstelligen Betrag als Vorschusshonorar. Die zweite Million könnte Schröder in der Schweiz verdienen. Im Januar wird er in Zürich ein Büro in der Dufourstraße 23 beziehen. Das ist der Sitz des renommierten Ringier-Verlages. Dessen Chef Michael Ringier gab gestern bekannt, er habe Schröder als seinen Berater engagiert.
Der Exkanzler, Ringier und die Schweiz? Diese Verbindung überrascht nur auf den ersten Blick. Schröder ist mit Ringier seit ein paar Jahren gut bekannt. Als Regierungschef war er zweimal in Locarno zu Gast, bei einem entspannten Gesprächskreis von Schweizer Politikern, Wirtschaftsgrößen und Publizisten. Eingeladen dazu hatte ihn der Schweizer Journalist Frank A. Meyer, ein enger Vertrauter und Berater von Ringier. Meyer ist außerdem Kolumnist bei Cicero, einem etwas spießigen Elite-Magazin, das Ringier in Deutschland herausgibt. In dem Blatt kam Schröder nie schlecht weg. Meyer führte dort sehr verständnisvolle Kanzlerinterviews. Im publizistischen Beirat von Cicero sitzt Heiko Gebhardt. Der frühere stern-Journalist Gebhardt zählt seit 25 Jahren zu den engsten Schröder-Freunden. So schließt sich der Kreis.
„Diese Verpflichtung basiert auf einer freundschaftlichen Beziehung, die es seit einigen Jahren gibt“, sagt Ringier. „Es war eigentlich immer irgendwie klar, dass wir mal was zusammen machen.“ Was genau das sein wird? Der Exkanzler soll wohl eine Mischung aus Gesprächspartner und Türöffner bei internationalen Geschäften sein. Der Schweizer Verleger nennt ihn einen „der großen Staatsmänner der heutigen Zeit“. Genau so einen braucht er offensichtlich. Daraus macht Ringier, der nicht nur die größte Kaufzeitung in der Schweiz, Blick, herausgibt, sondern auch Dutzende Zeitungen in Osteuropa, China und Vietnam, gar keinen Hehl: „Wir sind politisch involviert. Und da bin ich überzeugt, ist Gerhard Schröder ein hervorragender Berater für mich und die Firma, damit wir uns dort auch richtig bewegen. Und er wird bestimmt auch die eine oder andere Tür öffnen können.“
Was ihm das wert ist, will Ringier allerdings nicht verraten. Schröder sei als Kanzler immer „ein bescheidener Mann“ gewesen. „Wenn‘s ihm ums Geld gegangen wäre, hätte er sicher einen anderen Job angenommen.“ Nur soviel gibt Ringier preis: „Mit einer solchen Persönlichkeit macht man nicht einen Vertrag, in dem etwas von 40 Stunden oder so steht.“
Hat sich Ringier bei diesem Deal von der Konkurrenz inspirieren lassen? Im deutschen WAZ-Konzern jedenfalls funktioniert die Allianz mit einem ehemaligen Politiker bestens. Schröders ehemaliger Kanzleramtsminister Bodo Hombach wurde Generaldirektor des WAZ-Konzerns auf dem Balkan, nachdem er dort als EU-Sonderkoordinator des Stabilitätspaktes für Südosteuropa gewirkt und ein wertvolles Netzwerk von Kontakten in Politik und Wirtschaft geknüpft hatte. Für die WAZ, die in mehreren Balkan-Ländern aktiv ist und vor allem in Bulgarien eine machtvolle Stellung auf dem Printmedienmarkt hat, war das ein lohnenswerter Einkauf. Vor allem weil es der Konzern mit der Interessentrennung manchmal nicht sehr genau nimmt.
Ringier ist, auch in Osteuropa, um Klassen größer als der WAZ-Konzern und geht bei seiner Politik diskreter vor. Der Verlag bringt beispielsweise in Tschechien und Ungarn die jeweils auflagenstärksten Boulevardblätter heraus, Blesk und Blikk. Seit 2004 ist der Konzern auch in Serbien mit dem großen Boulevardblatt Blic aktiv. Allerdings konnte auch Ringier auf dem hart umkämpften osteuropäischen Pressemarkt Eklats nicht vermeiden. In Ungarn stellte er im November letzten Jahres die einzige parteipolitisch unabhängige Tageszeitung des Landes, Magyar Hírlap, ein – offiziell wegen der Verluste des Blattes. Die Zeitung stand Rignier wohl eher bei dessen Expansionsplänen in Ungarn im Weg.
Unliebsames aus dem Weg räumen – das kann Schröder übrigens auch ganz gut.
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