Italienischer Staatssekretär: Auf dem Kreuzzug für die Familie
Im sizilianischen Catania wirbt Ikea mit einem Plakat, auf dem zwei Männer Händchen halten. Das reicht, um Familienstaatssekretär Carlo Giovanardi aus der Fassung zu bringen.
Es waren vernichtende Worte, wie sie kaum härter hätten ausfallen können: "Verfassungsfeindlich" sei das Plakat, "von schlechtem Geschmack" und "beleidigend". Doch Italiens Familienstaatssekretär Carlo Giovanardi regt sich nicht etwa über irgendeine Terrorwerbung auf - Stein des Anstoßes ist eine Ikea-Reklame. Die Schweden haben nämlich gerade im sizilianischen Catania ein neues Möbelhaus eröffnet, und sie werben mit einem Plakat, auf dem zwei junge Männer mit dem Rücken zum Betrachter stehen, Händchen haltend, darüber steht in großen Lettern: "Wir sind für alle Familien offen".
Das reicht, um den braven Katholiken Giovanardi aus der Fassung zu bringen. Die traditionelle Familie werde da gleichsam als "überholt und rückschrittlich" hingestellt, wetterte er, und überhaupt, da kämen irgendwelche "Schweden" daher und "grätschen mit gestrecktem Bein in die italienische Verfassung hinein". Ikea erwiderte trocken, die Familien seien auch in Italien "dem Wandel unterworfen".
Der 61-jährige Giovanardi liebt ruppige Töne, wenn es an die "Werte" geht; und er, dessen Leitsterne der Papst und Berlusconi sind, bedient damit seit Jahren die bigotten Katholiken unter Italiens Rechtswählern. Im Jahr 2004 forderte er ein Gesetz, das den Diskos frühe Nachtruhe verordnet, um dem lasterhaften Treiben der Jugendlichen Einhalt zu gebieten. Zwei Jahre später freute sich Giovanardi über ein von ihm verantwortetes Drogengesetz, das den Konsum weicher und harter Drogen auf eine Stufe stellt. Sein nächstes Ziel: per Gesetz alle italienischen Lehrer regelmäßigen Drogentests zu unterwerfen.
Ansonsten kämpft Giovanardi seit Jahren im Stil eines Kreuzzüglers für die "traditionelle Familie" - mit immer wieder interessanten Entdeckungen. So sei in Ländern, die Schwulen und Lesben die Adoption erlauben, der Kinderhandel schwunghaft gestiegen. Weit schweigsamer ist der verheiratete Vater dreier Kinder, wenn es um leichte Abweichungen vom traditionellen Leitbild in den eigenen Reihen geht: Zu den Bunga-Bunga-Vergnügungen seines Chefs Berlusconi verlor der strenge Sittenwächter bisher kein einziges Verdammungswort.
Leser*innenkommentare
neuhaus
Gast
ist doch gossip, den italienischen schwulenverband, ein riesiger verein, haben katholiken der dc mitbegründet. die lega hat auch einen schwulenverband. es wird gerade in italien nicht so heiß gegessen wie gekocht. z.b sind berlusconis mafiaverbindungen widerlegt, er ist auch kein faschst, zu den anderen themen hat die justiz genug zeit und macht, im gegensatz zu deutschland, aufzuklären. es wir langsam lächerlich. was wäre die ideologische presse ohne berlusconi. nichts. berlusconi tritt bald zurück, dann könnt ihr euch anderen kram ausdenken.
bg
Der Sizilianer
Gast
… aber sicherlich werden Giovanardi doch die zahlreichen anderen Vorwürfe und juristischen Ermittlungen gegen Berlusconi – u.a. wegen
Korruption
Richter- und Zeugenbestechung
Bilanzfälschung
Missachtung der Kartellgesetze
geschäftlichen Verbindungen zur Mafia
…
oder der massive Einsatz seines Medienkartells gegen seine Kritikerinnen und Kritiker, ermittelnde Staatsanwaltschaften etc.
oder die Verbindungen zur extremen Rechten Italiens stören!?!
Nicht?
Na ja - was ist das auch schon gegen den drohenden Untergang des Abendlandes in Form von Disko, Cannabis, Homosexualität?
Und was meint eigentlich sein anderer „Leitstern“, Papst Ratzinger der Viertelvormittelalterliche, zu solchen Machenschaften?
Ach ja, der hofiert ja eine antisemitische, holocaustleugnende Priesterbruderschaft und spricht auch schon mal Faschisten selig …
P.S.: Eine empfehlenswerte Arte-Doku zum Thema: Die Akte Berlusconi
http://www.videogold.de/akte-silvio-berlusconi-eine-politiker-karriere-arte-dokumentation/
F. Bohm
Gast
Jesu und seine Jünger/innen
waren mindestens eine der ersten Patchworkfamilien.
Wenn nun jemand die /innen in Abrede stellt, so war es die erste gleichgeschlechtliche Großfamilie.
Aber Macht- und Männlichkeitswahn ...
hms
Gast
Hier ist ein Bild von dem Plakat: http://morsch.soup.io/post/126730409/taz-Es-waren
Gast
Gast
Die Gläubigen scheinen ihre Oberhäupter sehr schlecht zu kennen. Wer hatte als erstes die Pornografie erfunden? Welche Männer haben zuerst die Knaben als Lustmolche missbraucht? Es waren die Kleriker und ihre Oberhäupter und nun ist es global und fast in allen Gesellschaftsschichten normal.
Sollte es wirklich noch Menschen geben, die das nicht gut finden, sollten sie sofort die Kirchen verlassen oder ihre Oberhäupter auf Schizophrenie oder Multipler Persönlichkeitsstörungen untersuchen lassen, da sie mit gespaltener Zunge reden.