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Suche nach der Ehec-UrsacheZurück auf Los!

Zwei der verdächtigten Gurken aus Spanien trugen zwar den gefährlichen Keim, aber nicht den derzeit grassierenden Untertyp O104. Es ist also weiter unklar, wer schuld ist.

Woher, wohin? Aufgeklärt ist doch noch nicht sonderlich viel. Bild: Manfred Rohde, Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI)

BERLIN taz | Die Suche nach der Ursache der jüngsten Welle gefährlicher Erkrankungen mit dem Darmkeim Ehec ist wieder völlig offen. Auf zwei spanischen Biogurken, die zunächst als Überträger galten, wurde das Bakterium zwar gefunden – aber nicht das des derzeit grassierenden Untertyps O104.

"Unsere Hoffnung, die Quelle der schweren Komplikationsfälle mit HUS-Syndrom zu entdecken, hat sich bei diesen ersten Ergebnissen leider nicht erfüllt", teilte Hamburgs Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) am Dienstag mit. Patienten mit dem hämolytisch-urämischen Syndrom (HUS) leiden an blutigem Durchfall und Nierenversagen. Es kann von Bakterien von Ehec ausgelöst werden, bei dessen jüngstem Ausbruch mehrere Menschen ums Leben gekommen sind.

Das bedeutet jedoch nicht, dass spanische Gurken als mögliche Infektionsquelle ausgeschlossen sind. Denn bei zwei weiteren Gurken mit Erregern aus der Ehec-Gruppe haben die Hamburger Behörden noch nicht den genauen Typ bestimmt. Eine kommt aus Spanien, die Herkunft der weiteren ist unbekannt.

Zudem erklärte die Gesundheitsbehörde: "Selbst wenn die positiv getesteten Gurken nicht Quelle der aktuellen Ehec-Epidemie sind, stellen sie dennoch eine Gesundheitsgefahr dar, und die Erreger können zu Ehec-Erkrankungen führen." Nur stimme ihr Ehec-Typ eben nicht mit dem Typ des Erregers überein, der aus den Stuhlproben der besonders schwer erkrankten Ehec-Patienten isoliert wurde.

"Menschenleben wichtiger als Wirtschaft"

Wegen der Gefahr, die von jedem Ehec-Erreger ausgeht, hält Prüfer-Storcks es weiterhin für gerechtfertigt, dass sie am vergangenen Donnerstag die Spuren zu den spanischen Gurken veröffentlicht und damit den dortigen Bauern Einnahmenverluste beschert hatte. "Es wäre unverantwortlich, bei einer solchen Zahl von Erkrankungen einen begründeten Verdacht zurückzuhalten. Der Schutz von Menschenleben muss wichtiger sein als wirtschaftliche Interessen."

Spaniens Agrarministerin Rosa Aguilar sagte laut Nachrichtenagentur dpa: "Nun zeigt sich, dass spanische Gurken nicht der Auslöser der Ehec-Infektionen waren." Der Handel mit spanischem Gemüse müsse sofort wieder aufgenommen werden.

Falsche Spur nach Mecklenburg-Vorpommern

Eine Spur nach Mecklenburg-Vorpommern stellte sich als falsch heraus. "Wir konnten kein Ehec auf Gurken und anderen pflanzlichen Lebensmittelproben aus Mecklenburg-Vorpommern finden", berichtete die Sprecherin des Bundesinstituts für Risikobewertung, Suzan Fiack. Auf Gurken aus Mecklenburg war das Gift gefunden worden, das unter anderem von Ehec-Bakterien produziert wird. Immerhin habe man jetzt einen Schnelltest für den Ehec-Erreger.

Unterdessen sind im Zusammenhang mit der Krankheit jeweils ein Mensch in Nordrhein-Westfalen und erstmals im Ausland gestorben. Die gestorbene Frau in Schweden hatte sich offenbar in Deutschland angesteckt.

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12 Kommentare

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  • U
    Ute

    Interessanter Lesestoff:

    Protokolle ('FlashReports') der täglichen Audiokonferenzen des Frühwarn- und Reaktionssystem (EWRS) der Europäischen Kommission (auf Englisch):

    http://ec.europa.eu/food/food/coli_outbreak_germany_en.htm

     

    Darin finden sich u.a. Details zu den im Ausland erkrankten Personen einschl. 'gemeinsamer Nenner'.

  • U
    ungläubiger

    Neben den Fragebögen der Infizierten würde mich auch ihr Alter und allgemeiner gesundheitlicher Zustand interessieren. Ich vermute ja, dass derzeit fast jeder toter Pazient als EHEC-Ekrankter durchgeht, unabhängig davon ob er ein Loch im Kopf hat oder 15 Jahre lang an einer Krebserkrankung litt oder mitllerweile 99,9 Jahre alt war.

  • HS
    Harry Sachse

    Die Ursachenforschung wird vermutlich nie erfolgreich sein. Es könnte nämlich das Ergebnis sein, dass Biobauern die Verursacher sind, zumindest aber die Biogasanlagen, deren Güllerückstände bei der langanhaltenden Trockenheit und Winden auf die Anbauflächen verweht wurden.

  • JG
    Joe Gurd

    Hat eigentlich schon mal jemand probiotischen Joghurt untersucht?

  • L
    lunatic

    @Lena:

    Ihren Vorschlag halte ich für sinnvoll, wäre die einzige Chance etwas Dynamik in Suche nach dem Auslöser zu bringen. Ich kann mir nämlich nicht vorstellen, dass die Krankenhäuser zeitlich und personell dazu in der Lage sind. Auch fehlen die Prozesse, solche Projekte anzugehen, wahrscheinlich gibt es nicht 'mal einheitliche Fragebögen.

    Also ab ins Internet mit den Fragebögen, damit die Seuche schnellstens eingedämmt werden kann!

  • V
    vic

    "Eine [der Gurken] kommt aus Spanien, die Herkunft der weiteren ist unbekannt."

    Wie kann es angehen, dass in Deutschland Obst oder Gemüse unbekannter Herkunft im Handel ist?

  • BP
    BRUNO (NICHT PROBLEM BÄR)

    Zur allgemeinen Info über eine EHEC Ansteckung, damit mal wieder etwas mehr heilendes licht in diese Dunkle spekulative Materie strahlt. :-)

     

    Der Erreger und die von ihm verursachten Infektionserkrankung treten Weltweit auf.

     

    Das Hauptreservoir des erregers bilden Wiederkäuer, vor allem Rinder, aber auch Schafe und Ziegen.

     

    Die Übertragung der errege erfolgt auf vielfältige Art und Weise stets durch die unbeabsichtigte orale Aufnahme von Fäkalspuren.

     

    Der Erreger kann mit der Nahrung, insbesondere mit rohem Fleisch oder Rohmilch, aufgenommen werden; ebenso über fäkalverseuchtes Trink und Badewasser.

     

    Außerdem sind eine Ansteckung von Mensch zu Mensch sowie eine Übertragung durch Tier-Kontakte möglich.

     

    Eine Übertragung von Mensch zu Mensch wurde in Famielien, Kindertagesstätten, Altenheimen und Krankenhäuser nachgewiesen.

     

    Bereits weniger als 100 Bakterien können für eine Ansteckung genügen.

     

    Noch eine kleine Fußnote am Rande, Quelle: WikipediA

     

    Nun Herzallerliebste taz-Leser, wünsche ich euch allen, eine geruhsame Nacht, und einen Wunderschönen neuen Tag, auch für die taz Redaktion und ihren mitarbeitenden Kollegen und Kolleginnen.

     

    ;-)

  • G
    gurke

    na, wo sind nun die grünen, habt ihr sie gehört?

    bisher nur vier kommentare, ich glaube es nicht...ich gehe davon aus, alles andere ist momentan fast sträflich, ich hoffe,ihr habt auch bei vielen anderen medien nachgeschaut...also macht euch selbst ein bild...

  • L
    Lena

    Wie wäre es, wenn die Fragebögen und ihre Antworten der Infizierten veröffentlicht werden, damit ganz Deutschland an der Rückverfolgung teilhaben kann. Das GuttenPlag-Projekt hat doch durch die Arbeit der Gemeinschaft auch gute Resultate geliefert. Bei über 1000 Erkrankten muss man doch den gemeinsamen Nenner finden können! Ich verstehe nicht, warum das so lange dauert.

  • E
    EuroTanic

    EHEC ist ein AMIBAZILLUS?

    "Seit ihrer Entdeckung 1977 konnte international, insbesondere durch Ausbruchsuntersuchungen,eine Vielzahl von Vehikeln bzw. Übertragungswegen für menschliche EHEC-Erkrankungen nachgewiesen werden. Darunter ist in den USA Rinderhackfleisch das am häufigsten identifizierte Lebensmittel." aus "Ratgeber Infektionskrankheiten" des Robert Koch-Institut in Zusammenarbeit mit den Nationalen Referenzzentren, Konsiliarlaboratorien und weiteren Experten (2001) http://www.hygieneinspektoren.de/fachinformationen/infektionshygiene/merkblaetter/ratgeber/ehec.pdf

  • L
    Lope

    Die spanischen Gurken waren es also doch nicht. Von einem begründeten Verdacht, kann ja wohl nicht die Rede sein, schließlich waren es ja ganz andere Keime auf den Gurken.

    Welchen Schaden man mit Sensationshysterie und Dilletantentum anrichten kann, zeigt diese Geschichte eindrucksvoll. Sie zeigt auch, wie wenig Plan hinter dem Vorgehen der Behörden steckt. Gab es keine Notfallpläne für Epedemien? Nach Vogel-, Schweine- und Sonstwasgrippe waren wir doch schon vorgewarnt.

    Die Gurken sitzen eher hinterm Schreibtisch, wenn auch die ungeniesbare Sorte.

  • M
    mr.spock

    EHEC? ...da sach ich doch nur "twelve monkeys"

    (terry gilliam, 1995)