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Der WochenendkrimiKeine Macht dem Boulevard

„Sperling und die Katze in der Falle“, Sa 20.15 Uhr, ZDF

Er ist gebildet, witzig und einfühlsam. Georg Giessen (Sebastian Koch), Spross einer Pharmadynastie, gibt gerne mal den Dandy, überzeugt aber auch in der Rolle des Moralisten. Er pfeift Pipi-Langstrumpf-Lieder und doziert über das Ethos der Pfadfinder, er spielt Klaviersonaten und hat stets ein paar passende Literaturzitate parat. Georg Giessen ist es gewohnt, dass er den Gedanken seines Gesprächspartners schneller zu Ende führt, als der es selbst tun kann. Als er von der Kripo verhört und darauf hingewiesen wird, dass man in der Dunkelkammer seiner Villa Bilder halbnackter Halbwüchsiger gefunden hat, sagt er lächelnd: „Und das macht mich zu Michael Jackson.“

Georg Giessen hat ein ungewöhnlich intensives Verhältnis zum zwölfjährigen Sohn seines Sicherheitsmannes – macht ihn das wirklich zu einem kriminellen Pädophilen? Der Junge ist nun verschwunden; die Polizei geht, vielleicht ein bisschen voreilig, von Mord aus. Deshalb holt Sperling (Dieter Pfaff) den verdächtigen Industriellen zum Verhör aufs Revier – und dessen Frau (großartig: Nina Kunzendorf) gleich mit. Dem Kommissar tut sich ein perfides familiäres Arrangement auf.

Autor Günter Schütter, der auch die Bücher für die Dominik-Graf-Krimis „Die Sieger“ und „Der Skorpion“ geschrieben hat, hat aus dem Stoff ein Psychoduell entwickelt. Es geht um Sublimation und Selbstbetrug. Eine lustvolle Besichtigung der schaurigen Anomalie aber, zu der das Thema Pädophilie im deutschen Fernsehkrimi ja meist herhalten muss, findet nicht statt. Die Grausamkeit, um die es hier geht, liegt nicht in der Tat, sie liegt in der Verdrängung. Einmal sagt die geschmähte Ehefrau: „Wenn es der Weg zu seinem Herzen wäre, würde ich ihm die kleinen Jungs sogar an Land ziehen. Aber ich fürchte, dann würde er sich nur vor mir ekeln.“

Still und surrealistisch

Regisseur Friedemann Fromm, der für die von ihm überarbeitete und neu konzipierte ARD-Reihe „K3 – Kripo Hamburg“ immer ein bisschen zu aufgeregt die Kamera kreisen ließ, arbeitet die Ungeheuerlichkeit der Dialoge für „Die Katze in der Falle“ in einer stillen, surrealen Atmosphäre heraus: Sperling und sein Team residieren in dieser Folge nämlich in einer ehemaligen Werbeagentur.

Am Anfang sieht man, wie die Beamten in der retrofuturistischen Büroruine Weihnachten feiern. Das frohe Fest fällt durch den aktuellen Fall dann allerdings ins Wasser. Schon eingepackte Geschenke wandern hier genauso in den Müll wie die handelsüblichen Kinderschänderklischees. Kein Friede den Herzen, keine Macht dem Boulevard. Ein Meisterstück. CHRISTIAN BUSS

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