Koalitionsverhandlungen: Islam: SPD ziert sich
In der Religionspolitik können sich die Grünen nicht durchsetzen: Es gibt kein Bekenntnis zu einem Staatsvertrag mit den Muslimen
"Verbindliche Vereinbarungen" wolle man in den nächsten vier Jahren mit den muslimischen Verbänden treffen, so formulierte es gestern der Landesvorsitzende der Bremer SPD, Andreas Bovenschulte. Ob dies in einen Staatsvertrag münden könne, wie es die Bremer Grünen in ihrem Wahlprogramm gefordert hatten, ließen SPD und Grüne auf ihrer gestrigen Pressekonferenz am vorletzten Tag der Koalitionsverhandlungen offen. Bovenschulte begründete die zögerliche Haltung der SPD damit, dass Muslime nicht wie Christen in einer hierarchischen Institution organisiert seien: "Es gibt keine gemeinsame Repräsentanz der Muslime."
Vor der Wahl hatte Bovenschulte noch anders geklungen: Da hatte er auf einer öffentlichen Veranstaltung der Schura - der größten Bremer Vereinigung muslimischer Vereine - einen Staatsvertrag versprochen, war aber auf Nachfrage kurz darauf bereits wieder zurückgerudert. Zum Unverständnis von Zahra Mohammadzadeh, der migrationspolitischen Sprecherin der Grünen, die an dem Abend auch an der Podiumsdiskussion im DGB-Haus teil genommen hatte. In der vergangenen Legislaturperiode seien Gespräche von Politik und Verwaltung mit Mitgliedern der Schura zu verschiedenen Themen geführt worden, jetzt müsste der Prozess auf eine neue Stufe gestellt werden. "Wir müssen Vereinbarungen bis hin zu einem Staatsvertrag treffen, Gespräche reichen nicht mehr", sagte gestern Mohammadzadeh. Es gehe dabei nicht nur um eine symbolische Anerkennung, sondern auch um die Möglichkeit muslimischer Vereine, Gelder für ihre Jugend- und Integrationsarbeit beantragen zu können.
Mohammadzadeh hatte sich außerdem in ihrer eigenen Partei erfolgreich dafür eingesetzt, dass diese eine Abschaffung des Kopftuchverbots für Lehrer und Lehrerinnen in ihr Wahlprogramm aufnimmt. Doch während sie die eigenen Leute knacken konnte, scheiterte Mohammadzadeh an der Nähe der Bremer SPD zur evangelischen Kirche - dabei vor allem in Person des Bürgermeisters Jens Böhrnsen. "Wir sehen keine Notwendigkeit, das Schulgesetz zu ändern", sagte gestern entsprechend SPD-Landeschef Bovenschulte. Im Einzelfall könnten schließlich auch so Lösungen gefunden werden.
Mohammadzadeh sieht dies anders. Für sie hat das Verbot eine Signalwirkung auf andere Arbeitsbereiche. "Ich habe so viele Frauen kennengelernt, die gut ausgebildet sind, aber wegen des Tuchs keine Arbeit finden." Wer mehr Lehrer und Lehrerinnen mit Migrationshintergrund wolle - wie es die Bürgerschaft beschlossen hat - müsse das Kopftuchverbot abschaffen.
Ganz ähnlich verhält sich die SPD in der Frage des Religionsunterrichts: Anders als die Grünen hält die Partei am Biblischen Geschichtsunterricht fest.
Entgegen kam die SPD den Grünen gestern dafür in anderen Fragen der Integrationspolitik: So soll die Situation von langjährig geduldeten Flüchtlingen verbessert werden sowie ein "neuer Anlauf unternommen" werden, wie SPD-Chef Bovenschulte es nannte, ein kommunales Wahlrecht für Nicht-EU-Bürger einzuführen.
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