ARD-Chefin Monika Piel: "Unser Vorteil sind die jungen Radios"
Die ARD-Chefin vor dem Medienforum in NRW über einen Jugendkanal, klagende Verleger und zurückgehaltene Smartphone-Apps.
Am Montag beginnt in Köln das Medienforum NRW. Und damit auch das beliebte Abstecken des Frontverlaufs zwischen öffentlich-rechtlichen Sendern, Privatfunkern, Verlegern und den "Googles dieser Welt". Ein Gespräch mit WDR-Intendantin Monika Piel.
taz: Frau Piel, gibt es neuen Streit zwischen Ihrem Haus und dem SWR über einen potenziellen ARD-Jugendkanal?
Monika Piel: Da ist nichts dran - es ist ja auch keine Sache, die zwischen WDR und SWR entschieden wird. Wir haben einen ARD-Intendantenbeschluss zur Programmverjüngung, der unsere Strategie festlegt. Und dazu gehört im Moment kein Jugendkanal. Der wäre nicht nur aus finanziellen Gründen zurzeit gar nicht durchsetzbar. Wir wollen zuerst diesen Dreiklang ausprobieren: Verjüngung innerhalb der bestehenden Formate in der ganzen ARD; Tests von jüngeren Formaten in den Dritten Programmen, die dann wiederum in die ARD einfließen können; und schließlich EinsFestival. Und wir haben in der ARD den großen Vorteil, dass wir junge Radios haben - die spielen bei dieser ganzen Strategie eine große Rolle. Unser Ziel ist hier eine Verknüpfung von Radio, Internet und Fernsehen.
60, arbeitet seit 1977 beim WDR als Radiojournalistin, Hörfunk-Chefredakteurin, Radio-Programmdirektorin und Intendantin. Seit 2011 ist sie die erste Frau an der Spitze der ARD.
SWR-Intendant Peter Boudgoust hat sich nach seiner Wiederwahl vor zehn Tagen das Thema Jugendkanal auf die Fahne geschrieben. Denken Sie, dass der SWR nun die ARD- Beschlusslage wieder aufdröselt?
Dann müsste Herr Boudgoust das noch einmal in die Intendantenrunde einbringen. Allerdings liegt die Intendantensitzung, auf der wir unsere Strategie noch einmal bekräftigt haben, gerade erst acht Wochen zurück. In der Zwischenzeit haben sich da sicherlich noch keine neuen Erkenntnisse ergeben.
Nur die Medienpolitik droht in Gestalt des nicht ganz unwichtigen SPD-Politikers Martin Stadelmaier, sie würde hier eingreifen, wenn die ARD nicht von allein in die Hufe kommt.
Im Rahmen unseres öffentlich-rechtlichen Auftrags kann natürlich jeder Medienpolitiker wie Herr Stadelmaier ein entsprechendes Engagement fordern. Es gibt auch andere Forderungen, wie die nach einem ARD-Sportkanal. Nur hat die FDP in NRW wiederum gerade im Landtag einen Beschluss gefordert, dass es ausdrücklich keinen Jugendkanal gibt. Das wird also politisch auch alles sehr unterschiedlich bewertet.
Im NRW-Landtag steht auch die Ratifizierung des neuen Gebührenmodells noch aus. Droht dies jetzt auch - wie der Jugendmedienschutzstaatsvertrag - an Düsseldorf zu scheitern?
Vier Länder haben ja bereits zugestimmt, und ich bin sehr zuversichtlich, dass der Landtag in NRW dies auch tun wird. Wir hatten dazu eine Landtagsanhörung und sind bereit, zu allem Auskunft zu geben. Übrigens ist auch der Gebührenvertrag noch von der CDU-FDP-Landesregierung unter Herrn Rüttgers entworfen worden. Ich mag und kann mir auch nicht vorstellen, dass man das jetzt vielleicht aus parteitaktischen Gründen noch scheitern lässt.
Probleme gibt es auch mit den Zeitungskonzernen: Der Verlegerverband in NRW droht wegen der Onlineaktivitäten der ARD mit einem erneuten Gang nach Brüssel. Geht der Stellvertreterkrieg nun von vorne los?
Nein, ich erwarte da keine Neuauflage. Wir wissen auch noch gar nicht, wer wo klagen will. Ich hoffe immer noch auf die Vernunft, bin zu Gesprächen bereit und führe auch sehr viele solche Gespräche. Eine Neuauflage dieser Auseinandersetzung wäre zudem völlig überflüssig.
Immerhin halten Sie in der ARD aber doch einige kostenlose Apps zurück, damit es nicht noch mehr Ärger gibt.
Wir sind uns in der ARD einig, erst gemeinsame Kriterien zu entwickeln, damit da nicht unkoordiniert alle möglichen Apps unter dem ARD-Das-Erste-Label auf den Markt kommen. Weniger kann manchmal ja auch mehr sein. Ich sehe aber auch nicht, dass wir damit die Geschäfte der Verleger kaputt machen. Das geplante Angebot zu "W wie Wissen" wird ja wohl kaum den Markt umkrempeln.
In der WAZ war zu lesen, die WDR-Intendantin Monika Piel und die WDR-Rundfunkratsvorsitzende Ruth Hieronymi seien über Kreuz. Von "zwei D-Zügen, die aufeinander zurasen" war die Rede …
Die Eloquenz der WAZ kann ich nicht kommentieren. Wir sitzen grundsätzlich in einem Zug mit einem gemeinsamen Ziel - allerdings mit zwei sehr klar voneinander getrennten Aufgaben: Ich bin die Intendantin, Frau Hieronymi ist die Vorsitzende unseres Kontrollorgans.
Wie steht es um das mögliche ARD-Engagement von Thomas Gottschalk? Rechnen Sie mit Widerstand im Intendantenkreis, wo es beim beim ersten Versuch, Günther Jauch zu verpflichten, ja den offenbar nicht ganz wirkungslosen Reim "Ohne Jauch geht's auch" gab?
Da wird es bei "Gottschalk" aber deutlich schwieriger, so einen Slogan zu dichten. Im Ernst: Wir sind in Gesprächen und erwarten eine Entscheidung noch vor der Sommerpause.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Unwetterkatastrophe in Spanien
Vorbote auf Schlimmeres
BSW in Thüringen auf Koalitionskurs
Wagenknecht lässt ihre Getreuen auf Wolf los
Orbán und Schröder in Wien
Gäste zum Gruseln
Steinmeiers Griechenland-Reise
Deutscher Starrsinn
Jaywalking in New York nun legal
Grün heißt gehen, rot auch
Schließung der iranischen Konsulate
Die Bundesregierung fängt endlich an zu verstehen