Besetzung Polizeipräsident: Verwaltungsgericht stoppt Körting
Konkurrent mit seiner Klage im zweiten Anlauf erfolgreich: Der Kandidat von SPD und Innensenator, Udo Hansen, darf laut Gericht vorerst nicht Polizeipräsident werden.
Der von der SPD im Senat durchgesetzte Bewerber Udo Hansen darf vorerst nicht Polizeipräsident werden. Das Verwaltungsgericht entsprach mit dieser Entscheidung am Dienstag einem Antrag von Hansen-Konkurrent Klaus Keese, Polizeichef im Berliner Norden. Keese war zuvor mit einem ersten Versuch gescheitert, zuletzt am Montag am Oberverwaltungsgericht. Die Innenverwaltung des Senats ließ offen, ob sie gegen die Entscheidung Beschwerde einlegt.
Die Entscheidung für Hansen, bis 2008 auf einem Chefposten bei der Bundespolizei, war im Senat vor zwei Wochen gegen die Stimmen der Linkspartei gefallen. Ernannt und im Amt sollte er aber erst sein, wenn Gerichtsverfahren dazu ausgestanden sind. Bis dahin soll Vizepräsidentin Margarete Koppers die Behörde führen. Das tut sie bereits, seit der seit 2002 amtierende Dieter Glietsch im Mai in Ruhestand ging. Hansen ist wegen einer früheren Tätigkeit für den Luft-, Raumfahrt- und Rüstungskonzern EADS in Saudi-Arabien und wegen harten Vorgehens als Verantwortlicher bei der Flüchtlingsabschiebung am Flughafen Frankfurt/Main sehr umstritten.
Der Beschluss erging im sogenannten Eilsacheverfahren, bei dem es um vorläufigen Rechtsschutz geht. Damit soll verhindert werden, dass sich ein Kläger im langwierigeren Hauptverfahren zwar durchsetzt, die Entscheidung aber inzwischen gefallen und nicht mehr rückgängig zu machen ist. Während sich Keese in seinem ersten Anlauf beschwert hatte, nicht ausreichend benachrichtigt worden zu sein, hatte er nun gedrängt, die Stelle nicht zu besetzen, weil das Verfahren fehlerhaft sei.
Konkret bemängelte die 5. Kammer des Gerichts, die Innenverwaltung habe "die Verfahrensvorgaben des Gesetzgebers nicht eingehalten". Es wäre ein besonderes Bewerbungsverfahren erforderlich gewesen. Dazu würden etwa gruppenbezogene Auswahlverfahren und ein auswärtiger Experte gehören. Den Rechtsfehler ordnet das Gericht als "erheblich" ein.
Die Verwaltung von Innensenator Ehrhart Körting (SPD) hielt sich mit einer Reaktion zurück. "Wir haben die Entscheidung zur Kenntnis genommen und werden die Gründe überprüfen lassen", sagte Körtings Sprecherin Nicola Rothermel-Paris. Zwei Wochen bleiben dem Senat, Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht einzulegen.
Die Opposition und die Linkspartei sehen sich bestätigt. "Daran sieht man abermals, dass der rot-rote Senat sein Handwerk für Berlin nicht versteht", sagte Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann. Sein CDU-Kollege Frank Henkel bezeichnete Körting als beschädigt. "Der Versuch des Innensenators, mit allen Mitteln eine Personalie durchzudrücken, ist vorerst gescheitert", sagte er und forderte, das Auswahlverfahren neu zu starten. Diese Linie vertritt auch Linke-Fraktionschef Udo Wolf. Er favorisiert dabei die jetzige Vize Koppers. Der SPD hält Wolf vor, sie habe sehr aufs Tempo gedrückt.
Bei der SPD-Fraktion gab man sich gelassen. Tenor: Dann hole man die vom Gericht angemahnten Verfahrensschritte eben nach. Ihr parlamentarischer Geschäftsführer Christian Gaebler warf den Kritikern vor, das Besetzungsverfahren politisch auszuschlachten. "Es kann ja sein, dass Ratzmann oder Henkel als Innensenatoren gerne darüber entscheiden würden", sagte er, "aber auch die müssen akzeptieren, dass das keine politische Entscheidung ist."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Autobranche in der Krise
Kaum einer will die E-Autos
Bürgergeld-Empfänger:innen erzählen
„Die Selbstzweifel sind gewachsen“
Ungelöstes Problem der Erneuerbaren
Ein November voller Dunkelflauten
Abschiebung von Pflegekräften
Grenzenlose Dummheit
Human Rights Watch zum Krieg in Gaza
Die zweite Zwangsvertreibung
Nominierungen für Trumps Kabinett
Schockwellen selbst bei Republikanern