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Nach AusschreibungLinke wundern sich über Linken

Auch die Linke im Bezirk will das Gelände zum Kulturstandort machen. Und hadert deshalb mit ihrem Spitzenkandidaten Harald Wolf.

Wirtschaftssenator Harald Wolf gerät auch in der eigenen Partei in die Kritik. Bild: dapd, Axel Schmidt

Die überraschende Ausschreibung von Grundstücken am ehemaligen Kreuzberger Blumengroßmarkt stößt auch bei der Linken auf Kritik. "Diese Ausschreibung widerspricht dem, was wir im Bezirk verabredet haben", sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken in der Bezirksverordnetenversammung (BVV), Regine Sommer-Wetter.

Der Liegenschaftsfonds hatte vorige Woche fünf Grundstücke an der südlichen Friedrichstraße ausgeschrieben, obwohl der Bezirk das Areal als Kulturstandort entwickeln will. Verantwortlich für die Ausschreibung ist die Berliner Großmarkt GmbH, die der Senatsverwaltung von Wirtschaftssenator Harald Wolf (ebenfalls Die Linke) untersteht.

Bei dem Streit zwischen Bezirk und Senat geht es um die Frage, nach welchen Kriterien die Grundstücke vergeben werden. Dabei hatte sich der Bezirk mit der Wirtschaftsverwaltung im Sommer 2010 auf ein so genanntes dialogisches Verfahren geeinigt. Darüber hinaus sollte ein Verfahren vermieden werden, demzufolge der Meistbietende den Zuschlag erhält. Vielmehr solle das Konzept für das Quartier das entscheidende Kriterium sein. Der Bezirk selbst wollte seine Vorstellungen bis September konkretisieren.

Bei der nun vorgezogenen Ausschreibung des Liegenschaftsfonds wird ein Höchstpreisverfahren dagegen nicht ausgeschlossen. Einziges Zugeständnis an den Bezirk ist der Hinweis, dass der Kaufpreis nicht entscheidend sein muss.

Das Thema Blumengroßmarkt könnte für die Linke im Wahlkampf unangenehm werden. In ihrem Programm "Das soziale Berlin" heißt es: "Die Linke will die Liegenschaftspolitik des Landes neu ausrichten und eine Grundstücksentwicklung mit sozialem Augenmaß durchsetzen." Spitzenkandidat ist Wirtschaftssenator Harald Wolf.

Sören Benn, persönlicher Referent von Harald Wolf, bemühte sich am Dienstag um eine Versachlichung. "Das ist eine Grundstücksvergabe auf der Basis eines Konzeptverfahrens." Dabei spiele das Konzept des Investors ebenso eine Rolle wie der Kaufpreis. Ähnlich argumentierte Linken-Landeschef Klaus Lederer. "Das ist kein Verfahren, bei dem das Grundstück verscherbelt wird." Allerdings räumte er gegenüber der taz ein, dass es zwischen Wahlprogramm und Regierungshandeln eine Kluft gebe. "Das ist extrem unbefriedigend", so Lederer. Er regte an, künftig Grundstücke zu benennen, die der Verwertung durch den Liegenschaftsfonds entzogen werden sollen.

Die Linke in Friedrichshain-Kreuzberg will das Thema auf ihrer nächsten Fraktionssitzung am 8. August zur Sprache bringen. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich an unserer Position etwas ändern wird", so Sommer-Wetter.

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2 Kommentare

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  • K
    Karla

    Kennen Sie den gemeinsamen Offenen Brief von 10 stadtpolitischen initiativen an die Berliner LINKE vom 19.06.2011 ?

    U.a. haben ihn attac Berlin und der Berliner Wassertisch unterzeichnet.

     

    Darin heißt es u.a.:

    "Wenn in den letzten Jahren in Berlin Privatisierungen kritisiert wurden, dann keinesfalls von der Partei DIE LINKE.

    Vielmehr beteiligte sie sich aktiv an dem von den Vorgängerregierungen begonnenen Ausverkauf öffentlicher Güter:

    Ob die Privatisierung der GSW oder der investorenfreundliche Sparkassenverkauf, ob kleinteilige Immobiliengeschäfte über den Liegenschaftsfonds oder die großflächige Betonierung der Spreeufer – die Berliner Linkspartei war sich in den letzten Jahren für wirklich nichts zu schade."

     

    Damit hat sich die LINKE auf Berliner Landesebene ein massives Glaubwürdigkeitsproblem geschaffen. Seit langem verkauft der Rot-Rot angestrichene - faktisch aber meist neoliberal agierende - Berliner Senat die landeseigenen Grundstücke über den Liegenschaftsfond an den meistbietenden Investor. Eine soziale und ökologische Stadtentwicklungspolitik kommt auf diese Art natürlich nicht zustande. Im Gegenteil. Der Bezirksfraktion der LINKEn fällt dies jetzt -spät aber doch- punktuell vor den anstehenden Wahlen auf. In Sachen des erfolgreichen Bürgerentscheid "Spreeufer versenken" hat sich die LINKE leider kaum im Sinne der Bürgerinnen und Bürger und des Bürgerentscheids engagiert. Eigentlich sind deshalb sowohl die LINKe als auch die Grünen in Friedrichshain-Kreuzberg unwählbar. Den Rest der Parteien kann man auch vergessen.

    Für eine Politik im Interesse der kleinen Leute gilt: Wir brauchen größere Bürgerbewegungen, um mehr rechtsverbindliche direkte Demokratie durchzusetzen. Von den Parteien ist in dieser Hinsicht erfahrungsgemäß nichts zu erwarten.

     

    Fakt ist auch:

    Eine linke Partei, die es in zehn Jahren Regierungsbeteiligung nicht hingekriegt hat durch die Anerkennung des Wohnraummangels in der Innenstadt, durch aktiven sozialen Wohnungsbau, durch Mietpreisbindung etc.für bezahlbare Mieten in der armen Stadt Berlin zu sorgen, ist für die kleinen Leute unglaubwürdig.

  • E
    EnzoAduro

    Kulturstandort? Klingt nach laufenden Subventionen die man da reinpumpen muss.

    Berlin zahlt schon jetzt 160 Euro pro Opernkarte drauf, alles in allem machen Opern 1/24 der Neuverschuldung aus.

     

    Warum vertreibt man das Gebiet nicht als Wonraum, das ist es doch was mangelt. Wenn man Kriterien wie hohe Anzahl an Wohnungen, nur ein paar über 100 qm; dann kann man der Wohnungsnot einhalt gebieten.