Kommentar Netzneutralität: Friedrichs Kurzschluss
Der Bundesinnenminister will striktere Regeln im Internet. Sein Vorstoß zeigt aber, dass der CSU-Politiker nicht verstanden hat, worum es im Netz eigentlich geht.
N atürlich hat sich durch das Internet einiges geändert: Meinungen, die zuvor vielleicht nur am Stammtisch, an Hauswänden oder als S-Bahn-Graffiti kundgetan wurden, werden jetzt im Netz verbreitet. Und dort trägt es zweifellos zur Diskussionskultur bei, wenn man für seine Aussagen mit seinem eigenen Namen geradestehen muss, statt sich hinter einem Pseudonym zu verbergen.
Dennoch geht Innenminister Friedrichs Forderung, der Anonymität im Netz Grenzen zu setzen, an der Realität vorbei und zeigt, dass er das Internet nicht versteht. Nicht nur, weil sie kaum umsetzbar ist - schließlich macht das Internet ja nicht an Deutschlands Grenzen Halt. Schwerer wiegen andere Gründe. So schrieb der Blogger Fjordman, den der Attentäter von Oslo seitenweise zitierte, zwar in der Tat anonym. Für die meisten anderen, auf die er sich berief, gilt das aber nicht. Schon deshalb kann Anonymität allein nicht das Problem sein.
Zudem wirft der Vorstoß des CSU-Politikers viele Fragen auf: Sollen Arbeitgeber künftig wirklich jede noch so private Meinungsäußerung ihrer Mitarbeiter überprüfen können? Sollen Nutzer in Selbsthilfeforen nicht mehr offen über Probleme sprechen können, weil sie fürchten müssen, ihr Nachbar liest mit? Und, nicht zuletzt: Soll die Klarnamen-Pflicht auch für Syrer gelten, die im Netz schreiben, wie das Regime in ihrem Land ihren Protest unterdrückt?
ist Redakteur im Inland der taz.
Das Internet hat viele neue Freiheiten, aber auch einige Gefahren mit sich gebracht. Umgekehrt gilt: Jeder Versuch, diese Freiheiten zu begrenzen, birgt die Möglichkeit, dass das Netz stärker überwacht wird. Die reflexartigen Versuche, nach den Anschlägen von Oslo die Vorratsdatenspeicherung wieder auf die Tagesordnung zu setzen, zeigen, dass gerade in der CSU ein starker Drang zu übertriebener Kontrolle besteht.
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