Die Probleme beim 1. FC Köln: "Jetzt hilft nur Beten"
Beim 1. FC Köln gibt es weit mehr zu beklagen als nur eine erste Niederlage. Schon wird nach dem von Volker Finke weggemobbten Ex-Trainer Frank Schäfer gerufen.
KÖLN taz | Die Woche in Köln war unruhig, wieder einmal gab es nur schlechte Nachrichten vom 1. FC Köln. Zuerst nahm am Dienstag Innenverteidiger Youssef Mohamad das Training wieder auf. Und verletzte sich umgehend wieder am Knie. Am nächsten Tag verkündete FC-Trainer Ståle Solbakken, am Samstag auf Schalke werde wieder Kevin Pezzoni den Libanesen vertreten.
Kevin Pezzoni! Der 22-Jährige hatte beim 0:3 am ersten Bundesliga-Spieltag gegen den VfL Wolfsburg fürchterlich schlecht gespielt. Die Kölner Zeitungen gaben ihm unisono eine Sechs. Die meisten anderen FC-Versager kamen immerhin mit der Note Fünf davon. Wie sich wieder einen Tag später herausstellte, kann Pezzoni nun doch nicht spielen, da er an einer Virus-Infektion leidet. Der lange verletzte Kevin McKenna muss stattdessen ran. Trainer Solbakken richtete sich in seiner Not schon an den Allmächtigen: "Jetzt hilft nur Beten, dass sich nicht noch ein Spieler verletzt."
Verstärkung für die Verteidigung kann sich der Klub nicht leisten, da er, wie der Norweger Solbakken in seinem putzig-holprigen Deutsch anmerkte, nicht über "großes Geld" verfüge. Ob der 43 Jahre alte Trainer, den Kölns Sportdirektor Volker Finke im Sommer für 750.000 Euro vom FC Kopenhagen abgeworben hat, wohl wusste, worauf er sich da beim FC eingelassen hat? Ein Bundesliga-Spieltag und das Prä-Saison-Theater um den als Kapitän entmachteten Lukas Podolski reichten, um den Verein wieder einmal fundamental zu erschüttern. Es geht dabei um mehr als ein verlorenes Spiel.
"Fragen Sie besser den Trainer"
Finke hatte Solbakken geholt, damit dieser den FC mit einem modernen Spielsystem voranbringt. Am vergangenen Samstag standen jedoch elf Männer auf dem Platz, die nicht wussten, was sie tun sollten. Sie hatten nur verstanden, dass es irgendwie um Räume ging. Sascha Riether, Neuzugang aus Wolfsburg, drückte es so aus: "Es wird nicht so viel auf den Mann geschoben, sondern mehr zugestellt. Das ist seine Vorstellung. Aber ich glaube, wie das funktioniert, fragen sie besser den Trainer."
Der Feldversuch gegen Wolfsburg war ein Desaster. Die Kölner Spieler bewegten sich vor allem im Mittelfeld kaum, da sie sich so sehr darauf konzentrieren mussten, ihre Räume zu bewachen. Die Wolfsburger konnten sich ihrerseits mühelos durch die Lücken zwischen den Parzellen schlängeln. Wenn sie ihre Chancen nicht so generös vergeben hätte, wäre ein 8:0 möglich gewesen. Die FC-Mannschaft wirkte genauso leblos wie in der Vorsaison zu ihren schlimmsten Zeiten unter der Regie des Schweigers Zvonimir Soldo, der nie einen Draht zu den Spielern fand. Schon nach 20 Minuten pfiff das eigene Publikum, das bis zum Anpfiff noch bester Dinge gewesen war, sein Team aus.
Viele Kölner wünschen sich bereits jetzt ihren Trainer Frank Schaefer zurück. Der frühere Kölner Amateurcoach, der sich inzwischen Jugendkoordinator des Klubs nennen darf, hatte den Verein im Herbst 2010 übernommen. Als er die Profis trainierte, entwickelten sich einige Dinge gut. Die Mannschaft hatte zum ersten Mal seit langer Zeit eine gute Ausstrahlung und trat geschlossen auf. Vor allem im Kölner Stadion spielte der FC schwungvoll, es gelang sogar ein 3:2 gegen Bayern München. Nachwuchsspieler wie Christian Clemens und Adam Matuschyk blühten auf – ebenso wie Lukas Podolski, den Schaefer zum Kapitän gemacht hatte.
Drei Spieltage vor Saisonende trat Schaefer jedoch zurück. Angeblich, weil er sich dem harten Bundesliga-Geschäft nicht gewachsen fühlte. Finke hatte sich allerdings nicht bemüht, ihn umzustimmen: im Gegenteil. Er mischte sich immer wieder in Finkes Training ein. Außerdem durften sich unzufriedene Diven wie der Portugiese Petit, die bei Schaefer keine Spezialbehandlung bekamen, bei ihm ausheulen. Finke hat inzwischen ein neues Trainerteam eingesetzt. Schaefers Kapitän Podolski ist nach der Amtsenthebung schwer frustriert. Profis wie Matuschyk oder Clemens spielen in Solbakkens Team keine Rolle. Sie passen nicht mehr ins System. Gute Nachrichten sind auch das nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prognose zu KI und Stromverbrauch
Der Energiefresser
Orbán und Schröder in Wien
Gäste zum Gruseln
Jeff Bezos und die Pressefreiheit
Für eine Zwangsabgabe an Qualitätszeitungen!
Nahost-Konflikt vor US-Wahl
„Netanjahu wartet ab“
Serpil Temiz-Unvar
„Seine Angriffe werden weitergehen“
Krieg in Nordgaza
Die Hungersnot wächst