piwik no script img

Abhörskandal "News of the World"Von wegen ahnungslos

Ein Brief offenbart, dass die Murdochs über das Anzapfen von Telefonen auch eingeweiht waren. Vater wie Sohn hatten das bislang bestritten.

Die neuesten Enthüllungen werden die Beliebtheit von Rupert Murdoch nicht gerade steigern. Bild: dapd

Alle wussten Bescheid: Medienzar Rupert Murdoch, Sohn James, Exchefredakteur Andy Coulson und die meisten Kollegen waren über das Anzapfen von Telefonen bei der inzwischen eingestellten britischen News of the World informiert. Das geht aus einem am Dienstag veröffentlichten, vier Jahre alten Brief des Hofberichterstatters des Boulevardblatts, Clive Goodman, hervor. Goodman ist damals zum Sündenbock gemacht worden, weil er mit Hilfe eines Privatdetektivs die Telefone von Mitgliedern des Königshauses abgehört hat. Beide wurden zu einer mehrmonatigen Haftstrafe verurteilt. Nach seiner Freilassung forderte er in dem Brief die versprochene Belohnung: Coulson, der später bis zu seiner Abhöraffäre im Januar Kommunikationschef von Premierminister David Cameron war, habe Goodman versprochen, dass er seinen Job behalten dürfe, falls er die News of the World aus der Sache heraushalte.

Goodman schrieb, dass das Anzapfen von Telefonen in der Zeitung breit diskutiert wurde, bis Coulson diese eindeutigen Referenzen unterbunden habe. Andere hochrangige Angestellte des Blattes seien über seine Abhöraktivitäten informiert gewesen. Auch zahlreiche Kollegen hätten Telefone angezapft.

Für Cameron wird die Sache immer peinlicher. Er hatte Coulson unter der Prämisse angeheuert, dass der nichts von der Sache wusste. Auch für die Murdochs könnte es unangenehm werden. Sie müssen wahrscheinlich erneut vor dem parlamentarischen Ausschuss aussagen, zumal ihre eigene Anwaltskanzlei geschrieben hat, dass Teile ihrer Aussagen bei dem ersten Auftritt vor dem Ausschuss "schwer zu beweisen" oder "inakkurat und irreführend" gewesen seien.

Der Labour-Abgeordnete Tom Watson bezeichnete Goodmans Brief als "verheerend": "Er vernichtet die Verteidigung des Murdoch-Unternehmens News International. Das ist eine der größten Vertuschungsaktionen, die mir in meinem Leben begegnet sind."

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!