Mord an Journalistin Politkowskaja: Jetzt fehlt nur noch der Auftraggeber
Der mutmaßliche Organisator des Mordes an der russischen Journalistin Anna Politkowskaja ist festgeommen worden. Es ist ein ehemaliger Polizeibeamter.
MOSKAU taz | Fast fünf Jahre nach dem Mord an der Journalistin Anna Politkowskaja gaben Moskaus Fahnder einen ersten Ermittlungserfolg bekannt, der zu Hintermännern und Auftraggebern des Verbrechens führen könnte. Anfang der Woche nahmen die Ermittler in Moskau den ehemaligen Mitarbeiter der Kriminalpolizei Dmitri Pawljutschenkow fest. Er wird verdächtigt, den Mord vorbereitet und organisiert zu haben.
Nach Angaben des russischen Chefermittlers, Wladimir Markin, habe Pawljutschenkow für die "Organisation des Mordes Geld von einem noch unbekannten Auftraggeber erhalten und sein Einverständnis erklärt". Inzwischen liegen auch Beweise vor, dass der Expolizist Kollegen mit der Überwachung der Journalistin beauftragte und dem mutmaßlichen Killer, Rustam Machmudow, die Tatpistole übergab.
Auch den Kreis der Täter soll er ausgewählt und jedem seine Aufgabe zugewiesen haben. Die Ermittlungsbehörde räumte überdies ein, dass sie, anders als zunächst verlautbart, auch über Hinweise auf den vermutlichen Auftraggeber verfüge. Im Interesse der Ermittlungen würden Einzelheiten indes noch nicht bekannt gegeben.
Anna Politkowskaja wurde am 7. Oktober 2006 in ihrem Hauseingang durch fünf Pistolenschüsse kaltblütig niedergestreckt. Die Journalistin hatte sich besonders durch Reportagen aus dem Tschetschenienkrieg und Berichte über Menschenrechtsverletzungen im Kaukasus einen Namen, aber auch viele Feinde gemacht. Vermutungen wurden laut, dass der tschetschenische Republikchef Ramsan Kadyrow oder russische Militärs hinter dem Anschlag stecken könnten.
Anna Politkowskaja arbeitete bei der oppositionellen Nowaja Gaseta. Die Zeitung und die beiden Kinder der Ermordeten stellten parallel zu den staatlichen Ermittlungen eigene Nachforschungen an.
Hauptbelastungszeuge im ersten Prozess
Bereits im ersten Prozess gegen mehrere Handlanger äußerten sie die Vermutung, dass Dmitri Pawljutschenkow bei dem Verbrechen eine Schlüsselrolle zufalle. Allerdings reichten damals die Beweise für eine Anklage noch nicht aus. "Er war Hauptbelastungszeuge im ersten Prozess. Wir vermuteten schon lange, dass er an dem Verbrechen beteiligt war", sagte die Anwältin der Familie, Anna Stawizkaja, nach der Festnahme des Verdächtigten. Sie geht davon aus, dass noch mehr Mittäter an der Vorbereitung des Mordes beteiligt gewesen sein könnten.
Im ersten Verfahren gegen Dschabrail und Ibragim Machmudow, Brüder des mutmaßlichen Mörders Rustam, trat Pawljutschenkow als einer der Hauptbelastungszeugen auf. Da er als Kripobeamter bei einer under cover arbeitenden Einheit tätig war, musste er vor Gericht nicht öffentlich als Zeuge aussagen. Ein Schöffengericht sprach die Angeklagten mangels Beweisen 2009 frei. Russlands Oberstes Gericht hob das Urteil indes auf und ordnete eine Wiederaufnahme der Ermittlungen an.
Mit auf der Anklagebank saß auch der frühere Kripobeamte Sergej Chadschikurbanow, ein Mitarbeiter und Freund des Inhaftierten. 2008 beschuldigte Pawljutschenkow den einstigen Mitstreiter, von ihm 350.000 Dollar erpresst zu haben. Chadschikurbanow wurde daraufhin zu acht Jahren Lagerhaft verurteilt. Nicht ausgeschlossen ist, dass dieses Verfahren die Ermittler endgültig auf die Fährte Pawljutschenkows führte.
Die Nowaja Gaseta vermutet, dass es sich bei dem Erpressungsgeld um die Summe handelte, die der Organisator für den Mord vom Auftraggeber erhielt. Jetzt bleibt nur noch abzuwarten, dass die Ermittler auch den Auftraggeber dingfest machen. Das wäre dann einer der wenigen aufgeklärten Morde an Journalisten und Oppositionellen in Russland.
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