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Kommentar Euro-RettungGute Nachrichten für Europäer

Malte Kreutzfeldt
Kommentar von Malte Kreutzfeldt

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts und die Debatte im Bundestag sind der Krise angemessen. Und doch: Für einen stabilen Euro braucht es mehr.

D ieser Mittwoch war ein guter Tag für Europa, und zwar gleich in mehrfacher Hinsicht. Zum einen hat das Bundesverfassungsgericht klargestellt, dass die bisherigen Gesetze zur Euro-Rettung mit dem Grundgesetz in Einklang stehen. Damit verlieren die populistischen Euro-Skeptiker ein wichtiges Argument, und den Europäern bleiben die katastrophalen Folgen eines deutschen Ausstiegs aus dem Rettungsfonds erspart.

Zum zweiten haben die Verfassungsrichter die demokratischen Rechte des Bundestags gestärkt. Die Regierungschefs können zukünftige Euro-Rettungsaktionen nicht allein beschließen: Die Abgeordenten müssen zustimmen.

Und die VolksvertreterInnen, das ist die dritte gute Nachricht, sind offenbar gewillt, diese wichtige Aufgabe verantwortungsvoll wahrzunehmen. Die Haushaltsdebatte, die am Mittwoch im Bundestag unter dem Eindruck des Urteils stattfand, zeigte, dass sich die politische Diskussion in Deutschland allmählich dem Niveau annährt, das der Herausforderung der Euro-Krise angemessen ist.

taz
MALTE KREUTZFELDT

leitet das taz-Ressort Umwelt und Wirtschaft.

Bundeskanzlerin Angela Merkel, die den Europa-skeptischen Stammtischparolen aus der eigenen Partei bisher nur zögerlich entgegentrat, hat sich nun mit einer kämpferischen, überzeugenden Rede zu Europa bekannt und den Skeptikern in Union und FDP klar gesagt, was bei einem Scheitern des Euros auf dem Spiel steht. SPD und Grüne haben gezeigt, dass sie bei aller Kritik an der Regierungspolitik zu einer verantwortungsvollen Mitarbeit bereit sind und die Euro-Rettung nicht aus taktischen Gründen aufs Spiel setzen werden.

Über eins darf die Erleichterung über das Urteil aber nicht hinwegtäuschen: Grünes Licht haben die Verfassungsrichter nur für den nächsten Schritt gegeben, mit dem der Zusammenbruch von Staaten und Banken kurzfristig verhindert werden soll. Um die stärkere europäische Integration zu erreichen, die auch im Bundestag von vielen beschworen wurde, sind weitere Schritte notwendig: Mehr Rechte für's Europa-Parlament, eine koordinierte Haushaltspolitik, gemeinsame Staatsanleihen.

Das alles, das hat das jüngste Urteil noch einmal bestätigt, ist mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Doch die genannten Maßnahmen sind für einen stabilen Euro unabdingbar. Daher sollte die Politik bald mit einer Verfassungsänderung die Voraussetzung dafür schaffen, die Einigung Europas fortzusetzen.

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Malte Kreutzfeldt
ehemaliger Redakteur
Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.
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12 Kommentare

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  • O
    Old

    So manche Userkommentare irritieren mich hier schon sehr. Propagande, imperialistischer Größenwahn, gedankenloser EU-Freak.

     

    Niemand will den Banken Geld geben, daß wir es tun müssen ist Schuld unserer Politker, nicht des Euros oder der EU.

     

    Das es dem normalen Bürger nicht besser geht als vor 10 Jahren liegt nicht am Euro, sondern das unsere Politik das Geld wenigen Reichen gibt.

     

    Deutschland profitiert sehr vom Euroraum und seinen vielen Partner, daß der normale Bürger es nicht merkt ist wiederrum die Schuld unserer eigenen Politik, die die Arm-Reich Schere absichtlich vergrößert.

  • T
    Tschakka

    "Daher sollte die Politik bald mit einer Verfassungsänderung die Voraussetzung dafür schaffen,..." Da passt einem das Grundgesetz nicht. Der Autor (und die taz?)will sichs hindrehen, wies passt. Es ist ungeheuerlich, mit welcher unverschämten Leichtigkeit Politik und Medien bereit sind, am Grundgesetz zu drehen und zu basteln.

    Für diese Verfassungsänderung ist eine Volksabstimmung erforderlich. Da das dem werten Autor sicherlich auch nicht passt, weil er mit seinem Ansinnen vermutl. nicht durch käme, wäre er da vermutlich auch zu allen Tricks bereit, diese Volksabstimmung zu umgehen. Welch Pseudo-Demokraten bekommen hier bei der taz ein Forum!

  • T
    Tom

    Ja, genau - es lebe die New World Order (NWO)!

    Dieser Artikel bestätigt mir einmal mehr, warum ich die taz und ihre Propaganda in vielen Teilen ablehne!

  • B
    Bernd

    Wenn ich in Bahnhofsbuchhandlungen großer Bahnhöfe bin, frage ich mich immer, was das für Menschen sind, die diese dort zu Hunderten ausliegenden Eisenbahn- oder Militärfahrzeuge-Zeitschriften kaufen. Das frage ich mich mittlerweile auch bei der taz, wie verknöchert muss man sein, um für so einen sachlich völlig falschen und zusammenhanglosen Unfug wie diesen "Kommentar" auch noch Geld zu zahlen? Ist Ihnen dieser Artikel nicht selber peinlich?

  • F
    Florentine

    So lässig und herablassend und gleichgültig und verachtend hier bei den taz-Kommentaren auf das GG herabgesehen wird, es als Problem gesehen wird, würdet auch ihr (und wir alle!) nach dessen Abschaffung und Überführung von Ex-Deutschland in internationale Bevormundung und Aufsicht, sprich EU-EURO-Gouverneursrat (=neuestes EU-Konstrukt), euch nochmal wünschen, ihr hättet das GG und damit diese aktuelle existierende Bundesrepublik nicht so missachtet. Ihr (und leider wir alle!) bekommen keinen besseren Staat als den im Lande existierenden. Ob ihrs glaubt oder nicht.

  • B
    Beobachter

    Herr Kreutzfeldt,

     

    muss man eigentlich so einen systemkonformen Unsinn verfassen, um sich bei der "taz" hochzuschreiben?

     

    Sie wissen es ganz genau, oder nicht besser, um was es hier geht:

     

    Die Rettung von Bankenzinsen. Es würde keinen Untergang des Abendlandes bedeuten, wenn sich die Euro-Staaten aus dem Würgegriff der internationalen Hochfinanz befreien, ein paar Pleitebanken, würden nienamdem schaden, zumindest nicht dem "Durchschnittssparer", dessen Einlagen in D über entsprechende Sicherungsfonds abgesichert sind.

     

    Ich halte es für hochgradig bedenklich, wenn sich Chefredakteure so vor den Karren der Finanzmärkte spannen lassen.

     

    Warum sind denn jetzt die Länder pleite??? Weil man 2008 den Banken aus Steuergeldern ihre Defizite finanzierte!!

     

    Kein Euro mehr maroden Banken!

  • GE
    Guter Europäer

    Warum darf sich eigentlich nur derjenige einen guten Europäer nennen, der auf idiotische Weise über den Umweg Griechenland und Italien unsere Banken subventioniert?

     

    Meiner Meinung nach ist derjenige ein guter Europäer, der diesen Nasenring endlich loswird und unsere Banken (und damit auch uns alle!) endlich für ihre Verfehlungen bezahlen lässt, anstatt dieses Bezahlen durch immer neue Schulden und Bürgschaften in die Zukunft zu verschieben versucht.

  • TS
    Thomas Sch.

    Ach Malte. Was ist für Sie eigentlich alles populistisch ? Wissen Sie eigentlich, woher das Wort kommt ? Nämlich von -lateinisch-: das Volk. Ein Populist ist einer, der dem Volke nach dem Munde redet. Und das Volk ist, na raten Sie mal; jawoll: der Souverän. Also der, der im Land zu sagen hat. Das ist jetzt für Sie vielleicht überraschend. Macht aber nix. Falls der Souverän jedoch irgendwann mal beschließen sollte, Ihnen das Geld per Einzugsermächtigung aus der Tasche zu ziehen, können Sie ja das Ganze nochmal neu andenken. Das BVG hat im Grunde genommem eine völlig unverständliche Entscheidung getroffen, nämlich diese: "Was ihr in der Vergangenheit mit Papis Geld gemacht habt, lassen wir euch jetzt nocheinmal durchgehen, aber in Zukunft müßt ihr immer vorher fragen".

  • W
    Wolf

    Das war ein schwarzer Tag für Steuerzahler und insbesondere für die kleinen Leute !

     

    Der Euro hat Banken, Wirtschaft und Politikern

    etwas gebracht, aber nicht den Normalos.

     

    Und wenn das opiumisierende Diktorat des Kapitals

    stetig behauptet, das durch den Euro die Exportwirtschaft profitiert haben soll, so sind das Märchen!

    Deutsche Qualitätsprodukte sind seit mehr als 40 Jahren weltweit gefragt und wurden nicht wegen des einführens der absolut schlecht geplanten "Währungsreform Euro" bevorzugt. Deutsche Qualität war stets höherpreisig als Waren von Anbietern aus anderen Ländern.

    Warum soll das nach einer möglichen Einführung der "DM" anders sein.

     

    Der Wahnsinn mit der Haftung in hunderten Milliardenhöhe für andere EU-Wirtschaftsunions-Länder, die nicht sparsam wirtschaften wollen, geht trotzdem weiter.

     

    Wann kapiert die Politik endlich, das EU-Währungsunion und letztlich der Euro seit Jahren gescheitert sind?

    Die Masse des Volkes will weder Wirtschaftsunion noch Euro und somit wird schon seit Jahren ganz massiv Politik gegen eine große Bevölkerungsschicht

    durch Träumer in Politik, von Banken und von Großindustriellen betrieben.

     

    Alle im Bundestag vertretenen Parteien sind für die Währungsunion und den Euro und deshalb sind solche für mich zukünftig unwählbar geworden.

     

    Es ist ein Skandal, dem Volk und Generationen danach zu diktieren und sie für die "Scheinwelt" von Politikern, Banken und Wirtschaft zahlen zu lassen.

    Der größte Anteil des sog. Rettungsfonds wird nicht dem Volk in sog. notleidenden Staaten zur Disposition gestellt, es sind die Banken die sich aus Steuergeldern bedienen.

    Das unternehmerische Risiko ist längst auf den Steuerzahler übertragen worden, so z.B. bei Auslandsgeschäften Deutscher Großunternehmen.

    Und auch der Steuerzahler für Zockergeschäfte der Banken wird in Anspruch genommen.

    Die a.d. Blatt Papier verbriefte Demokratie ist

    ausgehebelt worden.

     

    Kommen noch 2-3 Wirtschaftsunionsländer in die Pleite, ist die "Geldrettungsschraube" überdreht und auch wir

    kommen in größte finanzielle Schwierigkeiten.

    Das könnte dann in größten sozialen Unruhen ausarten, wenn Sozialleistungen, Renten, Pensionen, etc. nicht mehr fließen können.

     

    Die Konsequenz wird sein, das sich die Masse der Wähler, die dann endlich "wach" geworden ist, politisch anders orientieren wird.

     

    Schon vergessen:

    Der Versailler Vertrag nach dem Ende des 1. Weltkrieges war kein Vertrag, er war für das damalige Dtsch.Reich ein Diktat, welches nicht vom Staat und dem Volk zu erfüllen war. Die Lasten waren einfach zu groß.

    1919 hat sich eine rechte Partei gebildet, die ihre volle Stärke 1933 erreichte und die Steigerung war das Ermächtigungsgesetz der Weimarer Reichsverfassung mit Art. 48.

    Den weiteren desolaten und unmenschlichen Verlauf der Diktatur bis 1945 kennt wohl jeder.

     

    Deshalb größte Vorsicht, Parallelen sind f.d. Zukunft nicht auszuschließen.

    Die weitere Zeit, wenn Steuergelder in derartigen "schwindelnden Summen" für andere und uns selbst nicht mehr fließen können, wird es zeigen !

     

    Für mich ist EU, EU-Währungsunion und Euro ein von der Politik seinerzeit aufdoktriniertes "Muss-Auslaufmodell", weil die gesamten EU-Wirtschaftsunionsländer bereits bis dato mit mehr als 10 Billionen Euro verschuldet sind.

     

    Ein Art "Schneeballsystem" hat noch nie lange funktioniert !

    Besser ein Ende mit Schrecken als bodenlosen Schrecken ohne Ende !

  • W
    WaltaKa

    Der Kommentator sagt: "Mehr Rechte für's Europa-Parlament, eine koordinierte Haushaltspolitik, gemeinsame Staatsanleihen" - das widerspricht zwar dem Gundgesetz. Aber das ist wie beim taz-Kriegsjubel mit dem Völkerrecht, taz sagt 'was solls'. ZeitOnline (7.9.) sagt dazu: "...wer kann sich im Ernst mehr Integration auf Kosten der Demokratie wünschen? Schon jetzt ist das Legitimationsdefizit der EU manifest und das Unbehagen daran in der Bevölkerung enorm".

    Die taz hockt so in ihrem Süppchen drin, dass sie nicht merkt, wie sie darin hängen bleibt.

  • T
    Tiza

    Wo sind die guten Nachrichten? Obwohl ich Europäer bin, sehe ich sie nicht. Oder meinen sie mich als Bewohner dieses Kontinents schon gar nicht mehr mit Europäer? Ist das mittlerweile ausschließlich das Synonym für "gedankenloser EU-Freak"?

  • K
    Karl-August

    Der Berichterstattung und den Kommentaren der taz zufolge, scheint sich in der Linken gerade ein neuer imperialistischer Größenwahn zu entwickeln. Vernunft und Augenmaß ist zurzeit eher am "Stammtisch" zu finden.